24 Punkte müsste Francesco Bagnaia im letzten MotoGP-Rennwochenende 2024 auf Jorge Martin gutmachen, um seinen Weltmeistertitel doch noch zu verteidigen - eine echte Mammutaufgabe. Denn seit Anfang 2023 die Sprints eingeführt wurden und somit 37 statt zuvor 25 Punkte pro Event zu holen sind, gelang es Bagnaia nur einmal, Martin um die zur Titelverteidigung benötigen 24 Zähler zu übertrumpfen. Das war in Portimao 2023, also beim Start in diese neue Ära der MotoGP.
Jorge Martin kann sich wohl nur selbst schlagen
Klar ist: Bagnaia wird auf einen Fehler seines WM-Rivalen hoffen müssen, etwa einen Sturz im sonntäglichen Grand Prix. Für Martin gilt es dementsprechend, solche Patzer zu vermeiden. Seine Situation wirkt auf den ersten Blick einfach. Denn er und Bagnaia fahren derzeit in einer eigenen Liga und so ist es unwahrscheinlich, dass Martin in Sprint und Grand Prix in einem für ihn unangenehmen Getümmel landen wird.
Liegen Bagnaia und Martin erwartungsgemäß auf den ersten beiden Rängen, würde es Martin reichen, einfach die Verfolgerposition einzunehmen und zweite Plätze nach Hause zu fahren. Das hätte Martin aber bereits am vergangenen Wochenende in Sepang machen können, handelte aber nach der Maxime, dass Angriff immer noch die beste Verteidigung ist. Im Sprint ging er schon am Start an Bagnaia vorbei. Im Grand Prix ließ sich Martin auf ein spektakuläres Duell mit seinem WM-Rivalen ein - 16-mal überholten sie einander in den ersten drei Runden.
Jorge Martin geht in Sepang volles Risiko
Der Zweikampf mag von Seiten Martins unnötig riskant gewirkt haben, hatte aber einen guten Grund. Mit 34 Grad Außentemperatur und 54 Grad auf dem Asphalt war der Malaysia-Grand-Prix eine echte Hitzeschlacht. Die dichte Verfolgung eines Rivalen bedeutet bei derartigen Bedingungen schon nach wenigen Kurven ein Überhitzen des Vorderreifens. Dadurch steigt in weiterer Folge der Reifendruck massiv an und der Fahrer gerät in massive Sturzgefahr. Die Schlacht zwischen Bagnaia und Martin in den ersten Runden war also ein Kampf um frische Luft für den Vorderreifen. Erst als Martin erkannte, dass von hinten keine Gefahr in Form von Marc Marquez oder anderen Rivalen drohte, nahm er etwas Tempo raus und ließ den Abstand zu Bagnaia anwachsen, um nicht die volle Hitze von dessen Ducati abzubekommen.
MotoGP erwartet kalten Barcelona-Grand-Prix
Überhitzende Vorderreifen sollten beim Finale in Barcelona kein Thema sein. Aktuell wird mit Außentemperaturen von maximal 14 Grad gerechnet, am Morgen könnten die Temperaturen sogar in den einstelligen Bereich abfallen. Die MotoGP erwartet am Circuit de Catalunya somit wohl das kühlste Rennwochenende der Saison. Kann Martin also einfach in moderater Pace seinem WM-Rivalen hinterherfahren?
Er kann, doch es ist ein gefährliches Spiel. Bei derart niedrigen Temperaturen geht es nicht darum, Überhitzung der Reifen zu vermeiden, sondern sicherzustellen, dass diese bestmöglich gewärmt werden. Das gilt in Barcelona vor allem für die linke Reifenflanke. Die kann speziell vor Turn 2 massiv abkühlen, denn vor diesem Linksknick hält die Strecke gleich sechs Rechtskurven und die mehr als einen Kilometer lange Start-Ziel-Gerade bereit. Auch die Bergab-Passage von Turn 5 ist gefährlich.
Wie hält man am besten Temperatur im Vorderreifen? Indem man ihn ordentlich beansprucht. Die vermeintlich sichere Variante, ein paar Prozent unter dem Limit zu fahren, kann somit also erst recht gefährlich werden. Den idealen Mittelweg zwischen zu viel und zu wenig Risiko zu finden, wird für Jorge Martin also zur größten Herausforderung in der letzten Etappe zu seinem ersten MotoGP-Titelgewinn werden.
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