Jorge Martin und der Indonesien Grand Prix - das war bislang keine Liebesgeschichte. Vor einem Jahr krönte sich der Pramac-Pilot mit einem Sieg im MotoGP-Sprint von Mandalika zwar erstmals zum WM-Leader, crashte aber auch nur einen Tag später mit einem Drei-Sekunden-Vorsprung auf Platz eins liegend. Ein bitterer Patzer, der letztlich auch entscheidenden Anteil an seiner Niederlage im Titelkampf mit dem späteren Weltmeister Francesco Bagnaia hatte. Ein Jahr später war Martin auf Wiedergutmachung aus und kam bereits als WM-Führender nach Indonesien, schmiss am Samstag im Sprint aber erneut einen potenziellen Sieg weg.

Kein Wunder also, dass der Rekordmann aus dem Qualifying exakt 24 Stunden später nochmal ein gutes Stück motivierter in den Indonesien GP 2024 startete als einen Tag zuvor. Ein weiterer Patzer war nicht erlaubt, vielmehr musste Martin der gesamten MotoGP-Welt und vor allem auch sich selbst beweisen, dass er noch in Mandalika gewinnen kann - und das tat der 26-jähirge Spanier auch in beeindruckender Art und Weise.

Jorge Martin bejubelt dominanten Indonesien-Befreiungsschlag

Wie schon am Samstag legte Martin einen guten Start hin und verteidigte die Führung auf den ersten Metern gegen Schnellstarter Enea Bastianini. Anschließend blickte er nicht mehr zurück und legte den Turbo ein. Rund 1,5 Sekunden Vorsprung standen nach den ersten paar Runden zu Buche. Pedro Acosta machte anschließend nochmal Dampf, kam aber nie mehr wirklich nahe an Martin heran und hatte letztlich auch nichts mehr entgegenzusetzen, als der Pramac-Pilot in den letzten Runden zum Schlussspurt ansetzte. Um 14:43 Uhr Ortszeit war der erste Grand-Prix-Sieg seit dem Frankreich GP Mitte Mai dann auch offiziell eingetütet.

"Ich habe meine Revanche!", jubelte Martin anschließend sichtlich erleichtert und gestand: "Nach gestern und meinem Sturz im letzten Jahr war das heute wirklich ein schweres Rennen. Mental war es kompliziert, in Runde 13 ist der Geist aus der letzten Saison wieder in einem Kopf aufgetaucht. Ich bin aber durchgekommen. Kurve 16 habe ich besonders gemanagt, um nicht wieder den gleichen Fehler zu machen. Ich war besonders vorsichtig und habe dort viel Zeit gegenüber Acosta verloren. Aber ich bin sehr froh, dass ich meine Fehler wieder gutmachen konnte. Jetzt will ich mein Momentum beibehalten!"

Francesco Bagnaia: Schwache Startphase verhindert mehr

In der Fahrer-WM belang Martin damit nämlich ein Befreiungsschlag. Nachdem Bagnaia mit seinem gestrigen Sprintsieg auf 12 Punkte Rückstand verkürzt hatte, liegt der Titelverteidiger nun wieder 21 Zähler zurück - und dabei hatte er noch Glück, dass es nicht noch mehr Punkte wurden. Denn Bagnaia erwischte im Indonesien GP keinen guten Tag, startete schlecht und verlor viele Positionen. Beim Comeback tat er sich schwer, hin lange Zeit hinter seinen VR46-Academy-Kollegen Franco Morbidelli und Marco Bezzecchi fest. Zum Podium reichte es einzig aufgrund des Sturzes seines Ducati-Stallgefährten Bastianini.

"Ich hatte große Probleme, mir die Positionen zurückzuholen, die ich beim Start verloren habe. Ich habe zehn Runden gebraucht, um 'Bezz' zu überholen, weil die GP23 eine bessere Beschleunigung hat", beschreibt Bagnaia. Seine vermeintlich starke Rennpace, die er in freier Fahrt angedeutet hatte, konnte er so nicht nutzen. Trotzdem wollte der Italiener nichts von einem gebrauchten Sonntag wissen. "Es war wichtig für mich, Punkte aufzuholen und das habe ich geschafft. Ich habe drei Punkte mehr erzielt, bin noch 21 Zähler hintendran. Das sind weniger Punkte als in Misano", erklärt er und weiß: "Das ist eine gute Ausgangslage, so müssen wir jetzt weitermachen."

Tatsächlich kann Bagnaia trotz P3 im Indonesien GP wohl als Gewinner des Wochenendes in Mandalika gesehen werden. Denn Bastianini und Marc Marquez sind nach ihren Ausfällen am Sonntag wohl endgültig aus dem Titelkampf ausgeschieden, womit sich der amtierende Weltmeister fortan nur noch auf das direkte Duell mit Martin konzentrieren muss. Und in diesem steht auf einer vermeintlichen Paradestrecke Martins unter dem Strich ein Punkteplus von drei Zählern zu Buche. Ohne den Patzer des Pramac-Piloten im Sprint hätte der WM-Rückstand durchaus auch auf 33 Punkte anwachsen können.

Zwischen Jorge Martin und Francesco Bagnaia liegen derzeit nur Nuancen, Foto: LAT Images
Zwischen Jorge Martin und Francesco Bagnaia liegen derzeit nur Nuancen, Foto: LAT Images

Bagnaia oder Martin: Wer hat das MotoGP-Momentum vor Japan?

So aber bleibt Bagnaia fünf Rennwochenenden vor Schluss in Schlagdistanz, konnte seinen Rückstand sogar etwas verkürzen. Trotzdem will er Martins emotionalen GP-Sieg in Mandalika nicht unterschätzen. "Das war ein wichtiger Sieg für ihn, er war seit Le Mans sieglos. Das gibt ihm mental bestimmt einen Boost", vermutet der Ducati-Star und ist folglich gewarnt. Bei der nächsten WM-Station in Japan (04. - 06.10.) gelang Martin im Vorjahr ein Doppelsieg in Sprint und Grand Prix. Kann er das wiederholen, wird es plötzlich doch wieder sehr schwer für Bagnaia.