Wie schnell die Welt doch wieder ganz anders aussehen kann: Kotzte sich Francesco Bagnaia am Samstagabend noch über völlig verpatzte Qualifying- und Sprintsessions, sowie den Verlust der WM-Führung aus, hatte er keine 24 Stunden später wieder allen Grund zum Jubeln. Der Ducati-Pilot siegte dank einer Vorstellung der Extraklasse, Titelrivale Jorge Martin stürzte in Führung liegend und blieb punktlos. Stand Bagnaia am Tag zuvor noch als der große Verlierer da, folgte am Sonntag die entsprechende Reaktion samt Ansage an sämtliche Kritiker.

"Dieser Sieg war sehr, sehr wichtig - ähnlich wie Malaysia 2022", jubelte der 26-jährige Turiner nach Rennende im Rahmen der offiziellen MotoGP-Pressekonferenz. In Sepang hatte er im Vorjahr mit seinem Sieg vor Enea Bastianini und Fabio Quartararo den Grundstein zum Gewinn der MotoGP-Fahrerweltmeisterschaft, die er zwei Wochen später in Valencia klarmachte, gelegt. Nun könnte ihm im WM-Kampf ein weiterer Wendepunkt gelungen sein: "Ich weiß, dass Jorge sehr schnell war, aber wir haben diesen Sieg verdient und ihn auch gebraucht, um das Gefühl von vor Barcelona wiederzuerlangen. Es war nicht leicht zuletzt, aber dieser Sieg gibt uns viel Motivation."

Francesco Bagnaia und Ducati hatten nach dem Indonesien-GP wieder allen Grund zum Jubeln, Foto: LAT Images
Francesco Bagnaia und Ducati hatten nach dem Indonesien-GP wieder allen Grund zum Jubeln, Foto: LAT Images

Nach dem Sprint in Barcelona hatte Bagnaia die Fahrer-Weltmeisterschaft schonmal mit 66 Punkten Vorsprung angeführt, seine Titelverteidigung schien längst in Stein gemeißelt. Doch dann flog der Ducati-Pilot im Katalonien Grand Prix per Highsider ab und kam anschließend nicht mehr richtig in die Bahn. Er klagte vor allem über Probleme auf der Bremse und ein instabiles Heck. Patzer in Indien und eben am Samstag in Indonesien verschärften die Lage, weil Martin zeitgleich kaum zu stoppen war. Der Pramac-Pilot fuhr zuletzt von Sieg zu Sieg und übernahm nach dem Sprint auf dem Mandalika Street Circuit erstmals die WM-Führung.

Bagnaia kontert Martin: Entscheidung fällt erst mit Saisonende

Martin schien allen voran im psychologischen Kampf mit Bagnaia die Oberhand gewonnen zu haben. Immer wieder schob er jeglichen Druck auf den amtierenden Champion. "Er ist der Werksfahrer, er muss den Titel gewinnen, nicht ich", sagte der Pramac-Fahrer in aller Regelmäßigkeit. Nach dem Sprintsieg folgte am Samstag die nächste Ansage: "Wenn man diese Serie hat, in der man Punkte um Punkte aufholt, bedeutet das, dass man schneller ist." Martin reifte in der Öffentlichkeit immer mehr zum Titelfavoriten, während Bagnaia zunehmend in die Kritik geriet. Als er im Sprint nicht an Teamkollege Enea Bastianini vorbeigekommen war, wurde das Ducati-Team von einzelnen Medienvertretern gar nach Intentionen zu einer Stallorder gefragt, um den amtierenden Champion zu unterstützen.

Bagnaia selbst schien das so gar nicht gepasst zu haben. Am Sonntag folgte nach Rennende eine Ansage, die an seine Kritiker gerichtet war - zunächst optisch, dann auch wörtlich. Auf seine jubelnde Geste mit 'Hand hinter dem Ohr' angesprochen sagte der 26-Jährige: "Die Leute sprechen zu viel. Ich bevorzuge es, die Endergebnisse abzuwarten und dann zu sprechen." Später nochmal darauf angesprochen ergänzte der Ducati-Star: "Das war eine Botschaft an alle, die ihren Mund im Vorhinein zu weit aufmachen. Sie sollten abwarten, bis wir die Saison beendet haben."

Medium statt Soft: Bagnaias Reifenpoker geht auf

Je fünf Sprints und Grand Prix stehen in den kommenden sechs Wochen noch an, ehe die Zielflagge am 26. Oktober in Valencia ein letztes Mal fällt. Mit 18 Punkten Vorsprung auf WM-Rivale Martin fühlt sich Bagnaia nun wieder siegessicher: "Ich habe die WM schon im ersten Saisonteil angeführt und meinen Vorsprung ausgebaut." Doch wie kam es überhaupt zur Trendwende nach dem enttäuschenden Samstag? "Ich habe letzte Nacht sehr intensiv mit dem Team an einer Lösung gearbeitet. Im Warm Up habe ich mich schon besser gefühlt, ich konnte andere Fahrer erfolgreich überholen. Beim Rennstart wollte ich so aggressiv wie möglich sein. Der harte Vorderreifen hat mir dabei geholfen, hart zu bremsen."

Francesco Bagnaia setzte in Mandalika auf die richtige Reifenkombination, Foto: LAT Images
Francesco Bagnaia setzte in Mandalika auf die richtige Reifenkombination, Foto: LAT Images

Ähnlich wie WM-Rivale Martin gelang auch Bagnaia eine ausgezeichnete Startphase, zum Ende der ersten Runde lag er schon auf Platz sechs. Nach einem Überholmanöver gegen Quartararo war der Ducati-Pilot nur einen Umlauf später schon Dritter, nachdem Brad Binder Luca Marini abgeschossen hatte. Dann wirkte eine weitere Veränderung zum Sprint Wunder: Bagnaia verwendete diesmal den Medium-Hinterreifen und nicht die Soft-Mischung. "Ich mag es nicht, wenn das Bike zu nervös wird. Der Soft macht es zu aggressiv. Mit dem Medium wurde es viel stabiler", verriet der gebürtige Turiner hocherfreut.