Jorge Martin hat einen unglaublichen Lauf. Der Pramac-Pilot holte in Indonesien seinen vierten Sprint-Sieg in Folge und nahm so Francesco Bagnaia, der nur Achter wurde, die WM-Führung ab. Seit dem Grand Prix in Barcelona hat der Spanier in vier Sprints und Hauptrennen einen Rückstand von 66 Punkten auf den Titelverteidiger in einen Vorsprung von 7 Zählern umgewandelt. Nicht nur er wittert nun den ersten Titel eines Privatfahrers in der Königklasse, auch seine spanischen Landsleute sehen ihn im Vorteil.
Martin und Marquez: Druck liegt bei Bagnaia!
"Es ist sehr kompliziert, dorthin [in WM-Führung, Anm. d. Red.] zu kommen, und natürlich kann es noch komplizierter sein, dort zu bleiben, aber im Moment denke ich nicht darüber nach. Ich denke daran, den morgigen Tag zu genießen und zu versuchen, ein weiteres Rennen zu gewinnen und wenn nicht, um das Podium zu kämpfen", behielt Martin seine Rennen-für-Rennen-Strategie auch nach seinem Sprint-Triumph aufrecht. Er spielt weiter Psychospielchen mit seinem italienischen Kontrahenten: "Was auch immer kommt, ich werde versuchen, so viele Punkte wie möglich zu holen, obwohl der Druck nicht auf mir liegt. Ich glaube, der Druck liegt bei Pecco [Bagnaia], denn er hat die Verantwortung, in einem Werksteam zu sein und auf jeden Fall gewinnen zu müssen."
Ein Narrativ, das Martin seit einiger Zeit so nach außen trägt. Doch nicht nur der Pramac-Pilot, sondern auch ein prominenter Landsmann sieht das so. Marc Marquez hat als sechsfacher Weltmeister einiges an Erfahrung in Titelkämpfen: "Ich denke, wenn ich auf jemanden setzen muss, dann auf Jorge. Aber warum? Weil er keinen Druck hat. Er fährt auf einer Werksmaschine, aber nicht in einem Werksteam. Er ist kein Titelverteidiger. Wenn er die Meisterschaft gewinnt, ist das unglaublich. Wenn er Zweiter wird, ist es okay, denn normalerweise würde Pecco gewinnen. Also leidet Pecco jetzt darunter, wie es ist, einen Titel zu verteidigen, denn manchmal ist es schwieriger, einen Titel zu verteidigen als zu gewinnen."
Martins Sprint ein Statement: Bin schneller und scheue kein Risiko!
Martin hingegen will laut eigener Aussage einfach seinen aktuellen Lauf aufrechterhalten. Eine Ansage in Richtung Bagnaia gab er dabei aber auch gleich mit: "Wenn man diese Serie hat, in der man Punkte um Punkte aufholt, bedeutet das, dass man schneller ist. Und das wirkt sich natürlich auf die Motivation aus. Es ist vor allem Motivation, denn ich fühle keinen Druck und denke nicht darüber nach. Es motiviert einen einfach, weiterzumachen und zu versuchen, Punkte zu holen. Noch mehr Punkte zu machen, ist es, was mich jeden Tag antreibt."
Die volle Punktzahl im Sprint in Mandalika war allerdings ein hartes Stück Arbeit. Mit Platz sechs im Qualifying hatte er sich das Leben selbst schwer gemacht und erwartete zwei harte Gegner aus Noale: "Ich hatte nicht erwartet, dass ich das Rennen gewinnen würde. Ich hatte erwartet, um das Podium zu kämpfen, denn ich dachte, Aleix [Espargaro] und Maverick [Vinales] würden wegfahren. Deshalb dachte ich daran, um den dritten Platz zu kämpfen, aber ich konnte Aleix am Start abhängen, und dann sah ich, dass Maverick den Hinterreifen stark beanspruchte. Da blieb ich ruhig. In der siebten oder achten Runde hatte ich viel mehr Gummi als er, und das konnte ich ausnutzen."
Auch wenn die Gegenwehr von Seiten Aprilias schwächer als erwartet war, so gab es auf dem Weg zum Sieg doch noch einige Gegner zu überwinden. Selbst im Kampf um die Meisterschaft scheute Martin dabei kein Risiko gegen einen besonders harten Gegner: "Ich glaube, derjenige, bei dem ich am meisten riskiert habe, war Fabio [Quartararo], denn er hat mir keinen Meter gelassen. Aber am Ende konnte ich ihn zwischen den Kurven elf und zwölf überholen, beim Richtungswechsel, und ich war ein bisschen aggressiv, damit er verstand, dass ich diese Position wollte." Danach schnappte sich der neue WM-Leader sich noch Luca Marini sowie Vinales und fuhr zum Sieg.
Martin-Freund Espargaro warnt: Bagnaia nicht abschreiben!
Für Aleix Espargaro, der nach schlechtem Start mit Brad Binder kollidierte und so nicht um den Sieg kämpfen konnte, ist klar, dass Martin die Fahrt eines Champions zeigte: "Jorge war heute beeindruckend. Er schien nicht die Pace zu haben, um zu gewinnen und er hat es trotzdem geschafft. Wenn du in der MotoGP den Titel gewinnen willst, musst du solche Rennen zeigen. Alles funktioniert bei ihm: Die Überholmanöver und auch das Qualifying. Er hat bei allem die richtige Balance gefunden, ich freue mich wirklich für ihn."
Doch obwohl Espargaro und Martin eng befreundet sind, lehnt sich der Aprilia-Pilot in Sachen Titelkampf nicht so weit aus dem Fenster wie Marquez. Er will Bagnaia keineswegs abschreiben: "Meiner Meinung nach haben sie jetzt die gleichen Chancen, es ist 50:50. Morgen könnte Pecco noch mehr Punkte verlieren, aber bei ihm ist alles zu erwarten. Pecco ist ein sehr schneller Fahrer und hat ein Team von sehr guten Ingenieuren. Man kann bei ihm niemals nie sagen."
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