Am vergangenen Wochenende in Jerez trafen die MotoGP-Stewards eine Reihe von zumindest fragwürdigen Entscheidungen. Die Summe an Urteilen, welche unter Fahrern und Teams mit Unverständnis aufgenommen wurden, fand beim Spanien-Grand-Prix einen neuen traurigen Höhepunkt.
Vor allem die Longlap-Penalty gegen Fabio Quartararo für seine Kollision mit Marco Bezzecchi und Miguel Oliveira konnte im MotoGP-Paddock kaum jemand verstehen. "Für Fabio war die Situation schwer zu vermeiden, weil die Kurve sehr eng ist und er auf beiden Seiten andere Fahrer hatte. So etwas kann passieren", meinte Unfallgegner Bezzecchi. "Das war niemals eine Strafe", schimpfte Quartararo selbst. Sein Team-Manager Massimo Meregalli marschierte nach dem Rennen zu den Stewards und bat um eine Aufklärung, die Freddie Spencer und Co. nicht liefern konnten. "Nach ihren Ausführungen war ich noch weniger überzeugt. Ich bin enttäuscht und verwundert", sagte der Italiener anschließend.
Denn sogar die Stewards selbst waren im Gespräch mit Meregalli und Yamaha-Motorsportchef Lin Jarvis nicht mehr von ihrer Entscheidung überzeugt. Sie hätten aber unter Zeitdruck vor dem Restart diese Entscheidung treffen müssen, rechtfertigten sie sich. Praktisch alle Fahrer waren sich einig, dass die Situation keiner Strafe bedurft hätte und ärgerten sich dementsprechend über die Stewards.
Die sorgten aber weiter für Verwirrung. Francesco Bagnaia musste nach einem harten Manöver gegen Jack Miller eine Position zurückgeben, Miller kam nach einer fast identischen Attacke gegen Jorge Martin aber ungeschoren davon. Da trieb es auch Ducati-Team-Manager Davide Tardozzi die Zornesröte ins Gesicht: "Ich bin der Meinung, dass die Strafen für Quartararo und Morbidelli falsch waren. Das waren Rennunfälle. Auch Pecco hatte bei seinem Manöver gegen Miller Platz, aber der hat die Linie zugemacht. Was wäre passiert, wenn Martin das mit Jack in der Zielkurve ebenfalls gemacht hätte? Wieso hat Jack da keine Strafe erhalten. Ich glaube, dass die Stewards ihre Entscheidungen überdenken müssen. Das ist ein Männersport. Ein harter Sport. Solche Dinge passieren."
Joan Mir stimmte in den Chor an Fahrern ein, die Quartararos Strafe für falsch hielten. "Dafür wurde er bestraft?", fragte er ungläubig, als er in seiner Medienrunde die Situation erklärt bekam. Mir erzählte daraufhin, dass er in seinem eigenen Rennen deutlich dramatischere Manöver erlebt habe: "Bezzecchi war heute völlig außer Kontrolle. Er hat ständig andere Fahrer berührt. Niemand wusste, was er als nächstes machen würde. Überall sind Karbonteile herumgeflogen. Es war ein Desaster. Aber die Stewards sehen nur dort hin, wo gerade die TV-Kameras drauf sind. Der Rest spielt für sie keine Rolle. Da existieren Strafen überhaupt nicht. Auch da muss sich viel ändern."
Krisensitzung: MotoGP-Fahrer treffen Stewards
Jede Menge Verbesserungspotenzial also für das MotoGP Stewards Panel, das durch seine Entscheidungen seit Jahren in der Kritik steht. In zwei Wochen in Le Mans stellen sich Freddie Spencer und seine Kollegen nun erstmals den Fahrern. Ein Meeting, das die Piloten sehnsüchtig erwarten. Vor allem mangelnde Konstanz in den Entscheidungen stößt ihnen sauer auf. "Es ist nicht immer einfach, die richtigen Entscheidungen zu treffen, weil jede Situation ihre Besonderheiten hat. Aber die Stewards müssen zumindest verstehen, wie diese Motorräder funktionieren", erklärt Alex Marquez. Luca Marini liefert einen konkreten Lösungsansatz: "Es muss uns für uns Fahrer klar sein, dass es für diese und jene Aktion diese und jene Strafe gibt. Wir wollen nicht mehr Strafen, aber wir wollen immer die gleichen. Wir hatten genug Zwischenfälle in der Vergangenheit, welche die Stewards alle analysieren und dann ein Reglement schaffen müssen, aus dem klar hervorgeht, das Aktion X Strafe Y bedeutet. Fertig."
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