Nach dem Vorbild von Superbike-WM und Formel 1 führte die MotoGP zur Saison 2023 die Sprints ein, um die Fans der Königsklasse auf zwei Rädern mit zusätzlicher Action während eines Rennwochenendes zu versorgen. Und auch wenn Promoter Dorna und Co. dafür zunächst viel Kritik und Spott ernteten, ging ihr Plan voll auf. Die Sprints sorgten ab dem Debüt im Frühjahr 2023 in Portimao für Spektakel und tolle Unterhaltung, waren nicht selten kurzlebiger und abwechslungsreicher als die Grands Prix am Sonntag.

Zuletzt wendete sich das Blatt jedoch mehr und mehr - mit negativem Höhepunkt am Samstag in Jerez. Lediglich ein Überholmanöver bekamen MotoGP-Fans nach der Startphase in den Top-Neun noch zu sehen: Marc Marquez passierte Fabio Quartararo im zweiten Umlauf in Kurve sechs, welcher beim Versuch gegenzuhalten, stürzte und ausschied. Ansonsten passierte zehn Runden lang nichts mehr, die MotoGP-Stars fuhren im Synchronflug mit jeweils knapp einer Sekunde Abstand zwischeneinander ins Ziel.

Marquez-Brüder einig: Jerez macht Überholen schwer!

Der Partystimmung in Jerez tat der öde MotoGP-Sprint am Samstag keinen Abriss, aber dennoch stellt sich natürlich die Frage, wieso das eigentlich für Spektakel und Unterhaltung eingeführte Kurzrennen so floppte. Die Ursache ist wohl eine Kombination mehrerer Faktoren. "Wir sind jetzt in Europa. Das heißt enge Strecken, kurze Geraden. Da wird es einfach schwieriger, zu überholen", kommentierte etwa der einzige Fahrer in den Top-10, der überholen konnte: Marc Marquez. Er wusste: "Ich habe Fabio überholt, weil er eine Yamaha fährt. Wäre das eine Ducati gewesen, wäre es wohl schwieriger gewesen."

Auch Bruder Alex Marquez erkannte die Charakteristik des Circuito de Jerez als Übertäter, kombiniert mit den Problemen der modernen MotoGP: Hoher Reifendruck durch 'Dirty Air'. "Der Start und die ersten Runden sind hier entscheidend. Wenn du jemandem dicht folgen willst, wird alles sofort sehr heiß. Dadurch bekommst du Probleme und dann hast du hier auch noch viele harte Bremspunkte: Kurve eins, zwei, sechs und die letzte Kurve. Da kommst du irgendwann quer an und das zu kontrollieren, ist nicht einfach", beschrieb der Zweitplatzierte, der sich dank eines guten Starts auf den ersten Metern an Francesco Bagnaia vorbeigeschoben hatte.

Francesco Bagnaia durch übliche Sprintprobleme eingebremst: Macht mich sauer!

"Für mich war das ein klassisches Sprintrennen", klagte Letztgenannter in seiner Medienrunde. Was der Ducati-Werkspilot damit genau meinte? "Ich konnte die Lücke wieder mal nicht schließen. Ich kann einfach nicht näher an meine Vordermänner heranfahren. Sobald ich auf 0,5 bis 0,7 Sekunden dran bin, bekomme ich Probleme mit dem Vorderreifen. Das geht mir in den letzten drei Jahren [seit Sprinteinführung, Anm.] immer so. Wenn ich gut starte und führe, kann ich machen was ich will. Wenn nicht, dann nicht. Und heute war das für jeden so."

Bagnaia sieht daher eine besorgniserregnede Tendenz. "Eigentlich sollte der Sprint das spaßige Rennen mit vielen Zweikämpfen sein, ist aber immer das mit weniger Zweikämpfen", warnt er und meint: "Ich mache nichts anders, aber im Hauptrennen fühle ich viel mehr Potenzial und Gefühl für die Bremse. Im Sprint verliere ich die Front überall und das ist immer so. Das macht mich sauer, dass es so ist. Wir wissen nicht, wie wir das lösen können."

Luca Marini: Risiko und Ertrag beim MotoGP-Sprint nicht im Einklang!

Während Bagnaias Aussagen eher seinen altbekannten Problemen mit dem kleineren Sprinttank gelten, liefert Kumpel Luca Marini einen interessanten Erklärungsansatz: "Ich glaube, dass die Fahrer sich jetzt einfach an den Sprint gewöhnt haben. Sie verstehen jetzt, dass das Risiko hoch ist und die Punkte praktisch nichts. Letztes Jahr hat Pecco die WM aufgrund seiner Stürze im Sprint verloren, das hat die Herangehensweise vieler Fahrer vielleicht etwas verändert. Natürlich geben wir alle unser Bestes und wollen aufs Podium fahren, aber ein Punkt mehr oder weniger macht keinen Unterschied, während ein Nuller [durch einen Sturz] ein großer Rückschlag ist."

Start des Sprints in Katar
Im Sprint erhalten nur die Top-Neun Punkte, Foto: MotoGP

Des Weiteren hätten auch die härteren Strafen, die die MotoGP-Stewards um den neuen Chefsteward Simon Crafar in der laufenden Saison dazu beigetragen, "alles etwas runterzukühlen". 2024 und speziell in der Anfangsphase 2023 hatte Vorgänger Freddie Spencer dort noch deutlich mehr Gnade walten lassen und damit wohl auch die Risikobereitschaft der Fahrer für einen opportunistischen Überholversuch hochgehalten. Wie man die Langeweile in den Sprints in den Griff bekommen könnte? "Schmeiß sie raus", scherzt Marini.

Nach Ende seiner Medienrunde brachte Luca Marini scherzhaft auch noch den Vorschlag ins Spiel, im Sprint einfach gleich viele Punkte zu vergeben wie im Grand Prix. Dadurch würde wieder aggressiver um Positionen gekämpft werden. Was haltet ihr von dieser Idee? Habt ihr noch andere Vorschläge? Lasst uns eure Meinung in den Kommentaren wissen!

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