Im Rahmen der Teampräsentation ließ KTM Ende Januar aufhorchen. Brad Binder gab Platz drei in der Fahrer-Weltmeisterschaft als Ziel aus, Teammanager Francesco Guidotti sprach sogar vom ganz großen Wurf in der Hersteller-WM. Ambitionen, denen der Hersteller aus dem österreichischen Mattighofen bei den offiziellen MotoGP-Testfahrten 2023 nicht gerecht werden konnte. Im Gegenteil: Über weite Strecken fand sich die neue RC16 zumeist am hinteren Ende des Feldes wieder.

"Wir haben uns Problemen gegenübergestellt gesehen, die wir nicht erwartet hatten. Gestern war ein harter Tag und heute Vormittag hatten wir ebenfalls ein paar Schwierigkeiten", gestand Guidotti am Sonntagnachmittag bei 'After the Flag'. Dann gelang KTM jedoch ein Durchbruch: "Wir haben nachmittags etwas wirklich Interessantes gefunden. Brad und Jack [Miller, Anm.] konnten anschließend gute Rundenzeiten fahren."

Binder gelang wenige Stunden vor Testende in 1:38.480 Minuten die klar schnellste KTM-Rundenzeit der Testfahrten in Portimao. Am Samstag war er noch über 1:39.923 Minuten nicht hinausgekommen. Der Südafrikaner konnte sich also um fast 1,5 Sekunden verbessern. Teamkollege Miller gelang ein ähnlicher Sprung: Er steigerte sich von 1:39.987 Minuten auf 1:38.909 Minuten. Das reichte im Endklassement zwar nur zu Platz 17, erstmals in seiner KTM-Zeit verlor der Australier aber weniger als eine Sekunde auf die Tagesbestzeit. Ex-Ducati-Teamkollege Francesco Bagnaia war am Sonntag lediglich 0,941 Sekunden schneller.

Brad Binder: Mussten einige Dinge überdenken

Ein Fortschritt, den die beiden KTM-Stammfahrer in ihren jeweiligen Medienrunden nach Testende bestätigten. "Wir haben heute einen großen Schritt nach vorne gemacht", lobte Binder. "Wir mussten letzte Nacht einige Dinge überdenken, weil ich nicht glücklich unserer Arbeit war. Das Team hat einen tollen Job gemacht. Ich fühle mich jetzt viel wohler und kann stärker pushen. Wir sind deutlich näher an dem, wo wir hinwollen."

Speziell auf eine Runde gesehen sei dem Team eine beachtliche Verbesserung gelungen. "Die Zeitattacken sind deutlich besser verlaufen als erwartet", verrät der zweifache Grand-Prix-Sieger. "Ich fühle mich auf frischen Reifen jetzt deutlich komfortable als auf gebrauchten. In der Vergangenheit war das immer andersherum. Offensichtlich machen wir also etwas richtig." Binders schnellste Rundenzeit reichte am Sonntag immerhin für Platz neun. "In einigen Bereichen fehlt uns noch etwas, aber wir sind nicht mehr so weit weg. Wir haben uns um mehr als eine Sekunde gesteigert, das ist ein riesiger Schritt."

Brad Binder belegte Platz acht in Portimao, Foto: LAT Images
Brad Binder belegte Platz acht in Portimao, Foto: LAT Images

Es überrascht daher nicht, dass der 27-Jährige den Sonntag in Portimao als den "stärksten Testtag, den wir 2023 hatten" bezeichnet. Besonders freute ihn jedoch, dass das Team endlich eine klare Idee hat, wie die RC16 noch optimiert werden kann. "Wir können für das erste Rennen noch einen weiteren Schritt nach vorne machen. Vor uns liegen ein paar wichtige Tage, aber ich denke, dass wir mehr oder wenige bereit sind, um die Saison zu starten", so Binder.

Miller auf dem richtigen Weg: Das braucht einfach Zeit

KTM-Neuankömmling Miller fand ähnliche Worte: "Schritt für Schritt kommen wir dort hin, wo wir hinwollen. Wir haben uns um mehr als eine Sekunde verbessert. Das Problem ist nur, dass die anderen Jungs plötzlich sieben bis acht Zehntel unter dem Rundenrekord fahren. Trotzdem: Wir sind auf dem richtigen Weg und haben heute einen großen Schritt gemacht." Der Australier fühle sich mit jeder absolvierten Runde wohler auf dem Motorrad. So könne er zunehmend mehr Geschwindigkeit in die Kurven mitnehmen und die Bremse früher loslassen.

Jack Miller findet sich mehr und mehr zurecht auf der KTM RC16, Foto: LAT Images
Jack Miller findet sich mehr und mehr zurecht auf der KTM RC16, Foto: LAT Images

Auf einer Skala von null bis zehn sehe sich Miller nach dem finalen Test in Portimao bei einer sieben oder acht. "Wir haben mittlerweile ein ordentliches Basis-Setup. Einzig bei der Elektronik müssen wir noch ein paar Dinge klären, um konstanter zu werden", sagt er. "Das braucht einfach seine Zeit, aber ich denke, dass wir in einer guten Ausgangslage für das erste Rennen sind. Natürlich bin ich mit Platz 17 nicht zufrieden, aber wir können - auch in Anbetracht des Speeds der anderen Fahrer - vorsichtig optimistisch sein."