Mehr als zwei Wochen sind mittlerweile vergangen seit der Hammermeldung, dass Suzuki die MotoGP mit Saisonende 2022 verlassen wird. Darüber wurden beim Montagstest in Jerez die Angestellten des japanischen Herstellers informiert. Eine offizielle Bestätigung der Ausstiegsbestrebungen gab es am Donnerstag vor dem folgenden Frankreich-GP. Nach dem ersten Schock hat sich die MotoGP aber bereits etwas sortiert und erste Entwicklungen für das Starterfeld 2023 zeichnen sich ab. Motorsport-Magazin.com gibt einen Überblick.

Die Fahrer

Erst vier Plätze sind für die MotoGP-Saison 2023 vergeben. Marc Marquez bleibt bei Honda, Franco Morbidelli bei Yamaha, Francesco Bagnaia bei Ducati und Brad Binder bei KTM. Schafft es die Dorna, das Feld trotz des Suzuki-Rückzugs auf einer Größe von 24 Motorrädern zu halten, sind also noch 20 Plätze zu vergeben. In diesen Kampf um die verbliebenen Bikes für 2023 ist nun zusätzliche Würze gekommen. Denn Joan Mir und Alex Rins standen kurz vor einer Vertragsverlängerung bei Suzuki, müssen nun aber neue Arbeitgeber finden.

Suzuki-Ausstieg: Die Folgen für die MotoGP (08:30 Min.)

Die Zukunft von Joan Mir scheint bereits relativ klar. Ihn zieht es wohl zu Repsol Honda, wo er Teamkollege von Marc Marquez werden soll. Mit dieser Position wurde Mir bereits im Winter in Verbindung gebracht, nach dem guten Saisonstart mit Suzuki ebbte sein Interesse an einem Wechsel aber ab. Nun hat sich das schlagartig geändert. Der Weg zu Honda dürfte für Mir frei sein. Wie die 'Gazzetta dello Sport' berichtete, soll Pol Espargaro in Jerez darüber informiert worden sein, dass Honda zukünftig nicht mehr mit ihm plane. Fahrer und Hersteller dementieren das allerdings bislang.

Ungewissheit herrschte zunächst um Alex Rins. Es schien kein konkretes Interesse eines anderen Herstellers am Spanier zu geben. Das änderte sich aber in den vergangenen Tagen. Wie Rins in Le Mans verriet, zeigt KTM Interesse an ihm. Er könnte 2023 entweder im Werksteam oder bei Tech3 landen. Eine vergleichsweise einfache Umstellung würde Rins ein Wechsel zu Yamaha ermöglichen, wo im RNF-Team von Razlan Razali ein oder sogar zwei Plätze frei werden könnten. Für Andrea Dovizioso geht seine MotoGP-Karriere 2022 wohl zu Ende, Darryn Binder muss sich noch beweisen. Zum Rettungsanker könnte für Rins auch Aprilia werden, wo Maverick Vinales zuletzt mit kritischen Bemerkungen in Richtung seines Teams für Aufregung sorgte. Nicht ausgeschlossen, dass man in Noale die Geduld mit Vinales verliert. Aprilia erarbeitete sich in den letzten Jahren einen zweifelhaften Ruf, wenn es um Treue gegenüber seinen Fahrern geht.

Die Hersteller

Durch den Ausstieg von Suzuki würde das MotoGP-Feld von der aktuell erreichten Obergrenze von 24 Motorrädern auf 22 Plätze 2023 schrumpfen. Promoter Dorna ist darauf bedachtet, ein möglichst großes Feld zusammenzustellen. In einer ersten Stellungnahme auf den Suzuki-Ausstieg erklärte die Dorna, dass seit längerer Zeit mehrere Hersteller Interesse an einem MotoGP zeigen würden. Dieses Interesse hätte man nun bestätigt bekommen. Ob dem tatsächlich so ist, lässt sich schwer beurteilen. Große Hersteller wie BMW oder Kawasaki lehnen seit Jahren ein Engagement in der Königsklasse ab und geben sich mit ihren Projekten in der Superbike-Weltmeisterschaft zufrieden. Für Firmen wie MV Agusta oder Triumph scheint die MotoGP ohnehin eine Nummer zu groß.

MV Agusta dominierte die Königsklasse in den 50er-, 60er- und 70er-Jahren, Foto: MV Agusta
MV Agusta dominierte die Königsklasse in den 50er-, 60er- und 70er-Jahren, Foto: MV Agusta

Als wahrscheinlichste Option für die Rolle des sechsten Herstellers gilt deshalb eine Marke aus dem KTM-Konzern. Die Österreicher setzen ihre Maschinen in der Moto3 ja bereits auch unter den Labels GasGas, Husqvarna und CF Moto ein. Nach diesem Muster könnte man nun auch ein drittes Team unter einem anderen Herstellernamen an den Start bringen. Von einem eigenständigen Hersteller kann hierbei freilich nur theoretisch die Rede sein. Fraglich ist auch, ob KTM in so kurzer Zeit sein MotoGP-Projekt erneut ausweiten kann und will. Die ersten Testfahrten für die Saison 2023 gehen bereits in sechs Monaten über die Bühne.

Die Teams

Sollte es nicht gelingen, einen neuen Hersteller für 2023 zu verpflichten, könnten die zwei frei gewordenen Startplätze mit einem neuen Kundenteam aufgefüllt werden. Auch dafür soll es mehrere Interessenten geben, in der Pole Position scheint sich aktuell das Leopard Racing Team zu befinden. Der Rennstall von Gründer Flavio Becca zählt seit dem Einstieg 2015 zu den erfolgreichsten Teams der Moto3-Weltmeisterschaft, zwischenzeitlich war man auch in der Moto2 aktiv.

2019 jubelte Leopard mit Lorenzo Dalla Porta über den bislang letzten WM-Titel, Foto: LAT Images
2019 jubelte Leopard mit Lorenzo Dalla Porta über den bislang letzten WM-Titel, Foto: LAT Images

Motorräder für die Leopard-Truppe könnte es aus dem Hause Aprilia geben. Die Italiener bekundeten zuletzt mehrfach Interesse an einem Kundenteam. Dass die RS-GP ein absolut konkurrenzfähiges Paket darstellt, zeigt in der aktuellen Saison Aleix Espargaro. In den ersten sieben Rennen wurde er drei Mal Dritter, gewann in Argentinien und liegt mit nur vier Zählern Rückstand auf Platz zwei der Gesamtwertung.