Die MotoGP zeigt sich auch in der neuen Saison von ihrer unberechenbaren Seite. In den ersten beiden Rennen in Katar und Indonesien standen sechs verschiedene Fahrer auf dem Podest, zehn unterschiedliche Piloten in den Top-5 und 20 verschiedene MotoGP-Asse in den Punkterängen. Die besten neun Fahrer der Gesamtwertung sind nur durch zehn Punkte getrennt.

Schamanen, Löcher & Verletzungen: MotoGP-Chaos in Indonesien (08:16 Min.)

Auftaktsieger Enea Bastianini schaffte es beim zweiten Saisonlauf nur auf den 11. Rang. Brad Binder und Pol Espargaro, die sich in Katar das Podest mit ihm geteilt hatten, belegten auf dem Mandalika Circuit nur die Plätze 8 bzw. 12. Indonesien-Sieger Miguel Oliveira hingegen ging beim Auftaktrennen leer aus, während sich Fabio Quartararo (2. am Sonntag) und Johann Zarco (3.) in Katar nur auf den Plätzen 8 und 9 wiedergefunden hatten.

Ein Muster, das sich bereits durch die letzten beiden Jahre gezogen hat und auch mit der Verletzungsmisere des langjährigen Dominators Marc Marquez zu tun hat. "In den vergangenen beiden Jahren waren die Abstände in der MotoGP-Klasse sehr eng. Dadurch schaffen es verschiedene Leute auf das Podest", analysierte Zarco am Sonntag in der Pressekonferenz nach dem Rennen.

Weltmeister Fabio Quartararo pflichtete ihm bei: "Das Niveau wird immer höher und es wird für den einzelnen Fahrer immer schwieriger. Ich gebe in jedem Rennen mein Bestes, um es auf das Podest zu schaffen. Mittlerweile gibt es dort draußen aber insgesamt 24 Fahrer, die das schaffen können."

Tatsächlich gibt es abseits der fünf MotoGP-Neulinge des aktuellen Jahrgangs nur zwei Fahrer, für die es in der MotoGP bisher noch nicht zu einem Podestplatz reichte: Luca Marini und Taka Nakagami. 17 der 24 Fahrer standen zumindest einmal in einem Rennen der Königsklasse auf dem Podest, 13 von ihnen sind sogar Grand-Prix-Sieger der MotoGP-Klasse.

Marquez-Verletzung leitet Trendwende ein

Die Saison 2020 stellte den klaren Wendepunkt dar. Der langjährige Seriensieger Marc Marquez verletzte sich damals beim Auftakt in Jerez und gewann seither nur noch drei Läufe. Am Sonntag fehlte er nach einem spektakulären und schmerzhaften Highsider im Warm-Up wieder einmal in der Startaufstellung. Von den letzten 34 Rennen verpasste er somit 18. Dadurch war Platz für neue Sieger.

Seit Saisonstart 2020 konnten 14 verschiedene Piloten zumindest ein Rennen gewinnen. In den sieben Jahren davor (2013-'19), in denen Marquez 56 Siege und sieben Titel holte, standen nur elf verschiedene Piloten auf dem obersten Treppchen. Zwischen 2011 und 2015 gingen fünf volle Saisons alle Siege ausschließlich an Fahrer aus den Werksteams von Honda oder Yamaha. Diese Zeiten sind längst vorbei. Im vergangenen Jahr schafften es Motorräder aller sechs Hersteller in mindestens einem Rennen auf das Treppchen, fünf der sechs Marken gewannen in den letzten beiden Saisons mindestens einen Grand Prix.

2022 standen bereits Maschinen von Honda, KTM, Ducati und Yamaha auf dem Podest. Alle sechs Hersteller schafften es in den ersten beiden Saisonrennen zumindest einmal in die Top-5. Somit ist klar, was der Schlüssel zum WM-Titel ist: Konstanz. 2020 wurde Joan Mir Weltmeister mit nur einem Sieg und lediglich 48,8 Prozent der möglichen Punkte. Im Vorjahr reichten Fabio Quartararo fünf Erfolge und 61,8 Prozent der maximalen Punkteanzahl. Diese Quoten waren die beiden geringsten des vergangenen Jahrzehnts.

Trotz der Ausgeglichenheit im Feld gibt es nach den ersten beiden Rennen bereits zwei klare Verlierer im WM-Rennen: Francesco Bagnaia und Jorge Martin. Der MotoGP-Vizeweltmeister galt vor Saisonstart bei den Wettanbietern als Topfavorit, steht aktuell aber mit nur einem Punkt da. Martin stellte selbst einen Anspruch auf den Titel, fiel aber in beiden Rennen aus. Das Ducati-Duo steht somit beim kommenden Rennen in Argentinien bereits unter Druck.