Es war einer der heftigsten Highsider der MotoGP-Geschichte: Marc Marquez wurde im Warm-Up zum Indonesien-Grand-Prix im hohen Bogen von seiner Honda geschleudert und schlug hart auf dem Asphalt auf. Aufgrund der dabei erlittenen Gehirnerschütterung erhielt er von den Rennärzten ein Startverbot in Mandalika. Zurück in Spanien wurde ein erneuter Fall von Doppelsichtigkeit bei Marquez diagnostiziert. Der bereits zwei Mal verletzte Hirnnerv war wieder in Mittelleidenschaft gezogen worden.

Der Crash könnte für den MotoGP-Superstar schwerwiegende Folgen haben. Eine neuerliche, lange Zwangspause droht. Teamchef Alberto Puig forderte daraufhin in einer offiziellen Presseaussendung eine Aufklärung des Sturzes zusammen mit Michelin. Der Reifenlieferant der MotoGP hatte sich nach den Wintertestfahrten in Indonesien für eine andere Auswahl der Hinterreifen entschieden. Die härtere Konstruktion sollte den hohen Temperaturen am Mandalika International Street Circuit besser standhalten. Die Honda-Fahrer kamen mit diesem Slick aber absolut nicht zurecht.

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"Bei den Wintertests waren wir hier sehr schnell und dann hat Michelin plötzlich die Reifen geändert, was auch das Verhalten unseres Motorrads völlig verändert hat", so Puig. "Wir verstehen nicht ganz, was da passiert ist und werden diese Situation zusammen mit Michelin genau besprechen müssen." Ein Statement, das im Hause Michelin nicht gut ankam. "Alle Teams und ein Großteil der Fahrer haben diese Änderung verstanden", sagte Michelin-Motorsportchef Piero Taramasso bei den Kollegen von 'GPone'. "Niemand hat sich beschwert. Ich bin überrascht, dass nur Puig die Gründe für diese Veränderung nicht verstanden hat. Wenn es neue Reifen gibt, muss man eben das Fahrwerk, das Setup und die Elektronik anpassen."

Honda-Boss Puig wurde nun mit den Aussagen von Taramasso konfrontiert und reagierte verstimmt. "Ich habe nur gesagt, dass wir die Situation zusammen mit Michelin analysieren müssen. Das war alles. Die Reaktion von Herrn Taramasso ist deshalb völlig unnötig. Ich finde es eigenartig, wenn er sagt, dass Honda nicht weiß, wie man sich anpassen muss - auch wenn es höflich formuliert war", so Puig gegenüber 'Autosport'. "Honda hat sich an viele technische Veränderungen angepasst, seit man 1966 in die WM eingestiegen ist: Reifen, Motoren, Klassen. Es ist die erfolgreichste Marke in der Grand-Prix-Geschichte mit 25 Konstrukteurstiteln und 21 Fahrertiteln in der Königsklasse. Wir wissen also nicht, wie man sich anpasst? Das höre ich zum ersten Mal."

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Taramasso hielt fest, dass man die Daten des Sturzes analysiert habe und die Reifen als Grund für den Crash ausschließen könne. Eine Argumentation, die Puig nicht gelten lassen will: "Ich habe gelernt, dass man im Rennsport zuerst mit den Fahrern reden muss. Nicht mit Apple, IBM oder Dell, weil man irgendeine Linie auf dem Computer sieht. Wenn man Fahrer hat, die mehrfache Weltmeister sind, dann kann man davon ausgehen, dass sie wissen, wovon sie reden. Herr Taramasso scheint aber jedes Mal überempfindlich zu werden, wenn jemand über seine Reifen spricht. Er gibt keine Fehler zu und das ist meiner Meinung nach falsch und zu radikal. Wir machen alle Fehler. Er auch."

Puig stellte klar, dass er Michelin nicht den Schwarzen Peter zuschieben wolle, sondern lediglich um Aufklärung bemüht sei: "Ich habe nie gesagt, dass Michelin alleine schuld an Marcs Sturz ist. Ich habe nur gesagt, dass wir die Situation zusammen mit Michelin analysieren müssen, um Klarheit zu schaffen. Herr Taramasso hat dann überreagiert. Bei allen Stürzen gibt es Faktoren, die dazu beitragen. Die Reifen sind einer davon. Wenn Herr Taramasso das nicht versteht, dann verstehe ich seinen Zugang nicht."