Die Zukunft der MotoGP-Saison 2020 ist weiterhin ungewiss. Aufgrund der anhaltenden Corona-Krise kann niemand sagen, wann, wie viele und in welcher Form überhaupt Rennen möglich sein werden. Doch auch wenn noch keine Entscheidungen getroffen werden können, so wird doch heftig diskutiert. KTMs Motorsport-Direktor Pit Beirer liefert einen Einblick in die aktuelle Lage der MotoGP-Insider rund um Back-to-Back und mögliche WM-Szenarien.

Im neuen "Passion"-Podcast von ServusTV, der sich rund um die MotoGP und die Superbike-WM dreht, erklärt Beirer im Gespräch mit Moderatorin Katharina Untersberger, welchen Schwierigkeiten sich die Hersteller in der MotoGP jetzt stellen müssen. Allen voran natürlich die Frage, wie es mit der Saison 2020 weitergehen soll. Grundsätzlich geht der Deutsche davon aus, dass in der zweiten Jahreshälfte wieder Rennen gefahren werden.

Wann und wo und wie viele, das lässt sich noch nicht sagen. Allerdings verrät Beirer, dass bei den Gesprächen zwischen den Herstellern in der Königsklasse die Back-to-Back-Rennen bereits ein Thema waren. Kein Wunder, will man so viele Rennen wie möglich in einem deutlich eingeschränkten Zeitrahmen austragen, wird man auf mehrere Rennen an aufeinanderfolgenden Wochenenden kaum verzichten können.

"Die maximale Anzahl von Back-to-Back-Rennen sind eigentlich drei, damit fühlen wir uns wohl. So können die Angestellten auch zwischendurch ihre Familien sehen", beschreibt Beirer im Podcast den Normalzustand und führt dann weiter aus: "In Krisenzeiten könnte man das auch auf vier anheben, aber ganz ehrlich - wenn wir wüssten, dass wir wirklich fahren könnten, würden wir auch mehreren zustimmen."

Wann wird die MotoGP-Saison 2020 starten?, Foto: motogp.com
Wann wird die MotoGP-Saison 2020 starten?, Foto: motogp.com

Grundsätzlich wünscht sich KTMs Motorsport-Direktor wie alle anderen Beteiligten vor allem, dass es überhaupt wieder Rennaction geben kann. Wenn es dann soweit ist, sind Fahrer, wie Mechaniker oder alle anderen Beschäftigten im Paddock sicher bereit, über die üblichen Normen hinweg zu arbeiten, um endlich wieder ihre Leidenschaft leben zu können. Beirer ist jedoch auch klar, dass bei allem guten Willen irgendwo ein Maß erreicht sein wird: "Drei oder vier Rennen sind aber schon die Grenze, an der das Material und auch die Leute entlastet werden müssen. Die können ja nicht über so lange Zeit Tag und Nacht durcharbeiten."

Trotz Corona: Fester Glaube an MotoGP-Saison 2020

Neben der Entscheidung über mögliche Back-to-Back-Szenarien gibt es auch genug andere Dinge, um die sich die MotoGP-Hersteller in dieser speziellen Situation kümmern müssen, wie Beirer weiter verrät. Erst einmal lobt er die Zusammenarbeit der einzelnen Parteien: "Die Gespräche liefen wirklich sehr gut. Auf der Rennstrecke bekämpfen wir uns zwar, aber diese Situation jetzt hat uns alle zusammengeschweißt. Wir sitzen alle im selben Boot und unsere Leidenschaft für den Sport ist so groß, dass wir alle bereit sind, das Maximum zu geben, damit wir überhaupt wieder fahren können."

Trotz allen guten Willens ist es aber nicht leicht, die Corona-bedingten Schwierigkeiten zu lösen. "Unser Grundproblem ist, dass zu viele Leute an einem Ort sind, wenn das gesamte Fahrerlager anwesend ist und noch die Zuschauer dazukommen", erklärt Beirer. Er hält es deshalb für so gut wie sicher, dass die ersten Rennen der MotoGP-Saison 2020 ohne Publikum ausgetragen werden. Doch da gehen die Probleme schon weiter: Der TT Circuit Assen ließ beispielsweise vor wenigen Tagen verlauten, dass man eher ein Jahr auf die Dutch TT verzichten würde, statt das Rennen vor leeren Rängen auszutragen.

Daran, dass im Jahr 2020 noch Motorradrennen gefahren werden, zweifelt Beirer aber trotzdem nicht. "Ich denke, dass wir bis August einen großen Schritt in Richtung Normalität machen werden. Es kommt dabei aber natürlich auf unser aller Verhalten", appelliert Beirer. "Wir bereiten jetzt alles vor, was wir mit dem minimalen Personal und der maximalen Sicherheit für unsere Fahrer können und dann bin ich überzeugt, dass wir in der zweiten Jahreshälfte wieder Motorradrennen fahren."

Wird KTM-Pilot Iker Lecuona 2020 in seine erste volle MotoGP-Saison starten können?, Foto: Tech3
Wird KTM-Pilot Iker Lecuona 2020 in seine erste volle MotoGP-Saison starten können?, Foto: Tech3

Beirer: Es gibt drei mögliche Szenarien

Um aus dieser Überzeugung Wirklichkeit werden zu lassen, haben die Hersteller in ihren Gesprächen drei mögliche Szenarien durchgespielt, wie Beirer verrät. Die erste Möglichkeit wäre, sich an den ursprünglichen Kalender zu halten. Dieser Weg würde zwar viel Normalität bieten, ist aber gleichzeitig auch der unrealistischste. "Keiner will mehr 100 Prozent der Rennen rausquetschen", erklärt der Deutsche. "Da würde es ja die doppelte Menge an Rennen in der Hälfte der Zeit geben. In den alten Kalender zurückzurutschen ist ziemlich unrealistisch."

Die zweite Möglichkeit wäre deshalb, Rennen ohne Zuschauer auszutragen. Egal, wo und egal, wann. "Es müsste an einem Ort sein, den man politisch gesehen und auf dem Reiseweg einfach erreichen würde", erläutert KTMs Motorsport-Direktor. "Vielleicht irgendwo, wo direkt neben der Strecke ein Flugplatz ist." Dann könnte man mit Charterflügen die Beteiligten aus allen Ländern direkt einfliegen. "So könnten wir die Sache intern abwickeln und vielleicht gleich zwei oder drei Rennen austragen", so Beirer weiter.

Aber auch diese Plan hat einige Schwachpunkte. Erst einmal ist es schwierig, einen solchen Ort zu finden und dazu kommt die Problematik der Rennen. Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta und Generaldirektor Manel Arroyo schlossen mehrere Läufe pro Wochenende vor einigen Wochen eigentlich bereits aus. Auch Beirer sieht darin keine Ideallösung: "Es bringt nichts, drei Rennläufe an drei Tagen durchzudrücken. Kein Mensch braucht drei oder vier MotoGP-Rennen hintereinander. Die Leute wollen Unterhaltung, wie sie es gewohnt sind", glaubt er.

Szenario Nummer drei würde hingegen ganz anders aussehen: "Wir würden spät in die Saison einsteigen und zwei Schauplätze haben, an denen jeweils fünf Rennen ausgetragen werden. Die Mannschaften würden dann in Quarantäne sein und zwischendurch kurz nach Hause geschickt werden. So könnte man auch spät noch eine ganze Saison durchdrücken", erläutert der Deutsche.

So würde man jedenfalls auf die von vielen Parteien im Paddock angepeilte Marke von zehn Saison-Rennen 2020 kommen. Gleichzeitig würde man zwar die Abwechslung durch viele, verschiedene Schauplätze einbüßen, aber aufgrund der aktuellen Umstände scheint dies noch das geringere Übel zu sein. "Wir sitzen alle im gleichen Boot und würden uns über eine Veranstaltung freuen, egal, wann sie kommt", schließt Beirer. "Ich glaube, dass zehn Rennen möglich sind. Aber wenn es nur fünf werden, dann nehmen wir auch fünf."