Nach außen hin war Marc Marquez in den vergangenen Wochen der gewohnt gutgelaunte Strahlemann. Trotz Erfolgen von Maverick Vinales am laufenden Band und nur Rang vier für Marquez beim Saisonauftakt in Katar gab sich der Repsol-Honda-Pilot betont cool, verwies richtigerweise darauf wie lang die Saison doch noch sei. So kalt, wie er es darstellte, scheint Marquez der Lauf von Vinales aber nicht zu lassen.

Der eindeutige Beweis dafür war sein Rennplan in den ersten Runden des Argentinien-Grand-Prix. Marquez fuhr vom Start weg wie ein Besessener, ging an der Spitze ein unglaubliches Tempo. Er jagte seine Honda um den Kurs, als wäre es das letzte Rennen des Jahres und er bräuchte einen Sieg für den Gewinn der Weltmeisterschaft. Und das erst im zweiten GP der Saison! "Marc war von der ersten Kurve an voll am Limit, er hätte da schon fast einen Highsider fabriziert", bemerkte auch Markenkollege Cal Crutchlow.

Marquez' Plan funktioniert nur drei Runden lang

Marquez' Taktik ging zunächst auf, er schraubte in nur drei Runden seinen Vorsprung auf mehr als zwei Sekunden nach oben. Im vierten Umlauf endete seine Flucht nach vorne aber im Kiesbett von Kurve zwei. Marquez hatte zu viel riskiert und war in diesem welligen Streckenabschnitt zu Boden gegangen, wie schon am Freitag im Training.

An diesem Sonntag in Argentinien war die Strategie Marquez' eindeutig die falsche. Natürlich, er ist ein Pilot, der sich in einem Rennen früh absetzen und in Führung liegend souverän das Geschehen diktieren kann. Das hat er etwa in Austin in den vergangenen Jahren immer wieder demonstriert. Dafür braucht Marquez aber gute Bedingungen und vor allem ein Motorrad, auf dem er sich rundum wohl fühlt. Beides war dieses Mal nicht gegeben. Die Strecke in Termas de Rio Hondo hatte schlechten Grip, war noch dazu deutlich welliger als in den letzten Jahren. Und die Schwierigkeiten, die nicht nur Marquez, sondern alle Honda-Piloten mit der neuen RC213V noch haben, sind allgemein bekannt.

Mentaler Trick Marquez' geht schief

Wieso also ging Marquez ein derartiges Risiko ein, wie man es sonst von ihm seit dem Vorjahr nur noch dann kennt, wenn es nicht mehr um den Gewinn der Weltmeisterschaft geht, sondern nur um einzelne Rennsiege? Die Antwort: Er wollte sein Revier in der MotoGP ganz klar abstecken. Zeigen, dass er immer noch der Herr im Haus ist, und sich nicht vom großen Aufsteiger der Saison den Rang ablaufen lässt.

Eine verständliche Überlegung, von Erfolg gekrönt war sie aber nicht. So findet sich Marquez nach zwei Saisonrennen nur auf dem achten Gesamtrang wieder, satte 37 Punkte hinter WM-Leader Vinales. Das bedeutet in jeglicher Hinsicht den schlechtesten Start für Marquez in fünf Saisons MotoGP. Der Überflieger der letzten Jahre muss seinen unbändigen Ehrgeiz schnellstmöglich wieder in den Griff bekommen und nicht schon in dieser frühen Phase der Saison Kopf und Kragen riskieren. Sonst serviert er Maverick Vinales den MotoGP-Titel 2017 auf dem Silbertablett.