Maverick Vinales steigt zum neuen Dominator der MotoGP auf. Der Katalane gewann nach dem Debüt auch sein zweites Rennen auf Yamaha - ein Kunststück, das seinerzeit nicht einmal Valentino Rossi glückte. Sein Sieg am Sonntag in Argentinien war ab Mitte des Rennens nie mehr in Gefahr und mit dem Punktemaximum von 50 Zählern hat er den Großteil seiner Rivalen bereits abgehängt. Wodurch legte Vinales seinen Grundstein zum Sieg? Und was wäre für die unzähligen Gestürzten im Ziel möglich gewesen? Der Grand Prix von Argentinien in der Analyse:

Viele Positionswechsel in der Startphase

Vinales von P6, Rossi einen Startplatz dahinter - vielversprechend sah die Ausgangslage für Yamaha unmittelbar vor Rennstart nicht aus. Doch beide Fahrer erwischten auf den Außenbahnen einen guten Start und machten jeweils drei Plätze gut.

Karel Abraham, Danilo Petrucci und Dani Pedrosa wurden in den ersten Kurven Opfer des Yamaha-Duos. Nur Pole-Mann Marc Marquez und Cal Crutchlow konnten sich in den ersten Runden vor Vinales und Rossi halten. Erst in der dritten Runde war Crutchlow fällig - das letztlich siegbringende Manöver, denn nur eine Runde später machte Marquez Vinales durch seinen Sturz zum neuen Leader.

Vinales siegt, Marquez und Lorenzo crashen: Die Highlights vom Argentinien-GP 2017 (01:36 Min.)

Im Mittelfeld gab es in der Startphase drei weitere große Gewinner: Johann Zarco (+5 Positionen in den ersten zwei Runden, +7 in den ersten vier), Andrea Dovizioso (+4 Plätze auf Lap 1) und Jonas Folger (+3 am Start). Ein Fehler in Runde 3 warf Folger allerdings von P7 auf P10 zurück und zerströrte früh seine Hoffnungen auf ein Top-5-Ergebnis.

Uhrwerk Vinales entfesselt

Erst einmal von der Leine gelassen, stellte Vinales seine Siegambitionen binnen weniger Runden auf ein solides Fundament. In den ersten beiden Runden nach dem Sturz von Marquez fuhr Crutchlow noch die schnellste Zeit im Feld und konnte leicht auf Vinales aufholen, doch ab Runde 6 machte dieser ernst.

Von Runde 6 bis 10 war Vinales fünfmal in Folge der schnellste Mann im Feld und baute seinen Vorsprung auf Crutchlow in diesem Zeitraum von 0,378 Sekunden auf 1,544 aus. Das war rund die Hälfte des finalen Siegvorsprungs. Auf Lap 12 drehte er mit 1:39,694 die schnellste Runde des Rennens.

Konstanz auf hohem Niveau - das war der Schlüssel zu Vinales' Sieg am Sonntag. Von seiner zweiten bis zu seiner vorletzten Runde lagen sämtliche Einzelzeiten innerhalb eines Fensters von nur 0,736 Sekunden. Dabei fuhr er aber 14 Mal unter 1:40. Nur sieben weitere Fahrer knackten diese Marke im Rennen überhaupt: Rossi, Crutchlow und Bautista je fünf Mal, Marquez, Zarco, Pedrosa und Dovizioso immerhin einmal. Von den zehn schnellsten Einzelrunden im gesamten Rennen fuhr Vinales fünf.

RundenzeitFahrerRunde
1:39,694 Maverick VinalesLap 12
1:39,700 Maverick VinalesLap 8
1:39,740 Dani PedrosaLap 13
1:39,751 Cal CrutchlowLap 11
1:39,795 Maverick VinalesLap 7
1:39,811 Alvaro BautistaLap 19
1:39,840 Maverick VinalesLap 13
1:39,848 Marc MarquezLap 3
1:39,849 Maverick VinalesLap 10
1:39,877 Valentino RossiLap 14

In Runde 10 zum ersten Mal über eineinhalb Sekunden voran, lag Vinales' Vorsprung im 13. Umlauf (quasi bei Halbzeit) über zwei Sekunden. Damit war der Sieg im Grunde unter Dach und Fach und bis ins Ziel geriet er nicht mehr in Gefahr.

Was wäre wenn...

Bei den vielen prominenten Ausfällen vom Sonntag, muss die Frage nach dem "Was wäre wenn...?" erlaubt sein. Jorge Lorenzo (Runde 1) und Marc Marquez (Runde 4) fielen zu früh aus, um Spekulationen zu rechtfertigen. Die Stürze von Dani Pedrosa (Runde 14), Andrea Dovizioso und Aleix Espargaro (beide Runde 15) laden aber zu Rechenspielchen ein.

Pedrosa war zum Zeitpunkt seines Ausfalls Vierter - in Runde 12 hatte er Petrucci überholt und anschließend die beiden schnellsten Runden seines Rennens gedreht. Von Lap 11 auf Lap 13 legte der Katalane um insgesamt eine halbe Sekunde zu und war unmittelbar vor seinem Ausfall sogar der schnellste Mann im gesamten Feld.

Was wäre für Pedrosa drin gewesen? Zwölf Runden waren noch zu fahren, als ihm das Vorderrad in Kurve 2 einknickte. Er lag 3,472 hinter Platz drei und hatte Rossi trotz seiner beiden persönlich schnellsten Rennrunden in zwei Umläufen nur 0,381 Sekunden abgenommen. Da Rossi seine Pace bis zum Schluss hielt, wäre für Pedrosa nach vorne nichts mehr gegangen. Ohnehin übertrieb es der Katalane mit seiner Aufholjagd, weshalb er letztlich auch wegrutschte.

Alvaro Bautista trumpft auf

Aber auch im Falle dosierten Fahrens wäre die zweite Rennhälfte für Pedrosa eine Abwehrschlacht geworden. Denn Alvaro Bautista brannte ein entfesseltes Rennen in den Asphalt. Zum Zeitpunkt von Pedrosas Ausfall lag der Spanier nur mehr 0,840 Sekunden hinter ihm, drehte aber gerade erst so richtig auf: In Runde 15 war er zum ersten Mal der schnellste Mann im gesamten Feld - was ihm auch in den letzten drei Runden gelang. Zwischen Lap 3 und dem Zieleinlauf verlor er auf Sieger Vinales nur 3,679 Sekunden und war in diesem Zeitraum sogar schneller als Cal Crutchlow, der zwischen der 3. Runde und der Zielflagge 4,066 auf Vinales verlor. Platz 4 wäre Bautista also kaum zu nehmen gewesen, auch wenn Pedrosa nicht gestürzt wäre.

Für die eine Runde später zu Boden gegangenen Andrea Dovizioso und Aleix Espargaro wäre es also auch maximal um Platz 5 gegangen. Diesen hielt am Ende Johann Zarco. Zum Zeitpunkt des gemeinsamen Sturzes lagen Espargaro und Dovizioso knapp über eineinhalb Sekunden hinter dem Franzosen. Der war zu diesem Zeitpunkt in etwa gleich schnell wie der von hinten heran brausende Espargaro. Doviziosos Zeiten ließen etwas nach, als dieser auf Petrucci auffuhr.

Dieser hatte - wie auch Zarco - den harten Hinterreifen drauf, der zu diesem Zeitpunkt schon über seinen Zenit war. Denn sowohl Petrucci als auch Zarco fuhren ihre schnellsten Rennrunden bereits auf Lap 7. Gegen Ende brachen deren Reifen komplett ein, weshalb in den letzten Umläufen nur noch 1:41er-Zeiten möglich waren. Die Fahrer auf den mittelweichen Hinterreifen (z.B. Bautista, Crutchlow, Rossi oder Vinales) verloren hingegen von Mitte des Rennens bis zum Ende nicht so signifikant an Rundenzeit.

Eineinhalb Sekunden auf Zarco aufzuholen, wäre für Espargaro und Dovizioso, die ebenfalls auf Medium-Hinterreifen unterwegs waren, wohl möglich gewesen. Insofern sie schnell an Petrucci vorbeigekommen wären, den Dovizioso letztlich ja auch für seinen Crash mit Espargaro verantwortlich machte. Dass es für die beiden Bruchpiloten wohl zu den Plätzen 6 und 7 gereicht hätte, legt auch der Umstand nahe, dass Jonas Folger (ebenfalls Medium-Hinterreifen) in den elf Runden nach deren Unfall seinen Rückstand auf Zarco von 5,5 Sekunden auf 2,7 halbierte.