Wild gestikulierend stand Jorge Lorenzo nach dem MotoGP-Qualifying auf Phillip Island neben Andrea Iannone. Die Beiden hatten sich gerade zum Übungsstart aufgestellt und Iannone Lorenzo kurz davor Platz zwei in der Startaufstellung weggeschnappt, weil er sich an dessen Hinterrad geheftet hatte und so von seinem Windschatten profitierte. Lorenzo hatte dafür kein Verständnis und war überzeugt davon, dass der zweite Startplatz im Grunde genommen ihm gehören würde.

"Meine eigentliche Position heute ist Rang zwei", stellte er wütend fest. "Für Andrea war es eine große Hilfe, an meinem Hinterrad zu hängen. Mit dem weichen Reifen konnte er dann in manchen Bereichen schneller fahren als ich. Deshalb habe ich den zweiten Platz an ihn verloren. Das hat mich ziemlich wütend gemacht." Nach der Diskussion mit Iannone beim Übungsstart nahm sich Lorenzo den Ducati-Piloten auch im Parc ferme noch einmal zur Brust.

Lorenzo ärgerte sich nicht nur, weil er statt auf Startplatz zwei nun auf P3 steht, sondern vor allem, weil der vor ihm qualifizierte Iannone seinen Rennplan völlig zerstören könnte. Lorenzo will natürlich wie gewohnt in Führung schießen und dann von dort aus das Geschehen dominieren, doch sieht den Iannone am Start als extrem gefährlich an, sogar noch mehr als Polesitter Marc Marquez. "Ich starte normalerweise besser als Marc, aber nur gleich gut oder sogar schlechter als Andrea. Das macht die erste Runde für mich natürlich viel schwieriger", grübelt Lorenzo.

Lorenzo stellt sich auf Geduldsspiel ein

Wenn Lorenzo in der Startphase hinter Iannone festhängt, könnte er sich gegen mehrere Fahrer zur Wehr setzen müssen. Darauf stellt sich der WM-Zweite bereits ein: "Ich muss dann eben geduldig bleiben und daran denken, dass das Rennen sehr lang ist. Schritt für Schritt werde ich mich an die Spitze kämpfen, wenn es nötig ist, und dort dann gegen Marc um den Sieg fighten. Das ist mein Ziel."

Geht es nach Lorenzo, sind es er und Marquez, die sich um den Sieg duellieren, Foto: Milagro
Geht es nach Lorenzo, sind es er und Marquez, die sich um den Sieg duellieren, Foto: Milagro

Für Lorenzo kann in seiner aktuellen Position auch nur der Sieg das Ziel sein, schließlich muss er in den drei verbleibenden Rennen 18 Punkte auf WM-Leader Valentino Rossi gutmachen, will er sich zum dritten Mal zum MotoGP-Champion krönen. "Es ist natürlich ein unglaublich wichtiges Rennen für mich", versucht er nicht, die Bedeutung des Australien-GPs 2015 für ihn kleinzureden. "Ich muss mich aber dennoch voll auf mich selbst konzentrieren und einfach mein Ding durchziehen."

So ganz gelingt ihm das aktuell aber noch nicht. Zu beeindruckend war anscheinend auch für ihn die Pace, die Marc Marquez in seinem Longrun im vierten Freien Training zeigte. "Marc hat sich von Freitag auf Samstag extrem gesteigert, während ich sowohl am Kurveneingang als auch am Ausgang leichte Grip-Probleme habe", musste er gestehen. "Hoffentlich finden wir bis zum Rennen noch etwas, um dann wirklich gegen Marc kämpfen zu können."

Einige Problemherde also aktuell für Lorenzo, die er tunlichst löschen sollte. Nur eine Sache bereitete ihm am Samstag etwas Freude. "Dass Vale mit der Spitze nicht mithalten konnte ist natürlich gut für mich. Das wertet meinen dritten Startplatz wieder auf", so Lorenzo mit Blick auf seinen Titelrivalen Rossi.