Jorge Lorenzo macht im Titelkampf einen schlimmen Fehler. Er lässt sich von Valentino Rossi aus der Ruhe bringen und wird nervös. Das zeigte sich auf Phillip Island schon an den ersten beiden Tagen des GP-Wochenendes.

Am Freitag hing sich Rossi in den Trainings rundenlang an das Heck seines Teamkollegen, "schnorrte" nicht nur dessen Windschatten, sondern studierte auch Lorenzos Fahrlinie auf dem anspruchsvollen Kurs auf Phillip Island millimetergenau.

Warnung vor Rossi

Lorenzos Crew sah sich deshalb sogar dazu bemüßigt, ihm diese Information (oder eher Warnung?) über das Pit Board mitzuteilen. Ein Warnzeichen mit einem Dreirad drauf und der Name Rossi wurden Lorenzo bei der Durchfahrt von Start/Ziel angezeigt, sodass der Spanier sich vielleicht doch nicht ganz in die Karten seiner perfekten Linie blicken ließ.

Am Samstag eskalierte die Situation sogar ein wenig, als sich Iannone auf der finalen Runde des Qualifyings von Lorenzos Windschatten ziehen ließ. Das Ergebnis: Beide Fahrer schrieben die exakt gleiche Zeit an und Iannone verdrängte somit Lorenzo aufgrund der besseren zweitschnellsten Rundenzeit auf den dritten Startplatz.

Aufregung über Iannone

Lorenzo brachte das so sehr in Rage, dass er sich vor den Practice Starts mit offenem Visier bei dem neben ihm wartenden Iannone lautstark beschwerte. Im Parc ferme kam es zu einem weiteren Wortgefecht und im anschließenden TV-Interview wirkte Lorenzo einmal mehr beleidigt und alles andere als ruhig.

Jorge Lorenzo ist auch auf Phillip Island ein Sieganwärter, Foto: Yamaha
Jorge Lorenzo ist auch auf Phillip Island ein Sieganwärter, Foto: Yamaha

Die Verfolgung eines Gegners und der "Windschattenklau" sind aber völlig legale Mittel, die in keinster Weise gegen irgendeinen Paragrafen des sportlichen Reglements verstoßen. Also kann Lorenzo dagegen nichts machen. Genau deshalb darf er sich durch derartige Aktionen nicht aus der Ruhe bringen lassen.

Lorenzo: Der schnellste Fahrer

Leider ist er aktuell dazu aber nicht in der Lage. Zu tief sitzt der Frust nach mehreren schlechten Rennen bei schlechten Witterungsbedingungen. In Misano forderte er gar eine Abänderung der Flag-to-Flag-Regelung, zuletzt in Motegi meinte er: "In vielen Rennen hatte ich schon Pech. Ich bin der schnellste Fahrer in diesem Jahr."

Mit dieser Aussage hat Lorenzo ja Recht! Aber nicht immer wird der Schnellste auch automatisch Weltmeister. Rossi kann davon selbst ein Lied singen, als er sich 2006 Nicky Hayden, der nur zwei (!) Saisonsiege gefeiert hatte, geschlagen geben musste. Hin und wieder triumphiert also tiefenentspanntes Sammeln von soliden Platzierungen über heißsporniges Siegfahren.

Lorenzo muss sich auf sich selbst konzentrieren und darf sich nicht von irgendwelchen äußeren Umständen ablenken lassen, die er ohnehin nicht ändern kann. In der Ruhe liegt die Kraft. Nur so hat Lorenzo noch eine Chance im Titelkampf.