Aktuell bestreitet Jack Miller in Malaysia seinen zweiten MotoGP-Test nach den drei Tagen in Valencia direkt nach dem Saisonfinale. Erstmals ist er auf dem neuen Production Racer von Honda für 2015 unterwegs und erhält auch nach und nach alle elektronischen Hilfsmittel. Diese Faktoren in Kombination mit der sehr weiten Strecke in Sepang lassen Miller auf einem MotoGP-Bike erstmals richtig ans Limit gehen.

An seine Grenzen kommt der LCR-Honda-Pilot derzeit aber nicht nur fahrerisch, sondern auch körperlich. Die Unterschiede zwischen einem Moto3-Bike und einer MotoGP-Maschine sind gewaltig. Während die Motorräder in der kleinsten Klasse der Weltmeisterschaft zusammen mit dem Piloten nicht einmal 150 Kilogramm auf die Waage bringen müssen, liegt das Mindestgewicht in der MotoGP bei 160 Kilogramm - ohne Fahrer! Darüber hinaus verzögern die Carbonbremsen eines MotoGP-Bikes um ein vielfaches stärker als die Stahlscheiben an einer Moto3-Maschine. Gewaltig ist natürlich auch der Unterschied in Sachen Motorleistung: 60 Pferdestärken leistete Millers Moto3-KTM in diesem Jahr etwa, die Honda RCV1000R rund 200 mehr.

Intensives Motocrosstraining bringt Miller einen Startvorteil, Foto: LCR Honda
Intensives Motocrosstraining bringt Miller einen Startvorteil, Foto: LCR Honda

Der Australier war für einen Moto3-Piloten in guter Form, doch sein neuer Teamchef Lucio Cecchinello erkannte den Handlungsbedarf für die MotoGP und schickte ihn in ein Sportleistungszentrum in Barcelona, wo er eine Reihe physischer Tests durchlaufen musste, um seinen exakten körperlichen Zustand festzustellen.

Die Ergebnisse brachten zumindest eine kleine, positive Überraschung. "Er ist in besserer Form, als er selbst gedacht hat", verrät Cecchinello auf der offiziellen Seite der MotoGP. "Jack fährt viel Motocross - drei bis vier Mal die Woche. Das hat bei der Entwicklung seines Muskelapparats sehr geholfen, vor allem in seinen Armen. Es ist besonders wichtig, dort Krämpfe zu vermeiden. Das ist meist eines der ersten Symptome bei Fahrern, die neu in die Königsklasse kommen."

Vier Monate bleiben

Trotz der erfreulichen Neuigkeiten gibt es wie erwartet auch noch Aufholbedarf für Miller: "Er muss noch gezielt an seiner Nackenmuskulatur und an seinem Trizeps arbeiten. Diese beiden Muskelpartien sind entscheidend, um ein MotoGP-Bike wirklich gut fahren zu können. Im Moment befinden wir uns aber im Plansoll und sind überzeugt, dass Jack beim ersten Rennen in perfekter körperlicher Verfassung sein wird." Noch in dieser Woche muss sich der 19-Jährige einer Operation unterziehen, bei der Schrauben aus seiner rechten Schulter entfernt werden. Dann bleiben Miller noch ziemlich genau vier Monate bis zum Saisonauftakt in Katar am 29. März.

Nakamoto wagt mit Miller ein gewagtes Experiment, Foto: LCR Honda
Nakamoto wagt mit Miller ein gewagtes Experiment, Foto: LCR Honda

Während Cecchinello also voll des Lobes für seinen Schützling ist, äußerte Shuhei Nakamoto, der als HRC-Vizepräsident maßgeblich am Sensationstransfer Millers beteiligt war, nun bei MCN erstmals leise Bedenken über die Richtigkeit seiner Entscheidung: "Es war entweder eine sehr dumme oder eine sehr coole Idee. Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, ob der Sprung von der Moto3 in die MotoGP vielleicht nicht doch zu groß ist. Ich denke viel nach und mache mir auch eine Menge Sorgen. Ich bin aber verrückt genug, um das zu probieren und habe eigentlich ein gutes Gefühl bei Jack."

Am Donnerstag schraubte Miller seine Bestzeit vom ersten Testtag bereits um mehr als zwei Sekunden auf 2:03.Minuten herunter und drehte 48 Runden - neun Umläufe mehr als am Mittwoch. Richtig ernst wird es für den Rookie am Freitag, wo für ihn erstmals längere Runs auf dem Programm stehen. "Da werden wir ja sehen, wie gut meine physische Verfassung ist", meint er gewohnt locker.