1. Warum war das Rennen so langweilig?
Die ersten sechs kamen in der Reihenfolge ins Ziel, in der sie in den Japan GP gestartet waren. In den Top-10 gab es nur den Platztausch zwischen Lewis Hamilton und Isack Hadjar. Dieses Rennen in Suzuka war ein Großer Preis von Monaco - zumindest, was die Prozession anging. Dabei startete das schnellste Auto nicht von der Pole. Was war los? Überholen in Suzuka ist traditionell schwer. In diesem Jahr ganz besonders, weil die Autos so schnell wie noch nie waren. Die Pole-Runde von Max Verstappen war Streckenrekord. Dirty Air ist längst zurück in der Formel 1.
Dazu sorgte der neue Asphalt im ersten Sektor dafür, dass der Reifenabbau gegen null ging. Dadurch war es ein klares Einstopp-Rennen, bei dem keine großen Reifen-Offsets entstanden. Außerdem liegt das gesamte Feld inzwischen so dicht zusammen, dass es die großen Performance-Unterschiede, die es für Überholmanöver braucht, kaum gibt.
Und schließlich spielte auch der Wettergott eine entscheidende Rolle. Regen vor dem Rennen und die dichte Wolkendecke sorgten für niedrige Asphalttemperaturen. Die Temperatur sank im Vergleich zum Qualifying von rund 40 auf 20 Grad. Dadurch war der Reifenabbau noch einmal deutlich niedriger und die Unterschiede zwischen den Autos, die sich normalerweise im Renntrimm auftun, kamen nicht zum Tragen.
2. Warum bekam Norris keine alternative Strategie?
Wenn man schon auf der Strecke nicht überholen konnte, warum holte McLaren Lando Norris dann direkt hinter Max Verstappen an die Box? Hätte man es nicht mit einem Over- oder Undercut probieren sollen? Beim Overcut hatte McLaren Angst, dabei Track-Position gegen die Konkurrenz zu verlieren. Schließlich fuhren Charles Leclerc und George Russell im ersten Stint nicht weit hinter dem Spitzen-Trio. Mit dem minimalen Reifen-Offset wäre man dann nicht nur hinter Verstappen versauert, sondern auch noch hinter Leclerc und Russell.
Gegen den Undercut sprachen laut Teamchef Andreas Stella mehrere Gründe. Einerseits Oscar Piastri. Man wollte ihn vor Norris holen, um nicht den Undercut von Russell zu kassieren, der schon zuvor in der Box war. Die Angst war nicht berechtigt, weil Leclerc zwei Runden nach Russell kam und noch immer vorne blieb. Hätte man Norris noch früher geholt, wäre er im Verkehr gelandet. Und außerdem hatte man Angst vor einem Safety Car. Dann hätte Norris gleich mehrere Positionen verloren.
3. Warum tauschte McLaren nicht Positionen?
Am Ende des Rennens schien Oscar Piastri auf Rang drei der schnellere der beiden McLaren-Piloten gewesen zu sein. Weil Norris keine Anstalten macht, Verstappen anzugreifen, stellte sich schnell die Frage, warum McLaren die Positionen nicht tauschte. Hätte Piastri keinen Weg an Verstappen vorbeigefunden, hätte man in der letzten Runde wieder zurücktauschen können. Piastri deutete am Funk den Wunsch zumindest zwischen den Zeilen an.
"Ich weiß nicht, ob Oscar wirklich schneller war als Lando", versuchte Teamchef Stella zu beruhigen. Tatsächlich steht McLaren in solchen Situationen vor einem Dilemma: Aus Team-Sicht müsste man versuchen, Verstappen so zu schlagen. Allerdings würde man dann in die Fahrer-WM eingreifen. Piastri und Norris sind neben Verstappen die Top-Favoriten im Titelrennen.
4. Wofür wurde Carlos Sainz bestraft?
10.000 Euro durfte Carlos Sainz blechen, weil er wenige Sekunden zu spät zur Nationalhymne vor dem Rennen erschien. Die Stewards griffen so hart durch, weil es über den Winter eine Verschärfung der Verhaltensregeln von der FIA gab - dazu zählt nicht nur das Fluchen. Für die Verspätung hätte Sainz sogar eine Strafe in Höhe von 60.000 Euro kassieren können. Die Stewards ließen mildernde Umstände gelten, weil Sainz Magenbeschwerden hatte und noch medikamentös von seinem Arzt behandelt wurde.
5. Welche Rekorde holte Antonelli?
Andrea Kimi Antonelli fuhr in Suzuka ein starkes Rennen. Der Mercedes-Rookie fuhr direkt hinter Teamkollege George Russell auf Rang sechs ins Ziel. Das Ergebnis klingt unspektakulär, sein Rennen aber war gut. Durch einen späten Boxenstopp sammelte er seine ersten Führungsrunden in der Formel 1. Damit war er der jüngste Pilot, der je einen Grand Prix anführte. Den Rekord entriss er Max Verstappen. Allerdings gewann der Niederländer das Rennen, das er anführte später auch und krönte sich so zum jüngsten Sieger der Geschichte.
Das kann Antonelli nun nicht mehr schaffen. Verstappen war beim Spanien GP 2016 18 Jahre und 228 Tage jung. Bis zum Bahrain GP überschreitet der Mercedes-Pilot diese Marke. Sein Trostpreis: Die Schnellste Runde beim Japan GP. Damit ist er der jüngste Fahrer, dem dieses Kunststück gelang.
6. Warum waren die Red-Bull-Stopps so langsam?
Der Japan GP hatte genau eine strittige Szene, als Norris und Verstappen fast nebeneinander aus der Box fuhren. Aber wie konnte Norris in der Boxengasse überhaupt so viel Zeit gutmachen, dass er fast neben Verstappen rauskam? Das lag an einem langsamen Boxenstopp für Verstappen. Während McLaren Norris in 2,37 Sekunden (Rang 4 im DHL Pitstop Award) abfertigte, brauchte Red Bull bei Verstappen 3,32 Sekunden (Rang 17). Dabei ist Red Bull amtierender Champion und Rekordsieger beim DHL Pitstop Award.
"Unsere beiden Nummer-1-Mechaniker auf dem Auto sind Zwillinge. Leider ging es ihrem Vater nicht gut und sie sind zurück in das Vereinigte Königreich gereist", erklärte Teamchef Christian Horner. Mit der Ersatz-Crew ging der Reifenwechsel nicht ganz so schnell wie üblich.
7. Was war bei Hamilton los?
Nach seinem Sprint-Sieg in China erlebte Lewis Hamilton in Suzuka ein schwieriges Wochenende. Weder im Qualifying, noch im Rennen konnte er ansatzweise mit Ferrari-Teamkollege Charles Leclerc mithalten. Während Leclerc mit 16 Sekunden Rückstand immerhin Vierter wurde, landete Hamilton mit 29 Sekunden Rückstand auf Rang sieben.
Einerseits war der Brite mit seiner Strategie nicht zufrieden. Er fuhr im Gegensatz zu den meisten anderen Piloten mit Hard los und wechselte auf Medium. Die restlichen Piloten in den Top-10 machten es umgekehrt. Tatsächlich dürfte die Strategie aber eher geholfen haben, um an Isack Hadjar vorbeizugehen.
Hamilton liefert noch eine Erklärung, die in Maranello für Diskussionsstoff sorgen dürfte. "Ich hoffe wirklich, dass wir im nächsten Rennen ein paar positive Veränderungen sehen werden. In den ersten drei Rennen gab es ein kleines Defizit zwischen beiden Seiten der Garage bei einem Element des Autos. Auf meiner Seite hat etwas schwächer performt. Es ist gut zu wissen, dass ich mit dem, was ich hatte, die bestmögliche Performance gezeigt habe", gab sich Hamilton kryptisch.
8. Wieso wurde Lance Stroll überrundet?
Das ganze Feld lag das gesamte Rennen über eng zusammen. Obwohl es keine Unterbrechungen gab wurde nur ein Pilot überrundet: Lance Stroll. Vom letzten Startplatz aus setzte Aston Martin bei ihm auf Risiko und startete auf Soft. Nach lediglich neun Runden kam er schon zum Boxenstopp. Dadurch fuhr er als einziger Fahrer auf einer Zweistopp-Strategie. Wie es besser geht, zeigte Jack Doohan. Auch er startete auf Soft, hielt aber bis Runde 15 durch. Der Alpine-Pilot kam von Startplatz 18 mit der Strategie auf Platz 15 nach vorne.
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