Die Formel-1-Testfahrten nach dem Ende der Saison in Abu Dhabi sind für die meisten Fans und auch für die meisten, die im F1-Paddock beschäftigt sind, nicht mehr als eine Randnotiz direkt vor dem Beginn der Winterpause. Doch für manche Piloten sind die Tests das Highlight ihrer Saison. Die Rede ist natürlich nicht von den Stammfahrern, sondern von Junioren und Testfahrern, die eine seltene Gelegenheit bekommen, in einem aktuellen Formel-1-Boliden Platz nehmen zu können.

Einer jener Junioren, die in diesem Jahr in Abu Dhabi zum Einsatz kamen, ist Paul Aron. Der Este wurde am 30. November von Alpine als Ersatzfahrer unter Vertrag genommen und übernimmt damit den Platz von Jack Doohan, der zum Stammfahrer befördert wurde. Aron landete in der vergangenen Saison auf dem dritten Rang der F2-Meisterschaft und nahm nebenbei auch noch als Ersatz für Sebastien Buemi an zwei Formel-E-Rennen in Berlin teil.

Der ehemalige Mercedes-Junior kann nach seinen 121 Runden beim F1-Test auf dem Yas Marina Circuit also einen qualifizierten Vergleich zwischen den beiden Rennserien anstellen. Physisch ergibt sich dieser natürlich von selbst. Obwohl Aron selbst angab mit den hohen Fliehkräften im Alpine A524 überraschend gut zurechtgekommen zu sein, ist ein F1-Auto körperlich natürlich um vieles fordernder als F2-Boliden oder die Formelwagen in der Elektroserie.

Einen anderen Faktor hob er allerdings interessiert hervor: Die Lenkrad-Einstellungen und sonstigen Bedienungen aus dem Cockpit. Diese seien in der Königsklasse wesentlich ausgereifter installiert als in der Formel E. "Ich bin dieses Jahr Rennen in der Formel E gefahren und dort gibt es auch viele Systeme und Knöpfe. Aber ich würde sagen, dass diese für mich viel weniger Sinn gemacht haben als hier", so Aron.

Paul Aron: So fand sich der Rookie beim Formel-1-Test zurecht.

"Alles, was ich hier getan habe, hat sich natürlich angefühlt, also ist es mir nicht schwer gefallen" stellte er fest. "Ich hatte nie das Gefühl, dass mich etwas mental einschränkt." Damit spielt er vor allem die Positionierung der Knöpfe und der sonstigen Bedienungselemente an. "Das Lenkrad ist durchdacht und effizient gebaut, sodass alle Knöpfe an einem natürlichen und logischen Platz sind und immer, wenn ich etwas tun oder suchen sollte, habe ich es sofort gefunden", erklärte Aron.

"Es gab nie irgendwie Verwirrung und sogar während der Push-Runden war ich in der Lage alle Schalter und Änderungen vorzunehmen, ohne dass ich langsamer werden musste. Also war ich in dieser Hinsicht recht zufrieden", führte Aron aus. Mit den Fahrzeug-Anpassungen aus dem Cockpit, etwa an der Bremsbalance und dem Differential hatte er sich früh angefreundet. "Ich habe ziemlich schnell angefangen, damit herumzuspielen", sagte Aron.

"In der Formel 2 oder in anderen Nachwuchsserien, wenn man das Gefühl hat, dass das Auto einen irgendwo einschränkt, dann kann man nichts machen und muss damit leben. Hier hingegen, kann man umgehend einen Schalter umlegen oder einen Knopf drücken und sich damit behelfen. Je mehr Knöpfe ich habe, um mir zu helfen, desto glücklicher bin ich." Aron landete beim Test in Abu Dhabi auf der neunten Position und blieb dabei nur wenige Tausendstel hinter Doohan. Aber Zeiten sind bei Testfahrten ja sowieso nebensächlich.

Wann fährt der Alpine-Ersatz sein erstes Formel-1-Training?

Es wird allerdings einiges an Zeit dauern, ehe Aron wieder in den Genuss kommt, ein Formel-1-Auto zu fahren. Und das liegt nicht nur an der Winterpause. Für den 20-Jährigen aus Tallinn geht es 2025 auf die Ersatzbank bei Alpine. In seiner Rolle als Reservepilot sitzt er aber immerhin in der Pole Position für FP1-Einsätze im kommenden Jahr. Zur Erinnerung: War es bis 2024 nur eine Session, die ein Fahrer pro Saison für einen Nachwuchs-Piloten Platz machen musste, sind es ab nächstes Jahr deren zwei. Also insgesamt vier FP1-Gelegenheiten pro Team für einen Junior.

Abgesehen davon sind die Test-Gelegenheiten in der Königsklasse bekanntermaßen ziemlich begrenzt. Ob Aron - wie vor ihm Doohan und vor allem Piastri - für Alpine TPC-Tests, also Tests in mindestens zwei Jahre alten Formel-1-Autos, fahren wird, ist nicht bekannt. Ab der kommenden Saison sind diese erstmals begrenzt. 20 Tage dürfen pro Jahr maximal für TPCs verwendet werden, in der Vergangenheit gab es dahingehend kein Limit.