Fehlstart. Rasen in der Boxengasse. Keine Punkte und ein Reifenschaden. Lewis Hamilton hatte in Katar ein schweres Formel-1-Wochenende zu verzeichnen. Obendrein war Teamkollege George Russell vom ersten Training an außer Reichweite. Befindet sich der Co-Rekordweltmeister auf dem absteigenden Ast?

Nach Strafen-Fiasko: Hat Lewis Hamilton seinen Zenit überschritten?

"Er war etwas derangiert oder nicht wirklich konzentriert", glaubt unser Formel-1-Experte Christian Danner und gibt zu verstehen: "Das mit dem Start war echt blöd." Hamilton fuhr zu früh los, bemerkte seinen Fehlstart und zog daraufhin die Kupplung, wodurch er an Schwung und gleichsam an Positionen verlor. Eine Fünf-Sekunden-Zeitstrafe folgte.

"Mir hat nicht gefallen, dass er auch noch rumlamentiert hat und dass man gesagt hat, er hat eigentlich nur einen Nachteil gehabt." Das Urteil unseres Experten: "Fehlstart ist und bleibt Fehlstart. Deswegen war die Strafe berechtigt!"

Damit aber noch nicht genug. In Runde 34 des Grand Prix erlitt Hamilton einen Reifenschaden, in einer späteren Safety-Car-Phase übertrat er die maximal zugelassene Geschwindigkeit in der Boxengasse. Spätestens nach der danach ausgesprochenen Durchfahrtstrafe rückten jegliche Chancen auf WM-Punkte in weite Ferne.

"Dass er in der Boxengasse 12 km/h zu schnell fährt, zeigt halt schon, dass er da einfach nicht richtig bei der Sache war", schließt der ehemalige F1-Fahrer. Eine mögliche Ursache für die uncharakteristischen Fauxpas: "Bei so einem großen Fahrer tue ich mich immer schwer, so kritisch zu sein, aber Lewis braucht so ein bisschen Selbstbeweihräucherung", glaubt Danner. "Und das hat nicht so richtig geklappt und deswegen haben sich Flüchtigkeitsfehler eingeschlichen."

Danners Vermutung: "Für mich hat Lewis ein bisschen den ‚End of Season, End of Contract'-Frust. Es sollte ihm zu denken geben und er sollte sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen, denn er hat noch viel vor sich."

Neustart bei Ferrari oder zu starke Probleme mit Ground-Effect-Autos?

2025 trennen sich die Wege von Lewis Hamilton und Mercedes, der erfolgreichsten Fahrer-/ Teampaarung in der bisherigen Formel-1-Geschichte. Den siebenmaligen Weltmeister zieht es zu Ferrari. Kann Hamilton in Maranello zu alten Höhen zurückfinden?

"Der Tapetenwechsel ist bei ihm mit Sicherheit entscheidend", schätzt Christian Danner. "Ich bin mir sicher, Lewis wird sich bei Ferrari gut zurechtfinden, wird sich gut einschießen und wird schon irgendwie klarkommen." Eine kleine Fußnote merkt er aber dennoch an: "Ob das wieder eine dominante Phase wird, so wie bei Mercedes, das bezweifle ich."

Lewis Hamiltons Zeit vorbei? Danner: Hätte ihn nicht geholt! (06:38 Min.)

Seit den Regeländerungen 2022, bei denen der sogenannte ‚Ground-Effect' ein Comeback feierte, konnte Hamilton eine solche Dominanz nicht mehr wiederholen. Bis 2024 blieb er ohne Sieg, oft lag er gegenüber seinem Teamkollegen George Russell im Hintertreffen. Im Qualifying-Duell hatte der Co-Rekordweltmeister in dieser Saison mit 5:18 das Nachsehen.

Einerseits war Mercedes nicht mehr so konkurrenzfähig wie zuvor, doch könnten die neuen Boliden andererseits ihren Teil dazu beigetragen haben, dass sich bei Hamilton des Öfteren schwierige Wochenenden eingeschlichen haben?

"Er konnte auf jeden Fall nicht so adaptieren, dass es gepasst hat", glaubt unser F1-Experte. "Er hat für sich nicht die richtige Richtung gefunden, wie er das Auto einstellen muss oder kann."

Keine Seltenheit in der Formel 1, macht Christian Danner anhand eines ähnlichen Falls deutlich: "[Sebastian] Vettel war mit dem angeblasenen Diffusor auch viel besser als er dann mit dem Turbomotor war", erinnert er sich. "Das gibt es immer wieder, dass man in einer bestimmten Ära mit seinem eigenen Fahrstil optimal klarkommt."

Unter den richtigen Bedingungen sei Lewis Hamilton aber nach wie vor bei der Musik dabei: "Sobald das Ding läuft, ist er genauso schnell wie alle anderen oder auch schneller als Russell. Aber das [Setup] so hinzukriegen, da tappt er oft im Dunkeln", weiß der Ex-F1-Pilot.

Ein Umstand, den er in früheren Zeiten besser kaschieren konnte: "Nico Rosberg [Hamiltons Teamkollege von 2013 bis 2016, d. Red.] hat immer wieder mal erzählt: ‚Er verbaut sich schon oft, was sein Setup angeht, aber dann, bedauerlicherweise, nimmt er einfach meins und dann ist er wieder gut oder sogar schneller als ich'", berichtet Danner. "Das klappt in dieser Konfiguration anscheinend nicht so richtig."

Dennoch ist für ihn klar: "Es ist nicht okay, ihn als One-Trick-Pony zu bezeichnen, aber wenn man sieht, in welcher Form sich ein [Fernando] Alonso auf verschiedene Dinge einstellen kann, sieht man, was geht."

Nicht nur bei Lewis Hamilton herrschte in Katar das reine (Strafen)-Chaos. Viele Entscheidungen des neuen Rennleiters und der Stewards sorgten nach dem Katar-GP für hitzige Diskussionen. Wie Christian Danner diese Umstände einordnet, erfahrt ihr in der neuesten Ausgabe des AvD Motorsport-Magazins. Gleich hier anschauen:

Verstappen vs. Russell - Danner: Die geben sich 2025 Saures! (30:13 Min.)