Jack Doohan kommt an diesem Wochenende etwas überraschend zu seinem Formel-1-Debüt. Der Australier hätte eigentlich erst ab der Formel-1-Saison 2025 das zweite Cockpit bei Alpine übernehmen sollen, doch das französische Team entschied sich dafür, Esteban Ocon bereits vorzeitig aus dem Vertrag zu entlassen und gibt Doohan somit bereits beim Finalrennen 2024 seine erste Chance auf einen Grand-Prix-Start.
Doohan erfuhr erst am Sonntagabend gemeinsam mit dem Rest der Formel-1-Welt von seinem Glück. "Ich hätte an diesem Wochenende sowieso das FP1 bestritten. FP2, FP3 und alles danach sind jetzt ein neues Territorium für mich", sagte der Sohn von Motorrad-Legende Mick Doohan.
Doohan-Debüt beim Finale: Bis zu 20 Millionen Euro stehen auf dem Spiel
Für Doohan sind es ungewöhnliche Umstände, unter denen er sein Debüt feiert. Denn direkt bei seinem ersten Einsatz bestreitet das Team das womöglich wichtigste Wochenende der Saison. Alpine befindet sich mitten im Kampf um Platz 6 in der Konstrukteurs-WM. Nachdem man in zwei der letzten drei Rennen eine ungeahnte Punkteflut eingesammelt hatte, halten die Franzosen die Favoritenrolle und müssen einen Vorsprung von fünf Punkten auf Haas verteidigen.
Formel 1 Tabelle: F1 WM Stand 2024
In der Team-Tabelle der Formel 1 geht es im Kampf um jede Position um viele Millionen Euro. Für Alpine ist rechnerisch vor dem Final-Wochenende zwischen P6 und P8 noch alles drin, was einen Unterschied von etwa 20 Millionen Euro bedeuten könnte. Der Einsatz von Doohan anstelle von Ocon ist also eine teure Wette auf einen Rookie und gegen einen Grand-Prix-Sieger.
Jack Doohan: Kann mit Druck umgehen
Von den Gedanken daran will sich der bisherige Test- und Ersatzfahrer des Rennstalles nicht irritieren lassen. Vielmehr blickt er mit Vorfreude darauf: "Es ist für mich eine ziemlich coole Situation, in die ich direkt hineingeworfen werde. Es ist eine großartige Position, um sein Debüt zu feiern." Mit dem Druck könne er umgehen, ist sich Doohan sicher: "Ich erlebte schon eine Reihe an Situationen, wo der Druck hoch war, ob es nun um P6 geht oder um eine Meisterschaft oder um den ersten Rennsieg. Der Druck, zu performen, vermittelt immer ein ähnliches Gefühl. Ich befand mich also schon in solchen Situationen."
Das Ziel lautet demnach, das Team bestmöglich im Kampf um P6 in der Team-Meisterschaft zu unterstützen. Persönlich sieht er den Abu-Dhabi-GP aber als perfekte Chance, sich für das kommende Jahr einzuschießen und mit allen Umständen vertraut zu machen: "Es ist eine großartige Gelegenheit, alles durchzugehen und zu üben: Die Fahrerparade, die ich noch nie gemacht habe, die Runden zur Startaufstellung, die ich in den Junior-Kategorien noch nie gemacht habe. Mit all diesen kleinen Dingen, die für mich Neuland sind, muss ich mich jetzt vor dem nächsten Jahr vertraut machen."
Abu Dhabi als Testlauf für 2025: Muss sich Doohan Sorgen machen?
Mit Formel-1-Autos an sich ist er schon ausreichend vertraut. Doohan war seit 2023 Reservefahrer bei Alpine und zuvor Juniorfahrer bei dem Team der Renault-Marke. Seit 2022 absolvierte er jeweils die im Reglement vorgeschriebenen beiden FP1-Einsätze für das Team und startete zweimal bei den Post-Season-Tests in Abu Dhabi. Gleichzeitig war er in der laufenden Saison auch zehnmal bei TPC-Tests im Einsatz, fuhr also regelmäßig zwei Jahre alte F1-Boliden.
Doch auf viele Eventualitäten eines Rennwochenendes kann sich ein Fahrer bei Tests nicht vorbereiten. Deshalb drückte der Teamkollege von Pierre Gasly vor seinem Formel-1-Debüt noch ein bisschen die Schulbank und versuchte das sportliche Reglement zu lernen. "Es ist ein ganz anderer Aspekt, wenn man an einem Rennwochenende testet und sich nicht den Asphalt mit 19 anderen Autos im Qualifying teilt."
"Ich habe in dieser Woche mein Wissen über eine Dinge in Bezug auf das sportliche Reglement nachgebessert, um sicherzustellen, dass ich mich nicht in unangenehme Situationen bringe", erklärte Doohan. Ob fünf Tage reichen, um alle Paragraphen des 107-seitigen Regelwerks zu kennen, ist eine andere Frage. Wie der abgebrochene Start in Brasilien zeigte, sind manchmal auch Stammfahrer mit ihren Regelkenntnissen überfordert. Doch zumindest die wichtigsten Regeln will sich Doohan noch gut anschauen.
Obwohl Doohan von der Vorbereitung auf das kommende Jahr spricht, und keinen Druck verspüren will, stehen die Vorzeichen an diesem Wochenende doch etwas komplizierter. Denn im Formel-1-Paddock wird das ungewöhnliche Debüt von Doohan mit möglichen Überlegungen der Teamführung rund um Flavio Briatore in Verbindung gebracht, den langjährigen Junior auf seine F1-Tauglichkeit auszutesten. So soll Alpine auch schon ein Auge auf Williams-Fahrer Franco Colapinto geworfen haben, um Doohan potenziell noch vor dessen Vertragsbeginn zu ersetzen.
Es wäre nicht der einzige F1-Vertrag für 2025, dessen Erfüllung fraglich ist. Die Fragezeichen rund um einen Verbleib von Sergio Perez sind noch viel größer.
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