Nach einem Doppelsieg im Katar-Sprint schien McLaren in Richtung des ersten Konstrukteurstitels in der Formel 1 seit 26 Jahren zu marschieren. Im Qualifying gab es dann aber 'nur' die zweite Startreihe. Und dennoch war es kein schlechtes Ergebnis, denn sie wurden von den 'Richtigen' geschlagen. Der Blick zu Titelrivale Ferrari geht nach hinten. Der Rennfahrerseele tat die Quali-Niederlage dennoch weh.

McLaren-Fahrer konsterniert: Alles rausgeholt und nicht vorne

"Ich war zufrieden mit meiner Runde. Ich glaube nicht, dass ich da viel liegengelassen habe. Wir waren einfach nicht schnell genug, um mitzukämpfen. Drei Zehntel hinten zu sein, ist schon ein wenig enttäuschend", gab sich Oscar Piastri nach Startplatz Vier etwas konsterniert. Den Kampf um die Pole-Position machten Max Verstappen und George Russell unter sich aus. Besonders dem Weltmeister gelang dabei eine bemerkenswerte Trendwende nach einem desaströsen Auftritt im Sprint. Mehr dazu hier:

Bei Lando Norris lief es zunächst noch deutlich schlechter als beim Teamkollegen. "Ich habe nur einen Fehler bei meinem ersten Versuch gemacht. Ich habe einfach ein Rad in den Kies gesetzt. Das war der erste Fehler des gesamten Qualifyings und des gesamten Wochenendes bisher. Irgendwann musste mir das passieren, aber es war nicht ideal. Dann gab es ein bisschen Verkehr, keinen Verkehr, sondern nur ein bisschen verwirbelte Luft, und das hat meinen ersten Versuch zunichte gemacht. Also habe ich einen Rückzieher gemacht und den letzten Versuch noch einmal gestartet", erklärte er den Beginn eines wilden Q3s.

Damit sorgte er nicht gerade für Beruhigung bei seinem Boss. "Ich denke, dass Lando und Oscar eigentlich einen guten Job gemacht haben, die Plätze Drei und Vier zu sichern. Zu einem Zeitpunkt im Q3 waren es Platz sieben und Platz zehn. Da waren wir etwas nervös, aber sie blieben ruhig. Sie haben abgeliefert, als es darauf ankam", war Teamchef Andrea Stella nach aufreibenden Minuten erleichtert. Diesem doch recht positiven Fazit konnte sich dann auch Norris noch halbwegs anschließen: "Ich bin ehrlich gesagt ziemlich zufrieden. Ich denke, meine Runde war gut. Was das Ergebnis angeht, bin ich natürlich nicht sehr glücklich, aber ich habe das Gefühl, dass ich alles herausgeholt habe."

Qualifying Top-3 mit George Russell (Mercedes), Polesetter Max Verstappen (Red Bull) und Lando Norris (McLaren)
Lando Norris musste sich Verstappen und Russell geschlagen geben, Foto: LAT Images

McLaren doch nicht der Katar-Primus? Norris und Stella verraten entscheidende Faktoren

Doch warum war der McLaren nur mehr gut, aber nicht das beste Auto wie noch in den Sprint-Sessions? Für das Kurzrennen hatte Norris eine Erklärung: "Ich denke, die saubere Luft, die ich heute [als Führender im Sprint, Anm. d. Red.] hatte, ließ uns wahrscheinlich etwas besser aussehen, als wir waren. Ich glaube nicht, dass wir an diesem Wochenende unbedingt die Schnellsten waren. Das war Mercedes." Tatsächlich schien George Russell schneller gewesen zu sein. Doch Norris schenkte Teamkollege Piastri stets DRS zur Verteidigung, und am Ende sogar den Sieg:

Doch das erklärt nicht den leichten Abfall in der Leistung über eine Runde im Qualifying. Stella machte die Bedingungen als entscheidenden Faktor aus: "Es war etwas windiger als im Sprint-Qualifying. Das hat dafür gesorgt, dass unser Auto schwieriger zu fahren war als gestern. Als gestern der Wind aufhörte, wurde das Auto sehr vorhersehbar. Da konnten unsere Fahrer wirklich attackieren. Heute ging es ehrlicherweise mehr ums Verteidigen und darum, vorsichtig zu sein. Jedes Mal, wenn wir für die beste Pace attackierten, kamen Probleme auf." Dies führte zum Fehler von Norris und auch Piastri leistete sich Ausrutscher in Q1 und Q2. Der MCL38 ist ein windanfälliges Auto.

Wen kümmert Ferrari? Der Sieg ist das Ziel

Nun haben wir noch kein Wort über die eigentlichen Gegner verloren: Ferrari. Doch das tat bei McLaren auch niemand so wirklich. Über Rechenspiele zu einem möglichen Titelgewinn am Sonntag wolle sich im Team kaum jemand Gedanken machen, so Piastri. Der Australier stellte seine einfache Rechnung auf: "Das Rennen zu gewinnen wäre der beste Weg, Ferrari im Zaum zu halten." Beim Blick auf den Sieg sind die Gegner aber wohl andere: "Ich erwarte, dass Russell schnell sein wird. Bei Max werden wir sehen, aber ich wäre überrascht, wenn er morgen nicht schnell wäre."

Ferrari hingegen startet von Fünf (Leclerc) und Sieben (Sainz). Daher interessierte sich auch Lando Norris nicht für sie. Er blickt nach vorne, aber mit Respekt: "Ich erwarte einen harten Fight und bin gespannt, was wir erreichen können. Ich möchte den Jungs vor uns morgen einen kleinen Kampf liefern und natürlich nach vorne fahren. Unser Ziel ist es das Rennen zu gewinnen, aber diese beiden Jungs werden mir das Leben morgen wahrscheinlich ziemlich schwer machen." Nur vor Ferrari zu bleiben, ist dem Ehrgeiz eines Rennfahrers wohl zuwider.

So wird McLaren im Katar GP vorzeitig Formel-1-Weltmeister

Da McLaren selbst nicht will, machen wir eben zum Schluss die kurze Mathestunde. Die Rechnung für einen vorzeitigen Gewinn der Konstrukteurs-WM im Grand Prix in Katar gibt es in zweifacher Ausführung. 30 Punkte Vorsprung hat McLaren derzeit. Diesen müssen sie ausbauen. Sollte Woking das Rennen gewinnen, so reichen ihnen 44 Zähler Vorsprung. Ferrari könnte dann zwar noch in Abu Dhabi nach Punkten und Siegen gleichziehen, doch nach zweiten Plätzen wäre das britische Traditionsteam sicher vorn. Gewinnt McLaren das Rennen nicht, so brauchen sie 45 Punkte Vorsprung. Je nachdem müssen sie also 14 oder 15 Punkte auf die Scuderia gutmachen. Nach den bisherigen Eindrücken in der Wüste scheint dies zumindest kein unmögliches Unterfangen zu sein.