Desaster. Katastrophe. Alpine. Das französische F1-Werksteam hielt nach einem desaströsen Saisonstart die rote Laterne hoch. Drei Rennen vor dem Saisonende gelang Esteban Ocon und Pierre Gasly jedoch ein Sensationsergebnis und womöglich die Kehrtwende im Mittelfeld-Kampf. Ein Doppelpodium in Brasilien katapultierte das Formel-1-Team aus Enstone vom vorletzten auf den sechsten Platz der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft.
Lucky-Punch setzt Mittelfeld unter Druck
Das sei eine historische Leistung, meint Pierre Gasly. „Niemand hat geglaubt, dass es ein Alpine auf das Podium schaffen könnte, und wir haben es mit zweien geschafft.“ Inklusive Sprint fuhr das französische Team auf einen Schlag 35 Punkte ein. In Sao Paulo waren sie damit nicht nur ‚Best of the Rest‘, sondern der erfolgreichste Rennstall.
Eine Klatsche für die anderen Mittelfeldteams, denn lange Zeit sah es so aus, als würden Haas, die Racing Bulls und Williams (mit Außenseiterchancen) den Kampf um den sechsten WM-Platz unter sich ausmachen. Ein Chaos-Rennen in Brasilien genügte, um diese Perspektive über den Haufen zu werfen, die Karten neu zu mischen und Alpine mit ins Spiel zu bringen.
Vor dem letzten Tripple-Header der Saison 2024 führt Alpine mit 49 Punkten das Mittelfeld an, Haas und die Racing Bulls liegen drei bzw. fünf dahinter. Williams ist mit 32 Zählern Rückstand abgeschlagen auf dem vorletzten Platz der Teamwertung.
Vom zehnten Platz geht jedoch wenig Gefahr aus: Sauber steuert erstmalig seit 2014 auf eine Saison ohne F1-Zähler zu. Mit der Übernahme von Audi und einer neuen Fahrerpaarung soll es aber bald bergauf gehen. Neben Nico Hülkenberg setzen sie auf ein Talent sondergleichen. In diesem Video erfahrt ihr mehr darüber:
Verlauf in der Saison: Wie wurde aus einem Zwei- ein Dreikampf?
Die Racing Bulls sahen zu Beginn des Jahres wie die Top-Anwärter auf den Titel ‚Best of the Rest‘ aus. In den ersten Saisonrennen brachte das Team aus Faenza konstant Verbesserungen an den VCARB01 und fuhr der Mittelfeld-Konkurrenz davon. Big Points in Miami sorgten für einen großen Vorsprung. Im weiteren Saisonverlauf holte Haas allerdings immer mehr auf, während die großen Zähler bei RB ausblieben.
Der US-amerikanische Rennstall startete 2024 zu seiner eigenen Überraschung sehr konkurrenzfähig. Die große Schwäche des VF-23 im Renntrimm wurde ausgemerzt und im Gegensatz zum Vorjahr setzte das Team unter der Leitung von Ayao Komatsu auf mehrere Update-Pakete, die Früchte trugen. So gelang es der Truppe aus Kannapolis, konstant in die Punkte zu fahren und den RBs in Austin den Rang abzulaufen.
Williams und Alpine hatten über die gesamte Saison eher Außenseiterchancen im Kampf um Platz sechs, duellierten sich aber untereinander. Erstere brachten zur Saisonmitte in Zandvoort ihr letztes großes Update-Paket und holten seitdem 13 ihrer 17 Punkte - eine positive Trendwende.
Alpine hatte bei den Testfahrten noch mit einem viel zu schweren Auto zu kämpfen, konnte sich aber im Laufe des Jahres steigern. Gelegentliche Top-10-Platzierungen waren möglich, bevor in Brasilien dann der Befreiungsschlag gelang. Aus Williams-Sicht ein Trauerspiel: Denn auf die nun achtplatzierten Racing Bulls fehlen 27 Punkte - ein Rückstand, der für ein Mittelfeldteam in drei Rennen nur schwer aufzuholen ist.
Zur Verdeutlichung: Sollte Alpine bis zum Saisonende keinen einzigen WM-Punkt mehr einfahren, müsste Williams sein bestes Saisonergebnis (zehn Punkte in Baku) drei Mal wiederholen, um an den Franzosen vorbeiziehen - nicht unmöglich, aber unrealistisch. Der vorletzte Platz scheint schon fast in Stein gemeißelt. Eine prekäre Ersatzteillage nach fünf heftigen Unfällen binnen weniger Tage dürfte auch nicht helfen. Mehr darüber lest ihr hier:
Ausblick: Alpine jetzt Favorit auf P6?
Alpines Befreiungsschlag in Brasilien könnte Millionen Euro in der Konstrukteurs-Wertung wert sein. Wie gut stehen die Chancen, dass das Team sich gegen die Konkurrenz durchsetzen kann? Ein Blick auf die Formkurve seit dem letzten Update-Schwung in den USA:
Haas war nach den Verbesserungen besonders konkurrenzfähig: In Austin und Mexiko fuhren sie 15 Zähler ein. Eine Tendenz, die trügen könnte. Wie der Rennstall aus Kannapolis brachten auch die Racing Bulls und Alpine neue Komponenten mit an die Strecke, teilweise wurden sie ihrem Potenzial aber nicht gerecht.
Beim USA GP setzte RB mit Yuki Tsunoda auf die falsche Strategie, in Mexiko verunfallte der Japaner im Q2, wodurch Teamkollege Liam Lawson sich nicht mehr steigern konnte. Im Rennen schied der Honda-Schützling bereits nach der ersten Kurve aus. Nicht jede Gelegenheit, Punkte zu sammeln, wurde optimal genutzt, obwohl das Red-Bull-Schwesterteam nach der Update-Welle konkurrenzfähig war.
Ebenso Alpine: Seit dem Update-Beben schaffte es immer einer der beiden Fahrer ins Q3, im Sprint von Sao Paulo reichte Gaslys Pace im Renntrimm sogar dazu, Sergio Perez in Schach zu halten.
Das letzte Wort im Kampf um P6 ist noch lange nicht gesprochen. Wer in den letzten drei Rennen die Nase vorne haben wird, ist offen, denn die Kräfteverhältnisse können sich von Rennen zu Rennen verschieben. Fans dürfen sich auf einen spannenden Kampf bis zur letzten Runde in Abu Dhabi freuen.
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