Ferraris Formel-1-Saison 2024 hat zu Beginn des letzten Drittels in Baku neues Leben eingehaucht bekommen. Nicht nur, dass Charles Leclerc als Sieger des letzten Rennens in Monza anreist. Die dort montierten Updates und ein sehr zur Strecke passender SF-24 nähren beim Aserbaidschan-GP neue Hoffnungen. Auch auf einen WM-Titel.

Schließlich fehlen in der Konstrukteurs-WM nur 39 Punkte auf die Führenden von Red Bull, und 31 auf die Zweitplatzierten von McLaren. Baku ist insofern für Ferrari nun eine riesige Chance, hier einen großen Sprung zu machen. Fast alle relevanten Kurven hier sind langsame 90-Grad-Ecken. Schnell sind hier nur die Geraden.

Baku kommt Ferrari entgegen: Erinnerungen an Monaco

"Ich erwarte, dass unser Fahrverhalten in langsamen Ecken nach wie vor sehr gut ist, das ist eine Stärke unseres Autos", erinnert Leclerc. In Monaco, noch einer Strecke mit vielen langsamen Passagen, hat er ebenfalls gewonnen. "Es sollte hier ein starkes Wochenende für uns sein. Zumindest auf dem Papier."

Teamkollege Carlos Sainz ist nicht minder optimistisch: "In solchen Passagen sehen wir normalerweise, dass unser Auto gut abliefert. Wie in Monza, oder letztes Jahr in Singapur oder Las Vegas. Also ist das potenziell eine gute Chance, ein weiteres Rennen zu gewinnen oder auf das Podium zu fahren."

Podium mit Oscar Piastri (McLaren), Sieger Charles Leclerc und Carlos Sainz Jr. (beide Ferrari)
In Monaco konnte Leclerc auch einen Stadtkurs-Sieg feiern, Foto: LAT Images

Leclerc will aber keine echten Erwartungen schüren, sondern es so angehen wie jedes Wochenende. Schritt für Schritt loslegen, nicht verzetteln. "Monaco lief etwa ganz gut, und dann hatten wir große Probleme in Montreal. Also müssen wir hier mit neuem Mindset anfangen." Auf dem Papier hätte der Kanada-GP nämlich nicht so schlecht laufen sollen. Und das war auch noch vor dem verkorksten Barcelona-Update gewesen, mit dem man endgültig abgestürzt war.

Baku-Fachmann Leclerc sowieso Pole-Favorit?

Also ist Vorsicht geboten. Was Ferrari aber wiederum hilft: Leclerc ist ein echter Baku-Profi. Er holte seit 2021 alle vier möglichen Poles - drei Mal für den Grand Prix, plus einmal im Sprint. Und bei seinem einzigen anderen Start in einem polefähigen Auto 2019 sah er auch anfangs wie der wahrscheinliche Polesetter aus, stopfte seinen Ferrari damals allerdings in der engen Burg-Passage in die Absperrung.

"Es ist eine meiner Lieblingsstrecken, ich liebe sie und fühle mich hier besonders wohl", unterstreicht Leclerc. Er ist ein Fahrer, der sich im Qualifying der Alles-oder-Nichts-Methode verschreibt, und von den Wänden auf Stadtkursen völlig unbeeindruckt bleibt: "Die Konsequenzen sind höher, also ist das Risiko im Kopf größer. Aber das ist eine Herausforderung, die ich besonders mag."

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"Das hat mir aber auch schon Punkte gekostet", blickt Leclerc zurück. Zwei Mal versenkte er in Baku in Qualifying bereits seinen Ferrari in der Mauer. 2019 schon in Q2, was der Formel 1 seinen berühmten "I am stupid"-Funkspruch bescherte. 2023 flog er im Finale des Sprint-Qualifyings ab, aber damals war seine erste Zeit gut genug für Pole gewesen.

Ferrari & Leclerc sehen F1-WM 2024 wieder realistisch

Sofern das Qualifying in Baku 2024 sitzt, ist ein Leclerc-Sieg aber durchaus realistisch. Holt er mit Carlos Sainz im Schlepptau wieder gute Punkte, macht das die Team-WM erst so richtig spannend. "Ja, da gibt es definitiv eine Chance", meint Leclerc. "Gut, für die Fahrer-WM bräuchten wir nicht nur einen Performance-Schritt, sondern auch Glück. Aber für die Konstrukteurs-WM ist alles offen. 40 Punkte sind mit zwei Fahrern in einem Team machbar."

"Also haben wir eine Chance, und das ist das Ziel, auf das wir uns einstellen werden", so Leclerc. "Aber bevor wir das tun, müssen wir das Auto verbessern, um konstant mit den Jungs vor uns zu kämpfen." Denn grundsätzlich sieht er Ferrari nach wie vor ein bis zwei Zehntel hinter der Konkurrenz von McLaren, und wahrscheinlich auch Red Bull.

"Wenn sie, wie in Monza, ihr Paket nicht optimieren, können wir da sein und gewinnen", so Leclerc. Wenn es nach Baku und Singapur wieder auf konventionellere Rennstrecken geht, könnte es für Ferrari wieder zäh werden. Ob das in Monza eingeführte letzte Update dort die Probleme der letzten Monate ausgeräumt hat, ist aktuell noch unmöglich zu sagen. "Es hängt davon ab, wer von uns am konstantesten ist, aber wir haben jedenfalls noch Arbeit vor uns." Während die WM-Favoriten McLaren vor allem Teamorder-Arbeit vor sich haben. Mehr zur angekündigten Bevorteilung von Lando Norris: