Die nächste Runde der Motorsport-Magazin.com Sommer-Fazits steht an. Heute an der Reihe: Racing Bulls. Die Bilanz eines Teams, bei dem sich eigentlich nur die Fahrer ins Schaufenster stellen wollen, um sich für höhere Aufgaben zu empfehlen und das sich mitten im Nirgendwo der Formel 1 befindet.

Ziel vs. Realität:
Viele Spekulationen rankten sich vor der Formel-1-Saison 2024 rund um die Racing Bulls. Das Red-Bull-Schwesterteam hatte im letzten Drittel der vorangegangenen Saison einen regelrechten Performance-Boost erhalten, hauptsächlich dank der zunehmend genutzten Synergien zu Red Bull. Diese Strategie sollte im Jahr 2024 intensiviert werden, was schlussendlich sogar die Konkurrenz auf den Plan rief. Vor allem McLaren sorgte sich, dass die Racing Bulls ein neuer Player im oberen Mittelfeld werden könnten.

Zur Sommerpause lässt sich konkludieren: Die Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet. Zwar ist RB deutlich besser in die Saison gestartet als noch vor einem Jahr, aber ganz so dramatisch war der Sprung nach vorne dann doch nicht. Der VCARB 01 befindet sich auf einem ähnlichen Niveau, mit dem sein Vorgänger die Saison beendet hatte. In der Regel streiten sich die Racing Bulls mit Aston Martin und einem ausreißenden Nico Hülkenberg um die Punktekrümel, die die Top-4-Teams übriglassen. Das bringt dem Red-Bull-Juniorteam zur Sommerpause insgesamt 34 Punkte ein - neun Punkte mehr als in der kompletten vergangenen Saison.

Entwicklung 2024:
Mit den bereits erwähnten neuen Synergien im Rücken verfolgten die Racing Bulls bisher eine Update-Strategie nach dem Motto: Klein Vieh macht auch Mist. Bis auf in Imola und Spa hatte das Team bei jedem Rennen mindestens ein Update im Gepäck, welches sich auf die Performance auswirken sollte. Vor allem am Unterboden wurde am meisten Hand angelegt. Das mit Abstand größte Paket kam auf der altbekannten Referenzstrecke in Barcelona.

Riesige Performance-Sprünge innerhalb der Saison konnten dabei allerdings nicht verzeichnet werden. Die Updates zementierten viel mehr den Status als sechstbestes Team der Formel-1-Saison 2024. Aston Martin war wenn nur tagesformabhängig erreichbar, gleiches gilt in die andere Richtung für Haas. In Miami zeigte immerhin ein großes Update-Paket seine Wirkung, wodurch die Racing Bulls 12 Zähler aus Florida mitnehmen konnten.

Racing Bulls 2024: Miami der einzige Ausreißer der Krümelsammler

Höhepunkt 2024: Welcome to Miami!
Die insgesamt dritte Ausgabe des Miami GP war das mit Abstand erfolgreichste Wochenende in der Formel-1-Saison 2024 für die Racing Bulls. Wie bereits erwähnt konnten Yuki Tsunoda und Daniel Ricciardo insgesamt 12 Punkte aus dem Sprint und dem Rennen mitnehmen. Ricciardo ließ im Sprint seine Klasse vergangener Tage aufblitzen und verpasste auf Platz vier nur hauchdünn das Podium. Auch Tsunoda schaffte es noch knapp in die Punkteränge. Am Tag darauf im Hauptrennen holte der Japaner in seinem Miami-Vice lackierten Racing Bull mit einem starken siebten Platz die Kohlen aus dem Feuer.

Tiefpunkt 2024: Mega-Update-Fail in Spanien
Wie bereits bei der Entwicklung erwähnt, brachten die Racing Bulls in Barcelona ihr mit Abstand größtes Update-Paket. Seitenkästen, Motorhaube, Unterboden und Heckflügel bekamen eine Generalüberholung. Doch das Update schlug in Spanien gnadenlos fehl. Für beide Fahrer war bereits im Q1 Schluss, auch im Rennen folgte die Nullnummer. Am Ende musste das Team unter dem Neo-Teamchef Laurent Mekkies zugeben, das Paket noch nicht verstanden zu haben.

Yuki Tsunoda und Daniel Ricciardo: Im Kampf um die Beförderung

Yuki Tsunoda
WM: 12. Platz (22 Punkte)
Note im MSM-Ranking: 2,80 (9. Platz)
Yuki Tsunoda konnte sich, wie bereits in seiner kompletten Formel-1-Karriere, auch in diesem Jahr wieder etwas steigern. Beim einst impulsiven Japaner ist mit der Erfahrung von drei Formel-1-Jahren mittlerweile deutlich mehr Ruhe im Cockpit eingekehrt. Außerdem glänzte er wie in Ungarn ab und zu als Reifenflüsterer. Eine Qualität, die ihm viele in der Formel 1 nicht zutrauten. Tsunoda hat in dieser Saison praktisch eine Dauerkarte auf den Best-of-the-Rest-Platz. Lediglich ein kleines Formtief in den letzten Rennen der Sommerpause, gezeichnet von seinem schweren Unfall in Ungarn, trübten seine Entwicklung etwas. Dass Tsunoda nach mehr als drei Jahren im Juniorteam Ansprüche auf den wackeligen Sitz von Sergio Perez stellt, ist daher durchaus nachvollziehbar. Der Japaner ist für fast zwei Drittel der Racing-Bulls-Punkte verantwortlich.

Daniel Ricciardo
WM: 13. Platz (12 Punkte)
Note im MSM-Ranking: 3,18 (14. Platz)
So richtig will es bei Daniel Ricciardo auch in diesem Jahr einfach nicht laufen. Der Honey Badger, der zu diesem Zeitpunkt eigentlich lange das Red-Bull-Cockpit innehaben wollte, hat auch in dieser Saison wieder das Nachsehen gegenüber seinem Teamkollegen. Zehn Punkte weniger konnte der siebenfache GP-Sieger in dieser Saison anschreiben. Eine Chassis-Veränderung zur Mitte der Hinrunde verbesserte das Fahrgefühl für Ricciardo und stabilisierte seine Form. Dennoch sind die Leistungen für seine Ansprüche zu schwach und inkonstant. Die Beförderung zu Red Bull wäre für das Team in Anbetracht der Leistungen schlicht und ergreifend nicht zu rechtfertigen gewesen, weshalb Sergio Perez trotz desolater Leistungen weiterhin im Red Bull sitzen darf. Für Ricciardo werden es nach der Sommerpause entscheidende Wochen für seine Formel-1-Karriere.

Fazit und Ausblick:
Bei den Racing Bulls standen 2024 eigentlich nur der Wunsch der Fahrer nach einer Beförderung zu Red Bull über allem. Yuki Tsunoda erhob in Anbetracht seiner fortlaufenden Entwicklung das erste Mal öffentlich Ansprüche auf den Sitz neben Max Verstappen, bei Daniel Ricciardo ist dieses Ziel seit seinem Comeback ein offenes Geheimnis. Das Thema Beförderung wird auch die unmittelbare Zeit nach der Sommerpause das Team bestimmen. Die Entscheidung, Perez weiterhin im Red Bull zu lassen hat dieses Problem nur weiter in die Ferne geschoben. Auf der Strecke hingegen sind von dem Team weiterhin keine Luftsprünge zu erwarten. Aston Martin ist in der Konstrukteurs-WM bereits 39 Punkte entfernt, die wahre Konkurrenz wird mit Haas wohl eher von hinten lauern.