Die Formel 1 hat 2024 schon 14 Grands Prix hinter sich gebracht. Was vor etwas mehr als 20 Jahren schon dem Endspurt der Saison gleichgekommen wäre, entspricht in diesem Jahr gerade mal etwas mehr als der Hälfte. In der Sommerpause haben wir also schon jede Menge Daten, um die Performance der zehn F1-Teams etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Heute: Haas. Die Überraschungsmannschaft aus den USA bejubelt einen Höhenflug und betrauert einen Abschied.

Ziel vs. Realität:
Haas-Teamchef Ayao Komatsu hat es im Winter schlau gelöst. Der Japaner, der das Amt von Langzeit-Teamleiter Günther Steiner übernommen hatte, malte bei der Präsentation Anfang Februar eine düstere Prognose für die Saison: "Wir werden weit hinten in der Startaufstellung stehen. Wenn wir nicht sogar Letzter sein werden." Durch diese niedrige Zielsetzung nahm er nicht nur Druck vom Team, sondern auch von sich selbst. Zu Saisonbeginn erwartete deshalb niemand viel von Haas. Doch der VF-24 war im Mittelfeld vom Anfang an ein konkurrenzfähiger Bolide und belohnte sich schon im zweiten Rennen mit dem ersten Punkt - wenn auch mit etwas fragwürdigen Methoden.

Chancenlos am Ende des Feldes war das Auto nur selten, dafür war es in den Händen von Nico Hülkenberg regelmäßig im Kampf um Q3 und um Punkte dabei. Das Hauptproblem über den Winter wurde gelöst: Der Reifenverschleiß ist nicht mehr so enorm wie 2023. Einzelne Ausreißer nach unten können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Haas im Moment auf Kurs zu Konstrukteurs-Rang 7 liegt und damit dabei ist, die beste WM-Position seit dem Fabeljahr 2018 einzufahren. Zu den Racing Bulls fehlen nur wenige Zähler, gegenüber Alpine hat man mehr als doppelt so viele Punkte auf dem Konto.

Entwicklung 2024:
Der Haas war von Anfang an sowohl im Qualifying als auch im Rennen ein Kandidat als "Best of the Rest". Dass im Laufe der Saison Aston Martin nicht mit den Topteams mithalten konnte und die vorderen Teams auch immer mal wieder Punkte liegenließen, konnte Haas so für sich ausnutzen - vor allem auf einer Seite der Garage.

Punktemäßig zeigte die Formkurve im Laufe des Jahres nach oben, allerdings auch dank einzelner Ausreißer-Ergebnisse. Unter dem Strich pendelt Haas seit Saisonstart je nach Streckencharakteristik und Abstimmung zwischen der Rolle als Spitzenkraft im extrem engen Verfolgerfeld und einer hinteren Position. Im Querschnitt der Strecken funktionierte der Haas. Etwas Sorge bereiten die letzten beiden Grands Prix vor der Sommerpause: Auf zwei vollkommen unterschiedlichen Streckentypen (Ungarn, Spa) war Haas jeweils chancenlos.

Haas 2024: Zwischen Österreich-Ekstase und Monaco-Desaster

Höhepunkt 2024: Doppelter Punktejubel in Österreich
Der Red Bull Ring war schon in der Vergangenheit eine Goldgrube für Haas. Einige der besten Rennen des US-Teams gab es auf dem F1-Kurs in Österreich. 2024 ist dabei keine Ausnahme. Zwar ging man im Sprint leer aus, im Qualifying und im Rennen überzeugten die beiden Fahrer dann umso mehr. Nico Hülkenberg war sowohl am Samstagnachmittag als auch am Sonntag der klar beste Fahrer im Verfolgerfeld und geriet von den direkten Konkurrenten nie unter Bedrängnis. Im Endspurt hielt er dann auch noch Sergio Perez im Schach und profitierte nebenbei von den Unfällen der Konkurrenz. P6! Was in Spielberg noch dazu kam: Es war nicht nur eine One-Man-Show, auch Kevin Magnussen punktete auf P8 satt.

Tiefpunkt 2024: Disqualifikationen und viel Carbon-Schrott
Viel horrender kann ein Formel-1-Wochenende nicht danebengehen. Nach dem Qualifying in Monaco erkannten die Regelhüter, dass sich das DRS am Haas zu weit öffnen lässt. Eine Nachlässigkeit, die wohl aufgrund eines Upgrades ins System geraten war und eine Disqualifikation aus der Qualifikation zur Folge hatte. Punkte waren damit sowieso kaum mehr erreichbar. Aber wie kann man es noch schlimmer machen? Richtig, in dem beide Autos in eine Kollision direkt nach dem Start involviert und schwer beschädigt sind. Ungünstig vor allem, weil ein Fahrer nicht ganz unschuldig daran war.

Nico Hülkenberg und Kevin Magnussen: xxx

Nico Hülkenberg
WM: 11. Platz (22 Punkte)
Note im MSM-Ranking: 2,38 (5. Platz)
Das Hülkenberg-Märchen in der Formel 1 geht nach seiner starken Comeback-Saison auch in diesem Jahr weiter. Der Emmericher ist beinahe der Alleinunterhalter im Rennstall aus Kannapolis. Von acht Punkteresultaten gehen sechs auf seine Kappe, darunter auch die beiden sechsten Plätze in Österreich und Kanada sowie die einzigen Sprint-Zähler des Jahres in Miami. Im Qualifying kippt die Bilanz noch stärker in seine Richtung: Inklusive Sprints musste er sich nur viermal geschlagen geben. Folgerichtig wurde Hülkenberg mit einem Werkscockpit bei Audi-Sauber belohnt. Ob das jetzt ein Aufstieg ist, sei dahingestellt. Haas wird er jedenfalls sehr fehlen.

Kevin Magnussen
WM: 16. Platz (5 Punkte)
Note im MSM-Ranking: 3,47 (16. Platz)
Kevin Magnussen muss sich nach dieser Saison wohl aus der Formel 1 verabschieden, und es ist nicht schwer zu sehen, warum. Nur zwei Top-10-Ergebnisse und fünf Punkte, während der Teamkollege mehr als viermal so viele Zähler auf dem Konto hat, hinterlassen kein gutes Bild. Im Qualifying stand er nicht ein einziges Mal in Q3, während Hülkenberg dort beinahe Stammgast war. Da reichten selbst Magnussens regelmäßige Erklärungen, dass er Verkehr und Pech gehabt habe, nicht aus, um das zu relativieren. Dazu kommt noch eine beängstigende Häufung von Strafen zu Saisonbeginn. Zugutehalten muss man Magnussen, dass er sich nicht zu schade war, sich in den Dienst des Teams zu stellen. Ob das immer (Stichwort: Miami-Sprint) die Intention hinter seiner aggressiven Fahrweise war, darf bezweifelt werden. Unter dem Strich mangelt es dem Dänen 2024 einfach an der Pace. Die wohl bitterste Kritik an Magnussen kam von seinem Teamboss selbst: Er sei nicht konstant genug und liefere nicht ausreichend gutes Feedback.

Motorsport-Magazin bilanziert während der Sommerpause die Performance der Formel-1-Teams im bisherigen Jahr. Jeden Tag kommt eine neue Mannschaft an die Reihe. Gestern: Alpine.