Im dritten Jahr der Ground-Effect-Regeln ist das Update-Rennen in der Formel 1 so heiß wie lange nicht. Regelbedingt sind die Ressourcen beschränkt, zugleich aber wegen gereifter Designs die Ergebnisse immer kleiner, und Fehlschläge häufen sich. McLaren profitierte lange von Regel-Eigenheiten, das endet inzwischen. Aber die WM-Zweiten orten bei Red Bull für den Herbst ein potenziell viel größeres Problem.

Grundsätzlich greifen in der Formel 1 seit Jahren inzwischen die sogenannten Aerodynamic Testing Restrictions (ATR): Wie viel Windkanal- und CFD-Zeit ein Team bekommt, wird nach WM-Position gestaffelt eingeschränkt. Jedes halbe Jahr erfolgt ein Reset. McLarens gutes Leben von 2023 (erst mit 90, dann 95 Prozent des Referenz-Wertes ausstaffiert) endet hier 2024 aufgrund des nachhaltigen Erfolges.

Mit dem Juli-Reset steht fest, dass McLaren als zu dem Punkt WM-Dritter nur mehr 80 Prozent Entwicklungszeit erhält. Die WM-Führenden Red Bull haben aber mit 70 Prozent noch weniger. Und McLaren-Teamchef Andrea Stella ortet obendrauf: "Effektiv hat Red Bull mehr Entwicklungen in Sachen tatsächlicher Teile an die Strecke geliefert."

McLaren-Erfolg gegen Red Bull auch ohne Updates

Red Bull meldete im bisherigen Saisonverlauf 31 neue Teile, McLaren 27. Das ist aber nur die Gesamtzahl. Der Inhalt der Update-Pakete ist wichtiger. McLaren brachte in Miami ein sehr großes Paket mit Frontflügel, Seitenkasten, Motorabdeckung, Heckflügel, Beam Wing, Aufhängungsverkleidungen, Bremskühlungen und Unterboden-Körper. Also praktisch alle Aero-Flächen.

Das war es aber. In Österreich gab es einen neuen Frontflügel. Abgesehen davon führte McLaren die meisten Kombinationen an Heckflügel und Beam Wing aller Teams ein. Doch die richtig entwicklungsintensiven Komponenten blieben aus. "Da bin ich eigentlich überrascht, dass wir so wettbewerbsfähig blieben, nachdem wir seit Miami kaum neue Teile gebracht haben", sagt Stella.

Red BullMercedesFerrariMcLaren
Frontflügel2422
Nase1000
Floor Edge4120
Floor Body4321
Floor Fences0110
Seitenkasten2011
Heckflügel/Beam Wing77813
Kühlung1112
Bremsbelüftung6604
Motorabdeckung2021
Diffusor0130
Aufhängung1223
Halo1210
Gesamt31282427

Besonders der kaum modifizierte Unterboden ist auffällig. In der Ground-Effect-Ära gilt er als Performance-Schlüssel. McLaren meldete bis auf einen neu gestalteten Hauptkörper hier aber gar nichts. Nichts bei Seitenkante, Leitelemente, Diffusor. Nur Williams hat hier 2024 noch so wenig entwickelt.

Das steht in starkem Kontrast zu Red Bull. Der Unterboden allein erhielt in Suzuka, Miami, Imola, Barcelona und Silverstone Revisionen unterschiedlichen Ausmaßes. Dazu kamen zwei neue Frontflügel, zwei Seitenkasten-Updates sowie in Ungarn ein komplettes Paket eines sekundären Seitenkastens und einer Motorabdeckung, die allein für heiße, langsame Strecken gedacht sind.

McLaren kündigt Update-Welle für Herbst-Rennen an

Von den vier Spitzenteams hatte Red Bull im ersten Halbjahr die wenigste Entwicklungszeit - brachte aber die meisten neuen Teile. So wird Stella angriffslustig: "Ich kann auf jeden Fall für McLaren sprechen, wenn ich sage, dass wir jetzt in einer Position sind, wo wir diese in der Basis angesammelten Entwicklungen eincashen können."

Neue Teile haben in der Formel 1 immer eine lange Vorlaufzeit. Effektiv rechnet McLaren damit, dass Red Bull in den ersten Monaten von 2024 sehr aggressiv und vorlastig entwickelte. Früh wurden recht viele Ressourcen verbraten und neue Komponenten schnell an die Strecke gebracht.

McLaren fokussierte hingegen nach dem Miami-Update die verbleibenden Ressourcen des ersten Halbjahres bereits auf Entwicklungen, die man als Teil von umfangreicheren Paketen erst nach der Sommerpause bringen will. "Ihr könnt damit rechnen, dass wir in der zweiten Hälfte mehrmals neue Teile bringen werden", kündigt Stella ein infolgedessen deutlich schärferes Programm an.

Und da McLaren zum Stichtag des jüngsten Regel-Resets im Juli noch WM-Dritter war, hat man sowieso weiterhin 10 Prozent mehr als Red Bull, und fünf Prozent mehr als Ferrari, die man seither in der WM bereits überholt hat. So fühlt sich McLaren für den Entwicklungs-Endspurt nach dem 14 Tage langen Pflichturlaub im Sommer gut aufgestellt. Ein Teil der Herbst-Ressourcen muss schließlich auch bereits in über 2024 hinausgehende Entwicklung gesteckt werden.