Yuki Tsunoda gilt in der Formel 1 als Hitzkopf. Seit seinem Formel-1-Debüt 2021 machte der Japaner immer wieder mit Wutausbrüchen am Boxenfunk auf sich aufmerksam - so auch in diesem Jahr. Beim Auftaktrennen in Bahrain platzte Tsunoda nach einer Teamorder im Kampf um die 13. Position der Kragen, woraufhin sich der 24-Jährige massiver Kritik ausgesetzt sah und nach einem klärenden Gespräch Besserung gelobte.
Schon beim darauffolgenden Rennen in Saudi-Arabien schien Tsunoda Wort zu halten. Trotz der kontroversen Blockier-Taktik von Kevin Magnussen blieben Funk-Eskapaden aus, wenngleich Tsunoda zugab, er habe sich auf die Zunge beißen müssen. "Ich wusste nicht, dass es mehr Energie kostet, meinen Stress im Zaum zu halten als meinen Nacken zu benutzen oder die G-Kräfte aufzuhalten", sagte Tsunoda damals.

Tsunoda über ausbleibende Funk-Eskapaden: Beginnt, natürlicher zu werden
Hat sich daran mehr als drei Monate später etwas geändert? Ja, meint zumindest Tsunoda: "Die ersten zwei, drei, vier Rennen musste ich immer nochmal drüber nachdenken, bevor ich den Funk-Knopf drücke und all das. Aber jetzt beginnt es, natürlicher zu werden, oder ich bleibe einfach still. Es ist sicherlich der richtige Weg."
Zugleich stellt Tsunoda klar, dass es sich beim Schritt hin zu einem ruhigeren Fahrer im Cockpit um einen Prozess handele. Am Ende dieses Prozesses sieht sich der 73-fache GP-Starter noch nicht angekommen. "Für mich sind da drei Phasen", beschreibt Tsunoda. Die erste Phase, bei der er noch vor dem Betätigen des Funk-Knopfs nachdenken müsse, habe er bereits hinter sich gebracht.

Tsunoda im Funk-Dilemma: Kann nicht die ganze Session die Klappe halten
"Und jetzt ist mehr Zeit für: Ich muss einfach die Klappe halten", fährt Tsunoda fort. "Aber du kannst nicht die ganze Session lang die Klappe halten, weil du immer noch das Feedback brauchst. Die nächste Phase ist also sicherlich, auf natürliche Weise ruhig zu bleiben und gutes Feedback zu liefern, auch mit den Frustrations-Momenten."
So weit sei er aber noch nicht, stellt der Racing-Bulls-Pilot klar. "Ich bin zufrieden mit dem Fortschritt im Moment und ich muss nicht mehr wirklich viel darüber nachdenken, aber manchmal muss ich mich noch irgendwie dazu zwingen, ruhig zu bleiben, beim Verkehr zum Beispiel", verrät Tsunoda.
Daniel Ricciardo hilft bei Emotionskontrolle
Helfen könnte bei einem weiteren Lernprozess auch Daniel Ricciardo. "Er ist sicherlich der generell komplettere Fahrer wie bei der Emotionskontrolle und allem", meint Tsunoda. "Die letzten paar Jahre bin ich von einer ziemlich schlechten Position aus gestartet, besonders im Hinblick auf die Emotionskontrolle, wie konstant du über die Woche hinweg sein kannst. Und er ist dabei sehr stark."

Schon in der kurzen gemeinsamen Zeit als Teamkollegen habe der Australier Tsunoda in diesem Bereich weiterhelfen können, gibt der Mann aus Kanagawa zu: "Ich begann zu lernen, was er besser macht als ich. Und diese Dinge, was ich von ihm gelernt habe, hat sicherlich meine Konstanz über das Jahr hinweg beeinflusst. Besonders die Emotionskontrolle wird deine Performance-Stimmung über die Woche hinweg beeinflussen."
Der Prozess hin zu einem kompletteren und ausgeglicheneren Fahrer scheint bei Tsunoda Früchte zu tragen. In der Formel 1 fährt Tsunoda 2024 wohl seine bislang stärkste Saison in seinem vierten Jahr in der Königsklasse. In den Grand-Prix-Qualifyings schlug er Ricciardo an zehn Wochenenden achtmal. In den beiden Sprint-Qualifyings in China und Miami hatte Ricciardo die Nase vorne. Und auch in der Weltmeisterschaft sammelte Tsunoda bei den Racing Bulls bislang deutlich mehr Punkte als sein erfahrenerer Teamkollege.
Dieser muss sich in den vergangenen Wochen auch aufgrund der starken Tsunoda-Form vermehrt mit Kritik auseinandersetzen, unter anderem mit der von Jacques Villeneuve. Für den Formel-1-Weltmeister von 1997 hatte Ricciardo am Kanada-Wochenende allerdings klare Worte übrig, wie ihr hier nachlesen könnt:
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