Während beim Großen Preis von Miami Lando Norris überraschend seinen ersten Formel-1-Sieg feierte, kam es auch am Ende der Top-10 zu einem unerwarteten Ergebnis. Esteban Ocon konnte sich und seinem Team Alpine mit Platz zehn den ersten Punkt der Saison 2024 sichern. Vorausgegangen war der schlechteste Saisonstart von Team Enstone seit dem Comeback als Renault-Werksteam 2016.

"Wir wollen nicht vor Freude umherspringen und zu hart feiern", mahnte Ocon nach Rennende dennoch, wollte das Erreichte zugleich jedoch nicht kleinreden. "Natürlich ist es nur eine Top-10-Platzierung. Aber wenn man bedenkt, wo wir vor ein paar Rennen in Bahrain standen, 19. und 20., können wir das Positive aus diesem Rennen mitnehmen."

Alpine: Unterboden-Update fruchtet

Alpine erlebte nach personellen Turbulenzen im Vorjahr einen Katastrophen-Start in die Formel-1-Saison 2024. Das Auto galt als übergewichtig und aerodynamisch nur wenig effizient. Schon nach dem ersten Rennwochenende warfen Cheftechniker Matt Harman und Aero-Chef Dirk de Beer hin. An den ersten vier Rennwochenenden kam nie einer der A524 über P15 im Qualifying hinaus, im Rennen blieb zweimal Platz 13 das höchste der Gefühle.

In China überarbeitete Alpine den Unterboden, reduzierte Gewicht und das Update fruchtete unmittelbar: Ocon fuhr mit Rang elf das beste Resultat der Saison ein, während Teamkollege Pierre Gasly das Update erst in Miami erhielt. "Das Team blieb die ganze Zeit motiviert", lobte Ocon nun nach dem ersten Punkteresultat. "Sie haben wirklich immer weiter gepusht, um ein schnelleres Auto zu liefern."

Alpine-Fahrer Esteban Ocon im Paddock
Ocon kämpfte sich in Miami in die Top-10, Foto: LAT Images

Ocon profitiert von VSC-Phase

Gleichzeitig benötigten Alpine und Ocon in Miami etwas Schützenhilfe, um den ersten Zähler des Jahres sammeln zu können. Vor der Boxenstopp-Phase befand sich der Franzose lediglich auf Position 15, konnte jedoch durch den von Max Verstappen überfahrenen Poller profitieren. Dieser löste in der 23. von 57 Rennrunden eine kurze virtuelle Safety-Car-Phase aus, von der neben Ocon auch Fernando Alonso und Kevin Magnussen profitierten. Dadurch ließ Ocon Lance Stroll und Alexander Albon hinter sich.

Nach dem Restart lieferte sich Ocon einen engen Vierkampf mit Alonso, Teamkollege Gasly und Nico Hülkenberg. Dabei gelang es Ocon, innerhalb von zwei Runden erst Gasly und dann Hülkenberg zu überholen. "Ich musste mich heute im Rennen durchkämpfen. Es war verrückt, wie viele Manöver ich setzen musste. Und der Fakt, dass wir mit dem Speed auf den Geraden gekämpft haben, hat nicht geholfen", so Ocon. Nachdem in Folge des durch den Unfall von Logan Sargeant ausgelösten Safety-Cars auch die letzten Piloten ihren Pflicht-Reifenwechsel absolviert hatten, fand sich der 27-Jährige so auf Platz zehn wieder.

Ocon über Alonso-Duelle: Leute können sagen, was sie wollen

Doch selbst mit dieser Kombination aus Rennglück und guten Überholmanövern, wäre Alpine letztlich leer ausgegangen. Denn der Aston Martin von Alonso erwies sich als zu stark und überholte in Runde 48 den Alpine. Ein Duell, das Ocon trotz des wenig erfreulichen Ausgangs als positiv wahrnahm: "Die Leute können sagen, was immer sie wollen, aber ich genieße die Kämpfe mit Fernando sehr."

McLaren-Fahrer Oscar Piastri
Ein Frontflügelschaden von Oscar Piastri ebnete Ocon den Weg zum Punkt, Foto: LAT Images

Zu Ocons Glück war er schon einige Runden zuvor zwischenzeitlich auf Rang neun vorgerückt. McLaren-Pilot Oscar Piastri musste nach einem Kontakt mit Carlos Sainz (Ferrari) zum Frontflügelwechsel an die Box kommen und fiel aus den Punkterängen.

Hülkenberg-Attacke bleibt aus

Doch auch mit dieser glücklichen Fügung wurde es noch einmal eng. Hülkenberg hatte die Safety-Car-Phase für einen zweiten Boxenstopp auf den Medium-Reifen genutzt und kam Ocon in der Schlussphase immer näher. Doch schlussendlich konnte der Emmericher nicht mehr entscheidend Druck aufbauen und kam 1,143 Sekunden hinter Ocon ins Ziel.

Dennoch sieht Ocon in Anbetracht des Rennverlaufs nach wie vor Verbesserungspotenzial, besonders bei der Rennpace: "Wenn wir heute zehn Runden mehr fahren, wäre Nico wahrscheinlich sehr nah an uns dran gewesen und hätte mit uns gekämpft."

Gasly Opfer von Safety-Car-Pech

Während Ocon für das erste Erfolgserlebnis Alpines in diesem Jahr sorgen konnte, ging Teamkollege Pierre Gasly einmal mehr leer aus. Und das, obwohl sich der Franzose vor der Boxenstopp-Phase vor seinem Landsmann auf Platz zwölf befand. Doch anders als bei Ocon, spekulierte Alpine bei Gasly nicht auf ein Safety-Car und beorderte den 28-Jährigen bereits nach zwölf Runden an die Box.

Alpine-Pilot Pierre Gasly vor Logan Sargeant im Williams
Pierre Gasly zeigte sich nach dem Rennen enttäuscht, Foto: LAT Images

"Der Plan war, mit dem Auto, das vorne lag, die optimale Strategie zu fahren und mit dem hinterherfahrenden Auto lange draußen zu bleiben, um zu versuchen, ein Safety-Car abzufangen", erklärte Gasly die Strategie. Zwar befand er sich trotz des VSC-Glücks seines Teamkollegen beim ersten Restart noch vor Ocon, musste diesen mit zwölf Runden frischeren Pirelli-Pneus jedoch ziehen lassen.

Gasly: Bin natürlich bedient

In der Schlussphase musste sich Gasly anders als Ocon auch noch Hülkenberg geschlagen geben und trudelte auf P12 mit 5,212 Sekunden Rückstand auf Ocon ins Ziel ein. "Ich bin natürlich bedient, denn ohne das virtuelle Safety-Car blicken wir auf ein Ergebnis zwischen Platz acht und zehn", zeigte sich Gasly enttäuscht.

Dennoch erkannte auch der einmalige GP-Sieger die Fortschritte bei Alpine an - und zog auch auf seiner Seite der Garage ein gelungenes Wochenend-Fazit: "Ich bin gestern im Sprint Neunter geworden und war drauf und dran, heute Punkte zu sammeln." Zugleich gestand Gasly, der sich bisher in sechs von acht Qualifying-Sessions Ocon geschlagen geben musste, nach wie vor Probleme mit dem 2024er-Alpine zu haben.

"Das Auto gibt mir im Moment nicht die Dinge, die ich mag, aber wir bewegen uns langsam in die richtige Richtung. Es kommt langsam, aber hoffentlich können wir jetzt öfter um die Top-10 kämpfen", erklärte sich Gasly kämpferisch.

Auch abseits der Strecke gab es für Alpine zuletzt gute Nachrichten. Mit Ex-Ferrari- und McLaren-Mann David Sanchez konnte ein neuer technischer Direktor verpflichtet werden. Alle Details zur Personalie lest Ihr in diesem Artikel: