Haas sorgte mit seiner Blockier-Taktik von Kevin Magnussen in Saudi-Arabien für eine der größten sportlichen Kontroversen der bisherigen Formel-1-Saison 2024. Der Däne, der mit zwei 10-Sekunden-Strafen belegt worden war, hielt das restliche Mittelfeld hinter sich auf und fuhr dabei teilweise mehrere Sekunden langsamer als sein Teamkollege Nico Hülkenberg. Dadurch verhalf er dem Emmericher zu den ersten Punkten des Jahres für das US-Team.
Kontrovers war die Haas-Strategie jedoch nicht nur aufgrund des Blockierens an sich, sondern auch dadurch, dass Magnussen sich durch ein Überholmanöver abseits der Strecke gegen Yuki Tsunoda überhaupt erst vor dem Racing-Bulls-Piloten befand. Haas-Teamchef Ayao Komatsu wehrt zwar jegliche Kritik an der Taktik selbst ab, gibt jedoch in Bezug auf das Tsunoda-Überholmanöver einen Fehler zu: "Die einzige Kritik, die ich akzeptiere, ist, dass wir es nicht sofort bemerkt haben."
Komatsu: Haas bemerkte illegales Magnussen-Manöver nicht
Komatsu zufolge schaute der Haas-Kommandostand recht verdutzt drein, als die Rennleitung den Vorfall untersuchte: "Wir hätten es schon vorher wissen sollen, aber als der Vorfall in Runde 20 notiert wurde, habe ich gesagt: 'Oh, was ist das für ein Zwischenfall?' Und dann haben wir die Wiederholung gesehen und ok, er ist von der Strecke gegangen. Aber an diesem Punkt war es schon zu spät."
Dass Haas der Vorfall scheinbar durch die Lappen ging, liegt Komatsu zufolge in der Personalsituation des Teams begründet: "Wir haben einfach so limitierte Ressourcen. Es ist nicht wie bei anderen Teams, wo sie eine Mission Control oder so haben. Sie haben so viele Leute, die alles überwachen und sich jeden einzelnen Funkspruch anhören."
Haas mit langsamem Rekrutierungsprozess
Haas hat von allen Teams im Formel-1-Paddock mit Abstand die kleinste Mitarbeiteranzahl, die auf die drei Standorte des Teams im US-amerikanischen Kannapolis, im britischen Banbury sowie beim Ferrari-Windkanal in Maranello aufgeteilt sind. Komatsu peilt zwar an, die Mitarbeiteranzahl kontinuierlich und schon in diesem Jahr zu vergrößern, über Nacht könne das jedoch nicht geschehen.
Doch selbst einzelne Personen können einen großen Unterschied ausmachen. "Ich kann die Zahl nicht um fünf Leute erhöhen, aber selbst, wenn wir um zwei Leute erhöhen, ist das einer für jedes Auto. Ich bin mir sicher, dass es Leute gibt, die das außergewöhnlich finden, aber so ist die Situation bei uns", erklärt Komatsu, der im Januar 2024 auf Günther Steiner gefolgt war.
Haas setzte erste Änderungen um
Haas hat nach dem Rennen in Saudi-Arabien aber bereits kurzfristige Maßnahmen eingeleitet, sodass für die nächsten Rennen vorgesorgt ist. "Wir haben jetzt zumindest ein paar Leute eingesetzt, die zu jedem Zeitpunkt die Onboard-Kamera von jedem Fahrer verfolgen. Und die, je nachdem gegen wen unser Fahrer gerade kämpft, den Teamfunk hören. So hätten wir mit Tsunodas Funk direkt realisieren können, dass Kevin abseits der Strecke war."
Haas hat zwar schon jetzt einen sogenannten Race Support Room während den Sessions, der Komatsu zufolge jedoch über den Wochenendverlauf immer spärlicher besetzt ist, denn: "Wenn Leute am Wochenende arbeiten, müssen wir ihnen unter der Woche einen Tag zurückgeben. Wir müssen uns fragen, ob es schlechter ist, jemanden zu fragen, am Samstag oder Sonntag zu arbeiten, oder einen Montag mit anderer Arbeit zu opfern."
Haas sportlich im Aufwind
Abgesehen von operativen Problemen kann Ayao Komatsu auf eine sportlich zufriedenstellende Bilanz nach seinen ersten drei Rennwochenenden als Formel-1-Teamchef zurückblicken. Haas konnte nach Hülkenbergs Punkt in Jeddah auch in Australien punkten - und das nach Ausfällen der Spitze sogar mit beiden Autos. Zudem scheint Haas die Achillesverse der letzten Saison, den Reifenverschleiß, deutlich besser im Griff zu haben. Darauf hatte die Mannschaft schon bei den Testfahrten den Fokus gelegt und die meisten Runden aller Teams abgespult.
Dennoch gibt es auch am VF-24 noch Schwachstellen auszuräumen. Allen voran die Highspeed-Performance nennt Komatsu als Baustelle. Aber auch die mangelhafte Weiterentwicklung während der Saison stellte in der Vergangenheit ein Problem dar. Haas rutschte zuletzt im Saisonverlauf immer wieder ab, so floppte unter anderem ein umfangreiches Update 2023 in Austin.
Wird der Update-Fluch besiegt?
Auch Komatsu ist bewusst, dass er für eine erfolgreiche Amtszeit den Update-Fluch brechen muss: "Es ist sehr gut dokumentiert, dass wir zuvor nicht in der Lage gewesen sind, das Auto zu verbessern." Auch dafür habe Haas die Testfahrten neben der Reifenthematik genutzt: "Wir konzentrierten uns darauf, der Aerodynamik-Abteilung eine Richtung vorzugeben, indem wir bestimmte Tests durchführen. Alles nach dem Motto: 'So müssen wir das Auto entwickeln.'"
Den Rückstand zu den Top-5-Teams im Saisonverlauf aufzuholen, könnte sich jedoch selbst bei einer erfolgreichen Entwicklung als schwierig herausstellen. Angesprochen auf die Lücke zur aktuell fünften Kraft Aston Martin meint Komatsu: "Sie werden auch nicht stillstehen. Es ist nicht einfach. Und Aston Martin ist ein gutes Team. Ich werde nicht hier sitzen und sagen, dass wir sie abfangen werden."
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