Mercedes erlebte mit über acht Zehnteln Rückstand und den Plätzen sieben und acht im Qualifying zum Saudi-Arabien-GP eine herbe Niederlage. Die Pace steckte im neuen W15, doch ein altbekanntes Problem unterminierte die Zeitenjagd von George Russell und Lewis Hamilton: Bouncing.

"Platz vier war das echte Potenzial des Autos heute", ist sich Russell sicher. Das ist viereinhalb Zehntel schneller als seine P7-Zeit. Seine entscheidende Q3-Runde ging jedoch mit einem massiven Quersteher in Kurve 10 den Bach runter. "Ich habe eingelenkt, das Auto ist aufgesessen, und ich bin weggerutscht."

Ein klassischer Fahrfehler war das keiner. Sowohl Russell als auch Hamilton hatten durch die schnellen Kurven im ersten Sektor massive Probleme mit immer wieder auftretendem Bouncing. Der W15 tendierte bei hohen Geschwindigkeiten dazu, eine Auf-Ab-Bewegung einzuleiten, bis er schließlich auf dem Asphalt aufsaß.

Besonders zu Beginn der 2022 eingeleiteten Ground-Effect-Ära ein massives Problem, haben die meisten Teams dieses oft aerodynamisch indizierte Bouncing inzwischen in den Griff bekommen. Nicht so Mercedes am neuen Auto. "Es ist sehr, sehr, sehr schwierig, in diesem ersten Sektor zu pushen", seufzt Hamilton. "Deshalb sind wir in dieser ersten Passage so langsam."

Russell ermahnt Mercedes zum Vorausdenken

Das Problem ist für Mercedes bislang schwer fassbar. Wie schon in Bahrain rollte das Auto mit einer soliden Basis am Donnerstag auf die Strecke. Russell beendete den Donnerstag auf dem zweiten Rang hinter Fernando Alonso. Aber je länger das Wochenende, je höher der Streckengrip, je höher das allgemeine Tempo, desto schlechter wird der W15.

Mercedes-Fahrer George Russell
George Russell kämpft mit schnellen Kurven, Foto: LAT Images

"Vielleicht müssen wir voraus denken", mutmaßt Russell, dass Mercedes noch nicht versteht, wie man den W15 auf die sich im Laufe des Wochenendes verbessernde Strecke abstimmen muss. "Das Auto wird durch die Kurven schneller, nähert sich dem Boden an, und dann wird das Bouncing wohl schlimmer. Das war mein Problem heute im Qualifying. Ich kam nicht durch die schnellen Kurven."

"Wir jagen dem Abtrieb hinterher, aber vielleicht ist der Abtrieb die Verluste nicht wert, die das Bouncing mit sich bringt", zweifelt Russell die bisherigen Setupwege an. Mehr Abtrieb ist einer der möglichen Bouncing-Ursachen. "Vielleicht müssen wir einfach einen besseren Kompromiss finden."

Hamilton-Frust: Zwei horrende Qualifyings

Ein zu optimistisches Setup könnte erklären, warum der Mercedes am ersten Tag der bisherigen Wochenenden unverhältnismäßig schnell ist. Die Konkurrenz sieht mit konservativeren Setups nur langsam aus, ist aber in Wahrheit viel besser auf das Qualifying optimiert, was sich erst in ebendiesem dann tatsächlich zeigt.

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Russell ärgert sich in Saudi-Arabien über die verpasste Chance. Er steht aber selbst nach dem großen Fehler in der Startaufstellung vor Lewis Hamilton. Der zweite Mercedes-Pilot ist deutlich unglücklicher mit dem unberechenbaren Heck. Sein Kampf gegen das Bouncing mündete bislang mit diversen Setup-Richtungen, und produzierte bloß ein stetig instabiles Heck. Selbst ein Versuch mit einem größeren Heckflügel im 3. Training brachte nur in der Nachmittagssonne etwas.

"Ich dachte, ich würde das mit ins Qualifying nehmen, aber das Bouncing war noch immer da", ärgert sich Hamilton. "Wenn du das wegnimmst, ist das Auto in allen Bereichen so viel besser als im Vorjahr. Aber das macht uns echte Probleme. In den Sektoren 2 und 3 sind wir viel näher dran, in allen anderen Kurven. Nur dieser erste Sektor ist wie im Vorjahr."

Sowohl Hamilton als auch Russell schwören jetzt auf die Rennpace. Besser als McLaren und Fernando Alonso wollen sie sein, doch mit dem schlechten Qualifying haben sie sich ein Loch gegraben. Besonders Hamilton ist frustriert. Startplatz neun in Bahrain, Startplatz acht in Jeddah: "Das sind zwei horrende Qualifyings. Morgen geht es nur darum, cool zu bleiben und Spaß zu haben. Vorne, um den Sieg, da kämpfen wir nicht."