Trotz WM-Platz Zwei im Vorjahr hat Mercedes zwei enttäuschende Jahre hinter sich. Die einstigen Dauerweltmeister standen mit den Ground-Effekt-Regeln und ihren Autos auf Kriegsfuß. George Russell und Lewis Hamilton beschwerten sich immer wieder über die Launen ihres Dienstwagens, die dem Auto den wenig schönen Beinamen einer 'Diva' einbrachte. Nach den Testfahrten in Bahrain sieht es nun aber so aus, als gehöre dies mit dem W15 der Vergangenheit an.

Endlich: Simulation und Realität stimmen überein am W15

Der Kontrast zu den Vorjahren war allen Beteiligten anzuhören. "Zu dieser Zeit waren wir letztes Jahr in einer Welt der Schmerzen", erinnert sich Technickchef James Allison. Jetzt atmet der Brite aber auf: "Obwohl wir nicht das schnellste Auto haben, so haben wir zumindest ein gutmütiges, das ordentliche Pace im Longrun hat. Wir müssen noch ein bisschen an der Pace auf eine Runde arbeiten, aber die Geburt des Autos war definitiv viel besser als im letzten Jahr."

Technischer Direktor von Mercedes James Allison
James Allison zeigte sich zufrieden mit dem Test, Foto: Mercedes

"Ich bin zuversichtlich, dass wir uns in einer viel besseren Position befinden als vor 12 Monaten", meinen auch Russell und Allisons Ingenieuerskollege Andrew Shovlin fast wortgleich. Dem Mercedes scheinen die Flausen ausgetrieben worden zu sein. Die so wichtige Korrelation stimmt nun. "Einer der schönen Aspekte des Autos im Kontrast zum Vorjahr ist, dass wir etwas verändern können und das Auto darauf reagiert. Es reagiert mehr oder weniger wie es uns die Simulationen voraussagen. Das gibt uns Zuversicht, dass wir Dinge aus der virtuellen Welt in der Fabrik hierherbringen und erwarten können, dass sie funktionieren werden. Das ist für uns ermutigend", freut sich Allison.

Russell bestätig dies: "Das Auto lässt sich gut fahren und entspricht dem Gefühl, das wir im Simulator hatten, bevor wir hierherkamen. Wir haben eine sehr gute Basis, auf der wir aufbauen können." Solche Aussagen waren von Mercedes-Fahrern in den Vorjahren nicht zu hören. Shovlin dankte der Mannschaft in Brackley dafür: "Das Team hat hart daran gearbeitet, die Schwächen im Handling des W14 auszubügeln, und es ist großartig, dass wir einige dieser Probleme hinter uns gelassen zu haben scheinen."

Rückstand auf Red Bull: Mercedes muss gute Basis ausbauen

Dennoch ist klar, dass die Silberpfeile noch bei weitem nicht am Ziel sind. "Wir sind uns bewusst, dass wir noch eine Menge Rundenzeit finden müssen. Wir wussten schon vor dem Test, dass dies der Fall sein würde, und Red Bull sieht einmal mehr sehr stark aus", muss Russell zugeben. Dafür experimentierte Mercedes bei den Tests auch noch. "Wir wollten uns durch ein paar Setup-Änderungen durcharbeiten, die nicht möglich sind, wenn die Saison bereits läuft", erklärt Allison.

Ganz konkret handelte es sich dabei um Änderungen an der Montierung der Vorderradaufhängung. Mercedes hat an der Seite des Chassis extra eine Platte angebaut, auf der die Aufhängungen unterschiedlich platziert werden können.

"Wir haben den Anti-Dive-Level an der Vorderradaufhängung geändert. Das sind genau die Art von Änderungen, die du nicht zwischen Runs in einer Trainingssitzung machen kannst. Es war also sehr hilfreich das fertig zu haben und es mit den Runs von gestern zu vergleichen", erklärte Allison. Die Aufhängung soll das Auto beim Anbremsen in Position halten, damit der Luftstrom konstant anliegt. Von einer stabilen Aerodynamik konnte Mercedes in den Vorjahren kaum sprechen. Das Arbeitsfenster war stets sehr klein und schwer zu finden.

Mercedes-Fahrer George Russell in der Boxengasse
Mercedes experimentierte mit den Vorderradaufhängungen, Foto: LAT Images

Hamilton mit Vorfreude: Werden in guter Form sein!

Russell definierte die zwei Ziele für die kommenden Wochen. Erstens: "Das Beste aus dem Paket herauszuholen, das wir haben." Zweitens: "Mehr Abtrieb hinzuzufügen und zu versuchen, die Lücke zu schließen." Teamkollege Hamilton übte sich in Optimismus für sein letztes Mercedes-Jahr. "Wir haben eine großartige Plattform, auf der wir aufbauen können", ist sich der siebenfache Champion sicher. Seine Stimmung vor der Saison scheint so gut wie seit 2021 nicht mehr: "Ich freue mich sehr auf den Saisonstart nächste Woche. Wir werden in guter Form sein."