Alpine hielt am Mittwoch in Enstone seinen Formel-1-Launch für die kommende Saison ab und präsentierte in dessen Rahmen auch das gesamte Motorsport-Programm für das kommende Jahr, inklusive dem WEC-Team rund um Mick Schumacher. Die Veranstaltung ging im Hauptquartier der ehemaligen Renault-Mannschaft vor einem Publikum aus geladenen Gästen, Medienvertretern und Sponsoren über die Bühne.
Das Highlight der Präsentation war das Auto selbst. Denn als erste Formel-1-Mannschaft in dieser Saison enthüllte Alpine sein echtes Auto und zeigte nicht nur Renderings oder ein Show-Car. In der Formel 1 will der Rennstall, der in den letzten Jahren regelmäßig auf der Führungsetage wichtige Entscheidungsträger austauschte, in der kommenden Saison weiterhin an den internen Strukturen, Abläufen und Einstellungen arbeiten.
Alpine-Umbau ein Erfolg? Famin will 'Aufbruch-Dynamik' fortsetzen
"Wir haben für die zweite Saisonhälfte Änderungen vorgenommen, vor allem an der Arbeitsweise des Teams an der Rennstrecke, die sofortige und greifbare Erfolge brachten", behauptete Teamchef Bruno Famin in Anbetracht des personellen Radikal-Umbaus im abgelaufenen Jahr. Diesem waren unter anderem der ehemalige Teamchef Otmar Szafnauer und Technik-Leiter Alan Permane zum Opfer gefallen.
Der zentrale Pfeiler im Team bleibt Famin selbst. Wie sich in den letzten Monaten schon andeutete, wird der Motorsport-Verantwortliche bei der französischen Sportwagenmarke die Rolle als Teamchef, welche er im Juli 2023 interimsmäßig annahm, nun fix weiter besetzen und ist damit direkt Alpine-CEO Philippe Krief unterstellt, der ebenfalls im Juli 2023 von Laurent Rossi übernahm.
Famin gab für 2024 folgende Marschroute aus: "Unser Ziel ist es nun, diese Dynamik auf das gesamte Alpine Racing Team auszudehnen, und wir wollen 2024 ganz vorne mit dabei sein, wenn es darum geht, hohe Standards zu erfüllen und die operative Exzellenz zu erhalten." Personell soll das mit zwei neuen Posten gelingen. Sowohl in Enstone als auch im Motoren-Werk in Viry-Chatillon wurden neue Chief Operating Officer ernannt, sie sollen Famin etwas Last von den Schultern nehmen.
Nichts bleibt mehr beim Alten: Alpine A524 von vorne bis hinten neu
Technisch bleibt aber auch kein Stein auf dem alten. "Es gibt viele große Änderungen", verriet Technik-Chef Matt Harman. "Wir hatten das Potential des A523 ausgenutzt, deshalb ist der A524 von vorne bis hinten neu." Vor allem das Arbeitsfenster galt es mit dem neuen Boliden zu vergrößern. Auf den ersten Blick hat sich gar nicht so viel geändert, schaut man das Auto aber nur etwas genauer an, sieht man tatsächlich einen komplett neuen Boliden.
Das beginnt bereits vorne an der Nase, die nun weiter nach unten gezogen ist. Weil das unterteste Frontflügelelement noch darunter angebracht ist, sitzt der Flügel nun näher am Asphalt. Das extrem aggressiv eingeschnittene obere Flügelelement ist in der Launch-Version nicht mehr zu sehen, allerdings sagt das noch nicht viel - zumal Alpine auch 2023 beim Frontflügel hin und her experimentierte. Hier wollte man sich vor allem Freiheiten für die nächsten zwei Jahre, die letzten beiden Saisons nach dem aktuellen Reglement geben.
Was ist am Alpine A524 alles neu?
Hinter der Nase gibt es ein komplett neues Chassis. Die Unterseite wirkt auf den ersten Fotos keilförmiger. Dazu wurde auch die Vorderradaufhängung angepasst. Die oberen Querlenker sind stärker angestellt: Der vordere Teil ist weiter oben am Chassis angebracht, der hintere weiter unten. Dadurch wird die Anti-Dive-Wirkung verstärkt, das Auto nickt auf der Bremse weniger ein und sorgt dadurch für eine stabilere aerodynamische Plattform. Alpine folgt nicht dem Red-Bull-Vorbild und bleibt an der Vorderachse bei Pushrods.
Die Seitenkästen sind prinzipiell ähnlich geformt wie ihre Vorgänger, nur etwas aggressiver. Der extreme Wasserrutschen-Einschnitt neben dem Motor bleibt. Die Lufteinlässe liegen höher und sind kleiner, sind aber noch weit vom Briefkastenschlitz des Red Bull entfernt. Die Motorenabteilung im französischen Viry half mit einem neuen Kühlsystem den Chassis-Kollegen in Enstone dabei, die Power Unit besser zu integrieren. Während die Lufteinlässe am Seitenkasten kleiner wurden, wuschs die Airbox etwas. Die Öffnungen rund um den Überrollbügel fallen deshalb etwas eckiger aus.
Großes Augenmerk wurde bei der Entwicklung auch auf die Bremsbelüftung gelegt. Änderungen sind zwar zu erkennen, die meisten Dinge passieren dort aber hinter der äußeren Verkleidung. Sehr gut sind dafür die Änderungen an der Hinterachse zu erkennen. Zum zweiten mal in Folge haben die Ingenieure dort größere Änderungen am Getriebegehäuse vorgenommen.
Schon im Vorjahr wechselte man dort von Pull- auf Pushrods. Für 2024 ging man mit der Red-Bull-Kopie noch weiter: Die oberen Querlenker sind nun aus aerodynamischen Gründen weiter hinten angebracht und viel weniger gespreizt.
Auffällig ist auch die Farbe: Am A524 ist deutlich mehr Schwarz zu erkennen als am Vorgänger. Dafür dürfte es mehr als nur ästhetische Gründe geben: Schwarz ist nicht lackiert, zu sehen ist das blanke Karbon. Das spart Gewicht.
Alpine wieder mit zwei Lackierungen: Acht Rennen in Rosa
Die Front ist beinahe vollständig in schwarz gehalten und nur blau umrandet, im Vorjahr war sie noch vollständig blau, auch der Frontflügel hat den Großteil seiner Pink-Töne abgelegt. Über der Motorabdeckung ist die Lackierung um einiges verspielter als jene des Vorgängers, dort gibt es einen Verlauf verschiedener Blau-Töne, der sich mit schwarzen Design-Elementen abwechselt und am Heck in Pink-Töne übergeht.
Wie schon in den Vorjahren kommen aufgrund einer Sponsoren-Partnerschaft auch 2024 im Laufe des Jahres zwei verschiedene Alpine-Designs zum Einsatz. Gleich bei acht Grands Prix wird die Farbe Pink auf der Bemalung des Boliden wieder Überhand nehmen. Bei dieser sind die ansonsten blauen Elemente in rosa gehalten und andersherum ebenso. Im Vorjahr bestritt man nur die ersten drei Rennen mit der Sonderlackierung.
Sophia Flörsch bleibt Alpine-Junior
Am Fahrerkader für die Formel-1-Team ändert sich im kommenden Jahr bekanntermaßen nichts: Esteban Ocon und Pierre Gasly bleiben weiterhin Stammfahrer. Jack Doohan bleibt nach wie vor Ersatzpilot und Simulatorfahrer. Mit dem Ende seiner Formel-2-Laufbahn ist er allerdings offiziell kein Teil der Nachwuchsmannschaft mehr. Der Australier erhält dafür ein Test-Programm mit dem Boliden aus der F1-Saison 2022.
Der Bekanntgabe des Alpine-Nachwuchskaders für die kommende Saison kommt ohne Überraschungen aus. Formel-2-Pilot Victor Martins bleibt nach wie vor Teil des Teams. Auch F3-Fahrer Nikola Tsolov und Gabriele Mini, Kart-Pilot Kean Nakamura-Berta und Abbi Pulling bleiben Alpine-Nachwuchs.
Aus deutscher Sicht besonders wichtig: Die Münchnerin Sophia Flörsch, die auch selbst beim Launch anwesend war, bleibt ebenfalls im Nachwuchs-Team der Franzosen. Im Laufe des abgelaufenen Jahres kamen noch F2-Pilot Kush Maini und der Formel-4-Fahrer Nicola Lacorte dazu. Alle diese Fahrer wurden aber bereits vor längerem bekanntgegeben. Nicht mehr Teil des Alpines-Nachwuchses sind neben Doohan Matheus Ferreira und Aiden Neate.
Hier der gesamte Alpine-Launch im Video
Formel-1-Präsentationen: So geht es weiter
In dieser Woche steht nur noch ein Launch auf dem Programm, nämlich jener der Racing Bulls am Donnerstag. Die letzten fünf Teams präsentieren ihre Boliden jeweils in der nächsten Woche, bevor ab dem 21. Februar die Formel-1-Testfahrten in Bahrain beginnen.
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