Konnte das Team seine Batterien in der Nachsaison-Testpause wieder aufladen?

Mark Ellis: Selbstverständlich! Obwohl wir in diesem Jahr weniger testen konnten, war es eine anstrengende Saison. Und natürlich benötigen alle Mitarbeiter etwas freie Zeit, um sich zu erholen und mit frischen Kräften wieder an die Arbeit zu gehen. Die kommende Jahreszeit ist für uns die anstrengendste im ganzen Jahr. Wir haben drei harte Wochen vor Weihnachten, gefolgt von einer kurzen Pause. Im Januar und Februar kommen dann acht anstrengende Testwochen, in denen wir jede Woche Testfahrten vor dem ersten Rennen in Bahrain durchführen werden. Natürlich gibt es im Motorrennsport – unabhängig von der Klasse – bestimmte Zeiten, wo man arbeiten muss und sich nicht frei nehmen kann. Wir haben im August eine kurze Pause, aber im November, wo wir nicht testen dürfen, können wir uns erholen, und das Team kann eine wohlverdiente Pause einlegen.

Welche Unterschiede haben sich für Sie durch die 2005 eingeführten Testbeschränkungen ergeben?

Mark Ellis: Wir arbeiten jetzt seit einigen Jahren mit Einschränkungen beim Testen, und ich glaube, dass 2005 nur ein weiterer Schritt war. Folglich war es kein großer Unterschied. Der wichtigste Unterschied war die Einschränkung der Fahrzeit auf 30 Tage während der Saison. Folglich war es am wichtigsten, die Effizienz in allen Bereichen zu verbessern. Auf diese Weise konnten wir unser Programm innerhalb der erlaubten Tage optimieren. Wir wollten eine höhere Kilometerzahl pro Tag erzielen und außerdem sicherstellen, dass die Prioritäten richtig geordnet sind, damit wir den wichtigsten Teil des Programms zu jeder Zeit auf der Strecke durchführen können. Bei allen Einschränkungen muss sichergestellt werden, dass das, was unterm Strich übrigbleibt, am unwichtigsten ist. Trotz der Einschränkungen war 2005 jedoch unser bestes Jahr im Hinblick auf unsere Entwicklung. Am Ende des Jahres machte die Leistung des Wagens einen recht guten Eindruck. In der zweiten Hälfte der Saison waren wir schon das drittbeste Team. Wenn man sich unseren Start in die Saison 2005 anschaut, betrachte ich das als großen Fortschritt, zu dem allerdings nicht nur das Testteam, sondern alle Mitarbeiter aus den Bereichen Planung, Entwicklung und Herstellung durch ihre großartige Arbeit im Jahr 2005 mit beigetragen haben.

Was macht das Testteam, wenn es keine Tests durchführt?

Mark Ellis: Das kommt ganz darauf an. Normalerweise bereiten wir uns auf die kommenden Testfahrten vor. Während der Saison führen wir alle paar Wochen dreitägige Testfahrten durch, und das Testteam ist dann die ganze Woche unterwegs. In der darauffolgenden Woche geht es dann zurück ins Werk, wo der Wagen zerlegt wird und die einzelnen Bauteile geprüft und überholt werden, um unseren strengen Sicherheits- und Zuverlässigkeitsstandards gerecht zu werden. Die Testergebnisse müssen von den Ingenieuren ausgewertet werden, damit wir das Paket für das nächste Rennen optimieren und den nächsten Test planen können. Außerdem wird es neue Bauteile geben, die vorbereitet und angepasst werden müssen, bevor es auf die Rennstrecke geht. Ohne eine optimale Vorbereitung ist es nicht möglich, 20 bis 25 Runden und 800 km an einem Tag zu fahren und alle neuen Bauteile richtig zu prüfen.

Wie viele Testkilometer werden Sie vermutlich vor dem Rennen in Bahrain zurücklegen?

Mark Ellis: Das hängt natürlich auch vom Wetter ab, aber ich schätze zwischen 25.000 und 30.000 km.

Auf welchen Rennstrecken werden Sie fahren, und warum haben Sie sich für diese Strecken entscheiden?

Mark Ellis: Wie schon gesagt... Das Wetter spielt eine wichtige Rolle, und deshalb testen wir fast nur in Spanien. Das ist das wärmste und trockenste Land in Europa zu dieser Jahreszeit – normalerweise! In Mitteleuropa friert es im Winter, in Großbritannien ist das Wetter zu unbeständig und meistens zu nass oder zu kalt. Aber in Spanien ist es mild und trocken, und deshalb ist Spanien für uns die erste Wahl. Wir werden hauptsächlich in Jerez und Barcelona fahren, da die dortigen Streckenführungen am besten geeignet sind, um die Entwicklung des Wagens zu testen – obwohl wir im neuen Jahr auch in Valencia testen werden.

Vermutlich wird die Einführung der neuen Generation von V8-Motoren in den kommenden Monaten noch mehr Arbeit für das Testteam bedeuten?

Mark Ellis: Es gibt jedes Jahr Änderungen – in manchen Jahren sind sie natürlich umfangreicher als in anderen Jahren -, die die Art und Weise verändern, wie wir in der kommenden Rennsaison vorgehen müssen. 2005 durfte bei den Rennen nur ein Paar Reifen verwendet werden, und das war eine kolossale Änderung. Folglich mussten wir unsere Wintertests an diese Regelung anpassen. Mit dem neuen V8-Motor sind wir insgesamt etwas langsamer. Wir werden bei der Abstimmung des Wagens andere Kompromisse machen müssen, aber das müssen wir ja auch, wenn wir auf verschiedenen Rennstrecken fahren. Das größte Problem ist das größere Vibrationsaufkommen des V8-Motors gegenüber dem V10, und wir müssen dafür sorgen, dass sich daraus keine Probleme mit der Zuverlässigkeit ergeben – und zwar nicht nur beim Motor, sondern beispielsweise auch in Bezug auf die Schraubverbindungen. Der Motor ist fest mit dem Fahrwerk verbunden, und deshalb sind auch alle anderen Bauteile von den Vibrationen betroffen. Wenn wir den V8 zum ersten Mal laufen lassen, werden wir sicher alle Probleme schnell erkennen und beheben können.

Welche Fahrwerke/Wagen werden Sie bis zur Präsentation des Rennwagens für die Saison 2006 im Januar verwenden?

Mark Ellis: Wir werden hauptsächlich unseren Konzept-Car für 2006 verwenden. In diesem Jahr besteht er aus dem aktuellen Rennfahrwerk und dem neuen Heck, einschließlich des neuen V8-Motors. Wir werden auch den Rennwagen von 2005 ein paar Mal verwenden – einmal in Barcelona, um die Aerodynamik zu testen und dann auch im Januar, wenn Rubens zum ersten Mal für uns fährt.

Worin bestehen die Vorteile eines Konzept-Cars?

Mark Ellis: Wir können das gesamte Hecke und die Kraftübertragung so bald wie möglich testen. Die Kraftübertragung ist das größte Zuverlässigkeitsrisiko, da sie am schnellsten verschleißt und am meisten beansprucht wird. Der Wagen wird heiß und vibriert, und das wirkt sich auch auf das übrige Heck aus: die Radaufhängung und das Getriebe. Je eher wir mit den Testfahrten beginnen, desto eher können wir die Probleme bei der Planung und Entwicklung erkennen und beheben.

Sie haben den Honda V8-Motor im Frühjahr in Mugello getestet. Wie sahen die Ergebnisse aus?

Mark Ellis: Dieser Motor war ein sehr früher Prototyp, der auf dem V10 von 2004 basierte. Wir wollten uns vor allem ein Bild von den größten Schwierigkeiten machen, die auf uns zukommen würden. Wir wussten bereits, dass die Vibrationen zunehmen würden und dass sich das Fahrverhalten aufgrund des schwächeren Motors ändern könnte. Bei den Testfahrten in Mugello wollten wir hauptsächlich die Ergebnisse der Arbeiten am Fahrsimulator und an den Leistungsprüfständen überprüfen. Und wir wollten herausfinden, ob es noch irgendwelche weiteren Probleme gibt, die nur durch Testfahrten erkannt werden können.

Der neue Wagen wird weniger Leistung haben. Wird es schwieriger sein, die Leistungsfähigkeit des Teams in den kommenden Monaten und die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den anderen Teams in der kommenden Formel 1-Saison zu bestimmen?

Mark Ellis: Bevor nicht alle Teams ihre Wagen für 2006 präsentiert haben, wird es sicherlich schwieriger werden als bisher. In den vergangenen Jahren, als die Regeländerungen noch geringfügiger waren, konnten wir die Leistung der Wagen kontinuierlich steigern, und das hat uns die Leistungsmessung erleichtert. Aber wenn die Leistung durch die Änderungen abnimmt, dann wird es schwierig. Bis Ende Januar werden wir verschiedene Wagen fahren – das Modell 2005 mit V10-Motoren, Interim-Wagen mit gedrosselten V10-Motoren, einige Wagen mit V8-Antrieb und schließlich den fertigen Wagen für 2006. Bei einigen Wagen wird die Zusammenstellung einfach sein, bei anderen nicht – was den Vergleich erschwert.

Wie wichtig ist der Leistungsvergleich gegenüber den anderen Teams?

Mark Ellis: Der gesamte Planungs- und Entwicklungsprozess zielt darauf ab, das beste Paket zu erstellen. Aber es ist sehr wichtig zu wissen, wie gut man ist - insbesondere während des Winters, wenn keine Rennen stattfinden. Letztlich dreht es sich darum, dass man sich auf sein eigenes Programm konzentriert und Anhaltspunkte dafür bekommt, ob es gut genug ist oder nicht.

Letzte Frage: Wie wichtig ist das Testteam Ihrer Meinung nach für das gesamte Unternehmen?

Mark Ellis: Das Team spielt eine sehr wichtige Rolle im Entwicklungsprozess. Wir tragen zur Entwicklung und Produktion des Wagens bei. Die Arbeit, die erforderlich ist, um einen neuen Wagen lauffähig zu machen, sollte nicht unterschätzt werden. Aber nicht nur das Testteam arbeitet im Winter hart. Das Team besteht aus über 400 Mitarbeitern, die das ganze Jahr über Ihren Beitrag leisten. Wir hätten keinen Wagen zum Testen, wenn es nicht die Entwickler gäbe – und die Fahrwerksingenieure, die Motoringenieure, die Aerodynamikspezialisten, die Mitarbeiter im Produktionsbereich und in der Honda F&E-Abteilung in Tochigi, die alle sehr knapp bemessene Fristen einhalten müssen, damit wir die Wagen testen können.