Geht Honda davon aus, dass es ein eigenes Formel 1 Team besitzen muss, um den Erfolg sicherzustellen?

Yasuhiro Wada: Nein. Der Besitz eines Teams ist nicht der entscheidende Faktor. Der Besitz eines Unternehmens ist niemals am wichtigsten, da der Einsatz der richtigen technischen Mittel, erfahrener Mitarbeiter und die richtigen Einstellung viel wichtiger sind. Für mich war der Sprung von null auf 45% Eigentümerschaft ein viel größerer Sprung als von 45 auf 100%.

Welche Veränderungen werden sich durch die neuen Eigentumsverhältnisse im Alltag des Teams ergeben?

Yasuhiro Wada: Es wird keine allzu großen Veränderungen geben - wir arbeiten schon jetzt sehr auf Sieg. Intern wird es allerdings eine engere Zusammenarbeit zwischen der Forschungs- und Entwicklungsabteilung in Japan und unseren technischen Teams hier in Brackley geben, so dass uns mehr Mittel zur Verfügung stehen. Das ist einer der größten Vorteile der neuen Verhältnisse.

Was kann Honda tun, um von einem Team, das regelmäßig auf dem Podium steht, zu einem Siegerteam zu werden?

Yasuhiro Wada: Die vergangene Saison war ziemlich enttäuschend. Ich kann nicht leugnen, dass wir 2005 Probleme mit den Aerodynamikregeln hatten und keine optimalen Ergebnisse mit unseren Michelin-Reifen erzielen konnten. In Bezug auf den Motor gab es anfangs Probleme, aber gegen Ende der Saison war unser Motor sehr leistungsstark und sehr zuverlässig. Es besteht kein Zweifel daran, dass wir gewinnen können. Wir müssen uns nur in den entscheidenden Bereichen verbessern. In der nächsten Saison gibt es eine neue Motorregelung. Wir müssen einen V8-Motor einsetzen, und das wird eine große Herausforderung sein – aber hoffentlich auch eine große Chance für uns. Es ist wichtig, dass wir gleich von Anfang an leistungsstark sind. Erfahrungsgemäß kann sich dieses Team im Verlauf einer Saison stark verbessern. Jetzt ist es am wichtigsten, dass wir einen guten Start haben, damit wir darauf aufbauen können.

Honda hat seine Motorsport-Programme immer dazu verwendet, die hauseigenen Ingenieure zu schulen und zu motivieren. Werden Sie auch weiterhin nach dieser Philosophie vorgehen, oder kommt es Ihnen künftig nur aufs Gewinnen an?

Yasuhiro Wada: Nein, denn das ist ein sehr wichtiger Bestandteil unseres Programms. Der Motorsport gehört zur DNA von Honda, und ich hoffe, dass diese DNA auch in allen Firmen und Menschen vorhanden ist, die mit Honda zusammen arbeiten. Außerdem glauben wir, dass wir durch regelmäßiges Auswechseln unserer Ingenieure innerhalb unserer Wettbewerbsaktivitäten neue Ideen erzeugen können. Ob Sie es glauben oder nicht - es gibt immer einige Lektionen, die Formel 1 Teams aus der Serienproduktion lernen können - und umgekehrt auch.

In Formel 1 Rennwagen wird 2006 eine neue Generation von V8-Motoren eingesetzt. Wann begann Honda mit der Arbeit am 8-Zylinder-Projekt?

Yasuhiro Wada: Wir haben mit dem Konzept begonnen, nachdem die neue Regelung vor fast einem Jahr eingeführt wurde. Wir haben im April einen Motor in Mugello getestet, um die unterschiedlichen Fahreigenschaften eines V8-Motors und seine Wechselwirkung mit dem Fahrwerk zu untersuchen. Der endgültige Motor wird Ende dieses Monats im Conzept Car eingesetzt. Derzeit laufen bei uns viele V8-Motoren auf Leistungsprüfständen, da wir die Fahreigenschaften, die Leistung und die Zuverlässigkeit optimieren möchten. Ich glaube, dass wir jetzt eine gute Vorstellung von der künftigen Leistungsfähigkeit der Motoren haben.

Ist der V8-Motor mit seinen 2,4 l einfach ein V10-Motor, der zwei Zylinder weniger hat?

Yasuhiro Wada: Nein. Es handelt sich um einen völlig neuen Motor. Die beiden Motoren haben ganz unterschiedliche Eigenschaften, und es gibt außerdem neue Regelungen über das Mindestgewicht und die minimale Kurbelhöhe sowie Beschränkungen bei der Auswahl einiger bestimmter Materialien. Folglich ist der V8 ein völlig neues Konzept.

Einige Fachleute glauben, dass ein leistungsreduzierter V10-Motor eine bessere Lösung für 2006 wäre als ein neuer V8. Haben Sie schon einmal daran gedacht, entsprechende Versuche zu machen?

Yasuhiro Wada: Ich muss zugeben, dass wir lieber mit einem V10-Motor fahren würden, da diese Motoren nur in der Formel 1 eingesetzt wurden. Folglich ist es in gewisser Weise ziemlich schade, dass wir einen V8-Motor einsetzen müssen. Derzeit ist es aus technischer Sicht tatsächlich so, dass ein leistungsreduzierter V10 leistungsstärker ist als einer der neuen V8-Motoren. Wir möchten jedoch nicht wieder zur V10-Technik zurückkehren müssen, da das Prinzip der neuen Regelung auf V8-Motoren basiert. Alle Motorenhersteller sind sich darüber einig, dass die vorgeschlagene Leistungsreduzierung nicht korrekt ist, und wir glauben, dass sich die FIA für ein günstigeres Äquivalent aussprechen wird.

V8-Motoren vibrieren stärker als V10-Motoren. Erwarten Sie für 2006 mehr mechanische Defekte bei den Motoren, die ja zwei Rennen halten müssen?

Yasuhiro Wada: Einer der wichtigsten Bestandteile unseres Entwicklungsprogramms, das wir derzeit auf den Leistungsprüfständen und künftig in Form von Testfahrten durchführen werden, besteht darin, dass wir sicherstellen müssen, dass der V8 genauso zuverlässig ist wie der V10. Wir wissen, dass die zusätzlichen Vibrationen des V8 einige Probleme verursachen kann. Wir arbeiten aber daran und sind zuversichtlich, dass wir die Probleme in den Griff bekommen werden.

Worin unterschiedet sich ein V8-Motor sonst noch von einem V10?

Yasuhiro Wada: Der Motor ist vor allem kleiner. Er hat weniger Zylinder und ist nicht so leistungsstark. Variable Ansaugkrümmer dürfen auch nicht mehr verwendet werden. Folglich steht uns ein schmaleres Drehzahlband zur Verfügung, und wir müssen beim Feintuning des V8 besonders sorgfältig vorgehen.

Es gab Gerüchte, Honda habe versucht, aus dem V10-Motor in der letzten Tuningstufe 1.000 PS herauszuholen. Wie nahe sind Sie diesem hochgesteckten Ziel gekommen?

Yasuhiro Wada: Sehr nahe! Und ich bin sicher, dass wir diese Zahl erreicht hätten, wenn wir weiterhin an dem V10 gearbeitet hätten.

Letzte Frage: Wie sehen Hondas Hoffnungen und Erwartungen für 2006 aus?

Yasuhiro Wada: In diesem Jahr hatten wir uns als oberstes Ziel gesetzt, wieder Rennen zu gewinnen, aber leider haben wir dieses Ziel nicht erreicht. Im kommenden Jahr werden wir wieder um die Weltmeisterschaft kämpfen und würden gern so bald wie möglich Rennen gewinnen. Und darum werden wir 2006 mit aller Kraft kämpfen.