Max Verstappen ist Formel-1-Weltmeister 2023. Was bereits seit Monaten eine unabwendbare Formalität war, wurde am vergangenen F1-Wochenende in Katar faktisch besiegelt. Mit 209 Punkten Vorsprung auf die Konkurrenz ist Verstappen fünf Grands Prix vor dem Ende der Saison nicht mehr einzuholen.

Der Red-Bull-Pilot drückt diesem Jahr seinen Stempel auf und bewies durch seinen teils exorbitanten Vorsprung gegenüber Teamkollege Sergio Perez, dass er nicht nur aufgrund seines Autos so weit vorne liegt. Konkurrenz hat er 2023 keine. Doch wo steht die derzeitige Saison von Verstappen im historischen Vergleich? Motorsport-Magazin.com hat sich durch die Statistiken gewühlt.

90 Prozent Punktequote: Verstappen überbietet Schumacher

Das Ergebnis spricht Bände: Max Verstappen überragt in mehreren Messgrößen die erfolgreichsten Fahrer des Sports. Am eindrucksvollsten ist wohl die Punkteausbeute des Niederländers. Nach 17 Rennen steht er bei 14 Rennsiegen und insgesamt 433 Punkten. Maximal wären in diesem Zeitraum 474 Zähler möglich gewesen.

Das ergibt eine Quote von über 90 Prozent aller verfügbaren Punkte. 91,35 Prozent, um genau zu sein. Wie eindrucksvoll diese Zahl ist, beweist ein Blick in die Vergangenheit. Im Vorjahr, als Verstappen ebenfalls überlegen die Weltmeisterschaft für sich entschied, holte er gerade einmal 76,17 Prozent aller verfügbaren Punkte. Lewis Hamiltons Karriere-Bestwert in einer Saison betrug 80,21 Prozent im Jahr 2015.

Auch die dominanten Jahre von Sebastian Vettel und Michael Schumacher konnten niemals diese Marken erreichen. Vettel sicherte sich etwa 2013 über 83 Prozent aller verfügbaren Punkte, Schumacher kam in der Saison 2002 nicht über eine Quote von knapp 85 Prozent hinaus. Das damalige Punktesystem, bei welchem Platz 2 und 3 verglichen mit heute unterproportional weniger Punkte erhielten, spielt dabei allerdings eine Rolle. Doch selbst mit der aktuellen Punkteformel läge Schumacher mit 87,56 Prozent noch hinter Verstappen.

Fahrer & SaisonPunkteMaximumProzent
Verstappen 202343347491,35
Verstappen 202245459676,17
Hamilton 202034744278,51
Hamilton 201538147580,21
Vettel 201339747583,58
Vettel 201139247582,53
Schumacher 200414818082,22
Schumacher 200214417084,71
Mansell 199210816067,5
Clark 1963739081,11
Ascari 195253,57274,31

Rekordjagd: Verstappen vs. Nigel Mansell

Auch was die durchschnittliche Endplatzierung im Rennen angeht, hat Verstappen gegenüber jener Schumacher-Saison die Nase vorne, und das, obwohl Schumacher in jedem einzelnen Rennen auf das Podium fuhr - eine Herausforderung, an der Verstappen schon scheiterte. Schumacher belegte 2002 im Mittelwert Platz 1,41, Verstappen landete bislang 2023 auf Durchschnitts-Position 1,35.

Wenn man einige (sehr viel kürzere) Saisonen aus der Frühzeit der Formel 1 einmal ausklammert, dann kam nur Nigel Mansell 1992 durchschnittlich auf einer besseren Position ins Ziel. Allerdings hatte Mansell im Unterschied zu Verstappen und Schumacher in seiner WM-Saison auch vier Ausfälle zu verzeichnen.

Im Qualifying liegt Verstappen interessanterweise sogar hinter seinem Schnitt aus dem Vorjahr. Das liegt daran, dass einerseits der Red Bull in diesem Jahr auf eine Runde nicht so gut läuft wie im Rennen. Andererseits hatte Verstappen 2023 mehrere Qualifying-Sessions, in denen er sich aus diversen Gründen weiter hinten einsortierte. So etwa in Saudi-Arabien, in Miami oder in Singapur. Rekordhalter ist auch hier Nigel Mansell 1992, aber nur knapp vor Sebastian Vettel 2011.

Fahrer & SaisonØ RennergebnisDNF/DNS/DNQØ Qualifying
Verstappen 20231,3503,05
Verstappen 2022222,59
Hamilton 20201,8811,69
Vettel 20131,6112,05
Vettel 20111,5611,26
Schumacher 20042,1212,33
Schumacher 20021,4101,82
Mansell 19921,2541,19
Stewart 19712,6722,18
Clark 1963202
Ascari 1952123,71

Qualifying-Vorsprung: Sebastian Vettel schneller als Verstappen

Obwohl er keine neuen Maßstäbe setzt, ist Verstappen auch auf eine Runde der mit Abstand schnellste Fahrer in dieser Saison. Aber in der Vergangenheit gab es überlegenere Fahrer. Sebastian Vettel gelang es 2011 in einer durchschnittlichen Qualifying-Session der Konkurrenz 0,224 Sekunden mitzugeben, Verstappen liegt mit 0,197 Sekunden Vorsprung da knapp dahinter.

Dieser Rückstand erscheint noch einholbar, falls Verstappen in der restlichen Saison im Qualifying einen weiteren Zacken zulegt. Wohl nicht mehr einholbar ist hingegen wiederum der Wert aus der Formel-1-Saison 1992. Mansell enteilte dem Feld auf eine Runde um sage und schreibe 0,765 Sekunden. Selbst Ayrton Senna einige Jahre zuvor konnte in seiner Qualifying-Höchstform die Konkurrenz nicht so weit auf Distanz halten.

Ein ähnliches Spiel im Rennen: Verstappen stößt mit einem durchschnittlichen Vorsprung von über zehn Sekunden im Ziel zwar in für die moderne Formel 1 unglaubliche Sphären vor, doch Mansell war vor 31 Jahren noch eine Spur weiter vorne. Er gab dem Feld jeweils über zwölf Sekunden mit.

Lewis Hamilton und Sebastian Vettel konnten in ihren Dominanz-Jahren keine derartigen Vorsprünge aufbauen, genauso wie Michael Schumacher. Schumachers dominanteste Saison, 2002, scheidet aus diesem Vergleich jedoch aus. Ferrari orchestrierte es damals bei klaren Doppelsiegen häufig so, dass der Führende kurz vor Schluss verlangsamte und beide Fahrer direkt hintereinander die Linie überquerten.

Fahrer & SaisonØ Qualifying-Vorsprung/Rückstand *Ø Vorsprung/Rückstand zu Rennende **
Verstappen 2023-0,197-10,107
Verstappen 2022+0,069-5,808
Hamilton 2020-0,155-4,309
Vettel 2013-0,083-5,113
Vettel 2011-0,224+0,675
Schumacher 2004+0,045-3,647
Schumacher 2002-0,022-2,288
Mansell 1992-0,765-12,554
Senna 1989-0,640

* Miteinbezogen wurden nur Qualifying-Session, in denen der jeweilige Fahrer eine im Vergleich zur Konkurrenz relevante Rundenzeit vorweisen konnten.
** Miteinbezogen wurden nur Rennen, die nicht durch eine späte Safety-Car- oder Rot-Phase markant beeinflusst wurden

Rekord-Vorsprung? So weit ist Verstappen enteilt

In absoluten Zahlen scheint Verstappen ein Rekord 2023 jedoch so gut wie sicher zu sein: Der Punkte-Vorsprung vor dem WM-Zweiten. 209 Zähler führt der Niederländer vor Sergio Perez. Natürlich ist diese Statistik nur begrenzt von Bedeutung. Denn erst seit 2010 erhält der Sieger 25 Punkte. Insgesamt wurden so viele Zähler wie 2023 überhaupt noch nie vergeben.

Auch hier macht also eine Prozentrechnung mehr Sinn. Wenn man diese anwendet, kristallisiert sich erneut ein Duell zwischen Mansell und Verstappen heraus, bei dem der frisch gekrönte Champion vorne liegt. Er hat um 93 Prozent mehr Punkte auf dem Konto als Perez, Mansell hatte 1992 zu Saisonende nur wenige Zehntel-Prozentpunkte weniger Guthaben auf den WM-Zweiten, seinen Williams-Teamkollegen Riccardo Patrese.

Die Rekorde in dieser Statistik stammen aber noch aus der Urzeit der Formel 1. Jim Clark 1963 und Juan Manuel Fangio 1954 sammelten jeweils mehr als doppelt so viele Punkte als ihr erster Verfolger. Aufgrund von Streichresultaten gingen aber nicht alle Punkte in die finale Wertung ein.

Fahrer & SaisonPunktePunkte P2Prozent
Verstappen 202343322493,30
Verstappen 202245430847,40
Hamilton 202034722355,61
Vettel 201339724264,05
Vettel 201139227045,19
Schumacher 200414811429,82
Schumacher 20021447787,01
Mansell 19921085692,86
Stewart 1971623387,88
Stewart 1969633770,27
Clark 1963*7334114,71
Fangio 1957*462584,00
Fangio 1955*412378,26
Fangio 1954*57,1326,64114,44
Ascari 1952*53,52798,15

* inklusive Streichresultate

Verstappen beißt sich an Schumacher-Rekord die Zähne aus

Die Streich-Resultat-Wertung verkompliziert in einigen Fällen auch eine weitere Statistik, nämlich jene der frühesten WM-Entscheidung. Unabhängig davon ist Michael Schumacher bei diesem Vergleich in der F1-Saison 2002 da sowieso in einer anderen Liga unterwegs. Der Rekord-Weltmeister gewann damals sechs Rennen vor Schluss, also nach weniger als zwei Dritteln der Saison.

Trotz seiner drückenden Überlegenheit und regelmäßiger Schützenhilfe der Konkurrenz konnte Verstappen erst fünf Rennen vor Schluss seinerseits den Sack zumachen. Aufgrund des Punkte-Systems ist der Rekord der frühesten WM-Entscheidung sowieso einer, der heutzutage nur sehr schwierig in Gefahr gebracht werden kann.

Fahrer & SaisonWM-Entscheidungnach wie viel % der Saison
Verstappen 202317/23 Rennen73,9%
Verstappen 202218/2281,8%
Hamilton 202014/1782,4%
Vettel 201316/1984,2%
Vettel 201115/1978,9%
Schumacher 200414/1877,8%
Schumacher 200211/1764,7%
Mansell 199211/1668,8%
Clark 19637/1070%