Red Bull eilt in der Formel-1-Saison 2023 von Rekord zu Rekord und sicherte sich am vergangenen Formel-1-Wochenende in Japan bereits sechs Rennen vor Schluss den Weltmeister-Titel. Es ist eine Dominanz, wie wir sie im letzten Jahrzehnt vor allem aus den Mercedes-Jahren noch gut kennen. Doch wer hatte die Königsklasse wirklich stärker im Griff: Mercedes oder Red Bull? Und wie stehen die dominantesten Schumacher-Jahre bei Ferrari im Vergleich dazu da? Der Statistik-Check.
Red Bull: WM-Entscheidung sechs Rennen vor Schluss
Eines ist auf jeden Fall Fakt: Der WM-Titel von Red Bull ist in absoluten Zahlen gemessen der frühste in der modernen Formel-1-Geschichte. Allerdings hilft dabei natürlich der Umstand, dass wir uns in einer der längsten F1-Saisonen der Historie befinden.
Im Verhältnis zur Anzahl der Grands Prix war Ferrari 2004 einen Ticken schneller dran. Die Scuderia machte damals die Konstrukteur-WM schon nach 13 von 18 Rennen zu und damit prozentual gesehen früher als Red Bull. In der modernen Formel 1 ist die Scuderia damit ungeschlagen. Der Rekord in dieser Kategorie stammt allerdings noch aus den 80er-Jahren: McLaren gewann 1988 die Team-WM nach zehn von 16 Rennen.
Der Vergleich mit 1988 hinkt jedoch ein bisschen. Denn damals galten in der Formel 1 noch Streichresultate und es zählten nicht alle Ergebnisse zum Endstand in der Meisterschaft. Das erleichterte einen vorzeitigen Gewinn des Titels.
Team, Saison | Titelgewinn nach | Nach wie viel % der Saison |
---|---|---|
Red Bull, 2023 | 16 von 22 Rennen | 72,73 |
Mercedes, 2020 | 13 von 17 | 76,47 |
Mercedes, 2016 | 17 von 21 | 80,95 |
Mercedes, 2015 | 15 von 19 | 78,95 |
Mercedes, 2014 | 16 von 19 | 84,21 |
Ferrari, 2004 | 13 von 18 | 72,22 |
Ferrari, 2002 | 13 von 17 | 76,47 |
McLaren, 1988 | 10 von 16 | 62,50 |
Kein Rekord? Mercedes sammelte mehr Punkte
Doch der Zeitpunkt der WM-Entscheidung ist natürlich ein etwas beliebiger Messwert für die Beurteilung einer dominanten Saison. Schließlich kann dieser stark von den Resultaten anderer Teams beeinflusst werden. Eine andere Messgröße ist die Quote der gesammelten Punkte eines Rennstalls. Red Bull sammelte bislang 623 von 749 möglichen Zählern. Das ergibt eine rekordverdächtige Quote von 83,18 Prozent.
Allerdings nur rekordverdächtig. Denn in Wahrheit muss man nicht einmal so weit in der Geschichte zurückgehen, um ein Team zu finden, das diesen Wert überbieten kann. Mercedes war gleich dreimal besser: 2015 sammelten die Silberpfeile 703 von 817 verfügbaren Zählern, also in anderen Worten: 86,04 Prozent. In der Debütsaison 2014 waren es noch 85,8 Prozent gewesen - in Summe zwei Zähler weniger. In der WM-Saison von Nico Rosberg 2016 brachte man es auf 84,72 Prozent.
2023 fallen in dieser Kategorie wohl vor allem die Ausreißer von Sergio Perez ins Gewicht, denn Verstappen beendete bisher nur drei Rennen nicht auf Platz 1. Was die Quote der Bullen zudem etwas drückt ist die schnellste Runde, für die es 2015 und 2016 noch keine Punkte gab und die überdurchschnittlich oft von einem Nicht-RB-Piloten eingefahren wurde.
Doch auch wenn man diese Punkte außer Acht lässt, erreicht Red Bull nicht die beiden Mercedes-Marken. Die McLaren-Saison von 1988 liegt hier übrigens knapp dahinter. Die hohe Ausfallquote in dieser Ära der Königsklasse ließ nicht mehr als 82,92 Prozent Punkteausbeute zu.
Red Bull dominiert Rennen: Vorsprung im Qualifying geringer
Doch wie sieht es in den einzelnen Sessions aus? Um diese Frage zu beantworten, bemessen wir den Abstand des schnellsten Red-Bull-Fahrers auf den schnellsten bestplatzierten Nicht-Red-Bull-Piloten. Im Qualifying bestätigt sich der Eindruck, den man die gesamte Saison über schon hatte, dass die Bullen deutlich weniger weit vorne sind als im Renntrimm.
Auf eine Runde beträgt der Red-Bull-Vorsprung auf die Konkurrenz im Durchschnitt nur etwas mehr als zwei Zehntelsekunden. Mercedes konnte seinerzeit der Konkurrenz einen deutlich massiveren Rückstand aufbrennen. Zwischen 2015, 2016 und 2020 hatten die Silberpfeile in jeder Saison einen durchschnittlichen Qualifying-Vorsprung von mehr als einer halben Sekunde. Im Vergleich zur dominantesten McLaren-Saison ist das jedoch noch gar nichts. 1988 war das Dream-Team mit Prost und Senna mehr als acht Zehntelsekunden vorne.
Der durchschnittliche Vorsprung im Rennen ist jedoch sowohl im Vergleich zu Mercedes als auch im Vergleich zu den dominanten Ferrari-Jahren bislang eine Angelegenheit für die Bullen. Der beste Red-Bull-Fahrer kam 20,3 Sekunden vor dem ersten Konkurrenten ins Ziel - und das sogar trotz der Singapur-Niederlage. Ein relevanter Vergleich mit der Saison 1988 ist hingegen kaum möglich, da damals die beiden McLaren gleich bei mehreren Rennen das gesamte Feld überrundeten.
Team, Saison | Ø Qualifying-Vorsprung (Sek) | Ø Vorsprung Ziel |
---|---|---|
Red Bull, 2023 | 0,24 | 20,3 |
Mercedes, 2020 | 0,536 | 11,971 |
Mercedes, 2016 | 0,55 | 12,754 |
Mercedes, 2015 | 0,58 | 18,348 |
Mercedes, 2014 | 0,463 | 19,39 |
Ferrari, 2004 | 0,184 | 15,727 |
Ferrari, 2002 | 0,204 | 13,87 |
McLaren, 1988 | 0,803 |
Miteinbezogen wurden nur Qualifying-Session, in denen die jeweiligen Teams eine im Vergleich zur Konkurrenz relevante Rundenzeit vorweisen konnten.
Sergio Perez zu inkonstant: Mercedes finishte im Durchschnitt weiter vorne
Was die Durchschnitts-Platzierung im Rennen angeht, muss sich Red Bull allerdings wieder hinter Mercedes-Jahren und den dominantesten Schumacher-Jahren anstellen. Der Grund dafür hat mit Sergio Perez auch einen klaren Namen. Während Verstappen sich mit zwei zweiten und einem fünften Platz nur wenig zu Schulden kommen ließ, sieht es eine Garage weiter anders aus. Perez verpasste schon fünfmal in dieser Saison die Top-5. Vor allem sein 16. Platz in Monaco schlägt sich in dieser Statistik nieder.
Dennoch rangiert Red Bull im Durchschnitt bei einem eindrucksvollen Ergebnis von Rang 2,81. Das ist jedoch nichts gegen die Mercedes-Performance zwischen 2014 und 2016. Das Duo Rosberg/Hamilton erreichte durchschnittlich jeweils Werte unter 2,5. 2014 kamen die Mercedes sogar im Mittelwert auf der glatten zweiten Position ins Ziel. Der Schumacher-Ära 2002 ist man damit jedoch einen Schritt hinterher. Ferraris durchschnittliche Zieleinfahrt in jenem Jahr: Platz 1,79.
Die Aussagekraft dieser Durchschnittsstatistik und somit auch die Vergleichbarkeit mit anderen Saisonen ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. Der Grund dafür sind Ausfälle. Diese werden nicht erfasst, während schlechte Platzierungen nach Problemen das Ergebnis stärker beeinflussen. Dabei gilt eine Faustregel: Je weiter man in der Formel-1-Geschichte zurückgeht, desto mehr Ausfälle gab es.
Team, Saison | Ø Zielankunft |
---|---|
Red Bull, 2023 | 2,81 |
Mercedes, 2020 | 3,27 |
Mercedes, 2016 | 2,18 |
Mercedes, 2015 | 2,39 |
Mercedes, 2014 | 2 |
Ferrari, 2004 | 2,62 |
Ferrari, 2002 | 1,79 |
McLaren, 1988 | 1,96 |
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