1. - S wie Startaufstellung

Das Qualifying für den Grand Prix dominierte Max Verstappen am Freitagabend nach Belieben. Der frischgebackene dreifache Weltmeister geht am Sonntag von der Pole Position ins Rennen und dürfte dabei ein zweites Mal vom Track-Limit-Desaster seiner Konkurrenz im Zeittraining profitieren. Im Sprint-Shootout zeigte McLaren, was mit gültigen Rundenzeiten möglich ist. Blöd nur, dass Piastri und Norris im Qualifying das Q3 mit Track-Limit-Verstößen in den Sand setzten und nur von den Startplätzen sechs und zehn ins Rennen gehen. (Formel 1 live aus Katar: News von heute im Ticker)

Erster Verfolger von Verstappen ist das Mercedes-Duo mit George Russell und Lewis Hamilton. Dahinter folgen Fernando Alonso und Charles Leclerc. Keiner der Vier machte im Sprint den Eindruck, dem Champion gefährlich werden zu können. Piastri wird von Startplatz sechs vielleicht einen Weg vorbei am Quartett finden, doch Verstappen dürfte an der Spitze genug Zeit haben, sich abzusetzen.

Dafür verspricht das durchmischte Grid im Verfolgerfeld umso mehr Spannung. Norris wird sich aus Reihe fünf mit aller Gewalt nach vorne orientieren, ebenso Carlos Sainz und Sergio Perez von den Startplätzen 12 und 13. Ganz hinten haben Lance Stroll, Liam Lawson und Logan Sargeant nach ihren schwachen Vorstellungen etwas gutzumachen.

2. - S wie Start

Von der Pole Position aus sind es auf dem Losail International Circuit ganze 371 Meter bis zum ersten Anbremspunkt. Im Sprint zeigte sich bereits, dass der Soft-Reifen auf dem jungen Asphalt einen erheblichen Traktionsvorteil bietet. Norris und Verstappen wurden bei der Anfahrt auf Kurve eins auf ihren Medium-Reifen gleich von drei Gegnern kassiert. Es bleibt allerdings abzuwarten, wer sich die weiche Mischung nach den Erfahrungen aus dem Sprint zutraut.

Möglicherweise zeichnet sich bei Medium und Hard aber ein ähnliches Bild ab, das die Opportunisten auf den Plan ruft. Doch nicht nur der Spurt beim Start bietet Potential für Positionsveränderungen. Neben der Ideallinie bietet die Strecke extrem wenig Grip, was Liam Lawson beim Positionskampf im Sprint schmerzlich erfahren musste. Der AlphaTauri-Rookie flog gleich in Kurve zwei ab und versenkte sein Auto im Kiesbett. Duelle sind in der Startphase also mit einem erhöhten Risiko verbunden.

3. - S wie Strategie

Der Soft-Reifen hatte im Sprint keinen sonderlich langen Atem. Russell konnte Piastri damit zwar zu Beginn distanzieren, doch der Zauber hielt kaum mehr als fünf Runden. Temperaturbedingter Reifenabbau und Graining zwangen den Soft-Compound schnell in die Knie. Letztendlich könnte die Strategie aber durch den Faktor Kerbs anstelle der Reifenperformance bestimmt werden. Nach dem Qualifying am Freitag stellte Pirelli bei der Untersuchung der Reifen beunruhigende Unregelmäßigkeiten fest.

Zwischen Lauffläche und Seitenwand der Pneus wurden Mikrorisse gefunden, welche durch die von den Kerbs ausgehenden Vibrationen hervorgerufen wurden. In einer ersten Maßnahme wurden am Samstag die Track Limits in den Kurven 12 und 13 verlegt, um die Fahrer von den Kerbs fernzuhalten. Pirelli stellte außerdem drei Pflichtboxenstopps für das Rennen in den Raum, um zu vermeiden, dass mehr als 20 Runden auf einem Reifensatz absolviert werden. Ob die Pflichtboxenstopps eingesetzt werden, wird erst nach der Analyse der Sprint-Reifen von Pirelli am Sonntagmittag feststehen.

4. - S wie Safety Car

Bei der Katar-Premiere in der Saison 2021 blieb die Formel 1 von Safety-Car-Phasen verschont. Doch das Losail, das die Königsklasse zwei Jahre später besucht, hat sein Gesicht grundlegend verändert. Obwohl das Layout immer noch dasselbe ist, sorgt die veränderte Beschaffenheit der Rennstrecke für eine neue Herausforderung. Im Sprint musste Bernd Mayländer gleich drei Mal ausrücken. Abflüge auf dem rutschigen Asphalt sind dabei nur ein Risikofaktor. Die Strecke begünstigt Zweikämpfe und das kann auch mal ins Auge gehen, wie Ocon, Hülkenberg und Perez am Samstag erfahren mussten.

5. - S wie Strecke

Mit 5,419 Kilometern hat der Losail International Circuit sein Gesicht auf dem Papier seit der Eröffnung im Jahr 2004 nicht verändert. Die Rennstrecke besteht aus sechs Links- und zehn Rechtskurven. Der Vollgasanteil beträgt 66 Prozent, was auf dem schnellen und flüssigen Layout zu Durchschnittsgeschwindigkeiten von 230 km/h führt. Durch das Griplevel sind die Rundenzeiten allerdings fast zehn km/h langsamer als vor zwei Jahren.

Die Rennaction wird davon aber eher gefördert, denn weniger Grip bedeutet immer mehr Raum für Fehler und Überholmanöver, sodass auch mal außerhalb der DRS-Zonen gekämpft wird. Das DRS steht in Katar ohnehin nur in einer Zone auf der Start- und Zielgeraden zur Verfügung. Ein entscheidender Faktor sind die für 2023 neu installierten Pyramidenkerbs und die damit einhergehenden Track Limits. Letztere zogen bisher in allen relevanten Sessions Strafen nach sich. Die Kerbs könnten unter Umständen zu Reifenschäden führen, wenn sie zu aggressiv überfahren werden.

6. - S wie Sorgenkinder

Während Verstappen am Samstag mit dem Titelgewinn den nächsten Schritt in Richtung Formel-1-Olymp machte, tobt im Mittelfeld der blanke Existenzkampf. In Katar sind gleich mehrere Kandidaten angezählt. Zunächst wäre da Sergio Perez, der seit Monaten nur noch ein Schatten seiner selbst ist und jedes Wochenende aufs Neue Besserung gelobt. Eigentlich hatte Red Bull erwartet, dass der Mexikaner seine Desillusion ob des geplatzten WM-Traums hinter sich lassen würde, doch nach dem Debakel in Suzuka kommt er auch in Katar auf keinen grünen Zweig.

Mit Verstappens drittem Titel im Kasten, wäre es für Perez an der Zeit, sich mit Erfolgserlebnissen aufzubauen. Eine Aufholjagd aus den Untiefen des Mittelfeldes wäre ein Anfang. Ähnliches gilt für Logan Sargeant und Lance Stroll. Der Williams-Rookie bekommt von seinem Team unermüdlich den Rücken gestärkt, doch das Selbstvertrauen ist bereits am Tiefpunkt. Der eigenverschuldete Abflug im Sprint wird das nicht besser gemacht haben, doch irgendwann wird auch er der Abwärtsspirale ein Ende setzen müssen, um seine Karriere zu retten.

Lance Stroll hat als Sohn des Teambesitzers und mit der Reputation eines langjährigen Formel-1-Fahrers wohl keine derart ausgeprägten Existenzängste, doch sein bisheriger Auftritt in Katar lässt auch bei ihm tief blicken. Der Ausraster am Freitag und die nächste Pleitenvorstellung im Sprint zeugen von einer Krise. Von Startplatz 17 aus geht er gleich hinter Sargeant in den Grand Prix.

7. - S wie Sieger

Die Erstausgabe des Katar GP wurde 2021 von Lewis Hamilton gewonnen. Der Rekordweltmeister ließ von der Pole Position nichts anbrennen und fuhr vor Max Verstappen einen ungefährdeten Sieg ein. Denkwürdig war das Podium durch den Drittplatzierten. Fernando Alonso schaffte es im Alpine nach einer Durststrecke von sieben Jahren erstmals wieder auf das Treppchen. Für heute ist die Favoritenrolle eindeutig. Max Verstappen hat beste Chancen, seinen 14. Saisonsieg zu feiern.

Mit einer gehörigen Portion Glück und der einen oder anderen günstig gelegenen Safety-Car-Phase dürften aber zumindest zwei Fahrer in der Lage sein, sich in Führung zu behaupten. Piastri machte im Sprint alles richtig und hatte im Schlussspurt die richtige Antwort. Seinen Vorsprung von zweieinhalb Sekunden konnte Verstappen in vier Runden nur um eine halbe Sekunde reduzieren. Der Australier und Teamkollege Lando Norris könnten dem Champion unter Umständen Paroli bieten, sofern sie in diese Lage kommen.