Die FIA hat die Regeln verschärft, in Singapur wird es ernst: Gleich zwei Technische Direktiven treten beim Nachtrennen in Kraft. TD018 ist neu und behandelt in erster Linie die Beweglichkeit von Front- und Heckflügel, TD039 stammt noch aus der Vorsaison, wurde aber überarbeitet und kümmert sich um Tricks rund um den Unterboden.

Technische Direktiven sind ein bewährtes Mittel in der Formel 1, um Regeln klarzustellen. Meist gibt es einen klaren Verdacht im Fahrerlager, auf wen die Regelklarstellung abzielt. In diesem Fall ist es ein wenig anders. "Wir haben kein spezielles Auto oder Feature gesehen, auf das wir abzielen oder irgendein Element, dass man im gesamten Feld so sieht", stellt Tim Goss, der Monoposto-Technik-Boss der FIA klar.

Es geht - wie so oft - darum, den Geist des Reglements zu wahren. In Artikel 3.15 des Technischen Reglements gibt es schon diverse Belastungstests für aerodynamische Elemente. Sie dürfen sich unter bestimmten Lasten nicht mehr als einen definierten Bereich bewegen. Eine gewisse Toleranz lässt man den Teams immer, weil es unendliche Steifigkeit nicht gibt.

"Es gibt aber viele schlaue Ingenieure, die versuchen, das Maximum aus den Regeln herauszuholen", erklärt Goss und gibt zu: "In der jüngeren Vergangenheit haben wir ein bisschen zu viel Freiheit gesehen, wie Details von aerodynamischen Komponenten designt wurden."

Genau diese Freiheiten nimmt er den Ingenieuren nun. Dafür würde es aber keinen Sinn machen, einfach nur die Werte in Artikel 3.15 anzupassen. Die Ingenieure würden wieder nur exakt um diesen Wert herum konstruieren. Der Test würde bestanden, der Geist des Reglements aber nicht eingehalten.

Der Red Bull in der Heckansicht, Foto: Motorsport-Magazin.com
Der Red Bull in der Heckansicht, Foto: Motorsport-Magazin.com

Stattdessen erinnert Goss für die einzelnen Elemente an die eigentliche Absicht des Artikels: Es darf nichts absichtlich so konstruiert sein, dass es sich bei gewissen Lasten verbiegt, verdreht oder verschiebt. Die Teams spielen gerne mit dem Effekt, um Flügel auf den Geraden flacher zu stellen, damit sie weniger Luftwiderstand generieren, wenn sie nicht gebraucht werden.

"Ein Beispiel dafür ist die Verbindung zwischen Beam Wing und Endplatte. Die Verbindung kann so entkoppelt sein, dass sie sich um eine Achse dreht, dass sie sich lateral oder nach unten und oben bewegt", so Goss. Damit soll nun endgültig Schluss sein.

Technik-Details: Red Bull
Im Detail: Der hintere Teil des Red Bull, Foto: LAT Images

Wie das funktionieren soll? Die Teams müssen vorab zusätzliche Daten an die FIA übermitteln. Auch die strukturellen Verbindungen gehören nun zu jenen Informationen, die die Teams an den Automobilweltverband übermitteln müssen. "Diese Tatsache an sich hilft bei der Selbststeuerung", hofft Goss.

Unterböden dürfen nicht knicken

Bei TD039 wird es komplizierter. Die Technische Direktive trat eigentlich schon in der vergangenen Saison in Kraft, als das Porpoising den Fahrern auf den Rücken schlug. Darin wurden die Obergrenzen für die zumutbaren Belastungen definiert. Weil die Thematik stark mit dem Unterboden in Verbindung stand, hat man TD039 in ihrer aktuellsten Version G um Artikel 1.3 und ein paar Details erweitert.

Auch hier geht es um Flexibilität, die es eigentlich nicht geben soll. Und auch hier bestehen alle Autos die vorgeschriebenen Tests, erfüllen aber nicht unbedingt den Geist des Reglements. Die Unterbodenplatte besteht aus praktischen Gründen aus mehreren Teilen. Die FIA vermutet, dass Teams die einzelnen Teile für unterschiedliche starke Bewegungen untereinander zu nutzen. Dabei soll die gesamte Bodenplatte eigentlich eine einzelne Ebene bilden.

Der Unterboden des Mercedes wurde in Monaco entblößt, Foto: LAT Images
Der Unterboden des Mercedes wurde in Monaco entblößt, Foto: LAT Images

Goss und sein Team haben den Verdacht, dass Kontrolllöcher im Unterboden und Schleifplättchen gezielt dazu verwendet werden, Instabilität in das Konstrukt zu bringen. Deshalb sind im Bereich der Kontrolllöcher und Schleifplättchen keine Lücken, Schnitte oder Stoßverbindungen der einzelnen Unterbodenplatten mehr erlaubt. Auch häufige oder systematische Beschädigungen in diesen Bereich wie Risse oder Bruchstellen werden nicht mehr akzeptiert. Elastische oder sehr nachgiebige Materialen auf der sogenannten Referenzebene werden ebenfalls untersagt.

Überlappend dürfen die einzelnen Unterbodenplatten auch weiterhin in den fraglichen Regionen zusammentreffen, vorausgesetzt sie sind so fixiert, dass sie sich nicht untereinander bewegen können.

In der Ground-Effekt-Ära versuchen die Teams, die Autos möglichst tief abzustimmen. Je tiefer die Autos fahren, desto mehr Abtrieb generieren sie. Allerdings darf dabei der Unterboden nicht zu stark verschlissen werden. In der ursprünglichen TD039 wurden neben der Obergrenzen für die zumutbaren Belastungen, im Technik-Jargon Aerodynamische Oszillations-Metrik (AOM) genannt, auch zusätzliche Belastungstests für den Unterboden eingeführt. Schon damals befürchtete man bei der FIA, dass Teams den Unterboden an verschiedenen Stellen unterschiedlich Steif ausführen.