Ferrari fährt dem Traum des WM-Titels im Jahre 2023 wieder einmal hinterher. Die Scuderia liegt nach 14 Saisonrennen auf Rang Drei der WM-Wertung. Die Dominatoren von Red Bull konnten sie, wie auch der Rest des Feldes, in keinem einzigen Rennen schlagen. Selbst ein beherzter und taktisch perfekter Versuch beim Heimrennen in Monza brachte keine Chance auf den Sieg. Ex-Pilot Gerhard Berger macht sich Gedanken über sein seines ehemaliges Team.
Der Österreicher sprach im offiziellen Formel-1-Podast 'F1-Nation' über die Lage in Maranello. Gleich zu Beginn seiner Ausführungen stellte er die Personalpolitik und Führungsstruktur in Frage: "Es ist momentan schwierig, etwas zu sagen. Es geht hoch und runter. Ich habe immer gesagt, wenn ich Ferrari wäre, dann hätte ich mich wohler damit gefühlt, [Mattia] Binotto auf der Technikseite zu behalten und [Fred] Vasseur auf der sportlichen Seite zu bekommen. Sie hätten die Arbeit aufteilen sollen und nicht alles auf die Schultern eines Einzelnen legen sollen, denn es ist heutzutage so komplex geworden, ein erfolgreiches Formel-1-Team zu haben. Das alles zu managen, ist schwierig für nur einen Mann."
Doppelspitzen werden in der Formel 1 immer häufiger. Zuletzt kündigte AlphaTauri mit Peter Bayer und Laurent Mekies eine solche für 2024 an, nachdem Franz Tost mit Ende der Saison 2023 in den Ruhestand gehen wird. Bei Ferrari hat es so etwas noch nicht gegeben. Fred Vasseur wurde als Ersatz für den entlassenen Mattia Binotto geholt und nicht als dessen Partner. An der Spitze steht beim springenden Pferd stets nur ein Kommandant.
Lauda und Schumacher als heimliche Teamchefs
Oder auch nicht. Denn für Berger gab es zwei Piloten, die zusätzlich zu ihrem Fahrerjob eine Führungsrolle einnahmen: "Wenn du dir all die Jahre Ferraris ansiehst, dann gab es nur zwei Leute, die das Team wirklich in ihre Hand nehmen und am Laufen halten konnten. Das waren Niki Lauda und Michael Schumacher. Natürlich gab es auch andere Weltmeister, aber diese wurden Weltmeister, weil gerade alles gut lief. Michael und Niki waren länger im Team und gewannen mehrere Meisterschaften mit vielen Siegen. Sie hatten ein spezielles Talent, das Team zu führen."
Schreibt Berger damit den aktuellen Ferrari-Piloten Charles Leclerc und Carlos Sainz eine solche Rolle ab? Der 10-malige GP-Sieger sieht die Probleme nicht bei den Fahrern: "Mir gefällt die Fahrerpaarung von Ferrari. Sie ist absolut in Ordnung. Wenn es bei Ferrari nicht läuft, gibt es immer Debatten um die Fahrer, aber die Fahrer sind in Ordnung." Trotz der Sonderfälle Lauda und Schumacher ist für ihn klar, wer in der Verantwortung stehen muss: "Es sollte nicht der Fahrer sein, der das Team am Laufen hält. Es sollte der Teamchef sein. Natürlich hast du diese Multitalente wie Senna und Schumacher es waren oder auch definitiv Hamilton, der so jemand ist. Dann hast du aber auch die Fälle, da läuft es dank eines großartigen Teammanagers."
Und im Falle der Schumacher-Ära, die mit fünf Fahrer- und sechs Konstrukteurstiteln in Folge Anfangs des neuen Jahrtausends die mit Abstand erfolgreichste Ferraris war, gab es sogar eine perfekte Gesamtkonstellation: "Ferrari hatte da einen großartigen Teamchef mit Jean Todt, einen großartigen Fahrer mit Michael Schumacher, einen großartigen Designer mit Rory Byrne und einen großartigen technischen Direktor mit Ross Brawn. Ich glaube am Ende kann nur eine Gruppe wie diese, das wahre Optimum aus einem Team herausholen."
Konkurrenzkampf in der Formel 1 immer härter für Ferrari
Von diesem Optimum ist Maranello zurzeit weit entfernt. Und die Lage in der Formel 1 wird laut Berger nicht leichter: "Sie [Ferrari, Anm. d. Red.] sind nicht so schnell wie letztes Jahr, machen aber vielleicht etwas weniger Fehler. Da Ergebnis ist ähnlich. Es ist nicht gut genug, um Red Bull zu schlagen. Dazu kommt: Wir haben zwei Ferrari, zwei Mercedes, zwei McLaren und einen Aston Martin. Es gibt fünf Autos, die [in Zukunft, Anm. d. Red.] den Titel holen könnten." Und wenn Leclerc oder Sainz nicht doch noch das Lauda- bzw. Schumacher-Gen in sich entdecken, dann wird Fred Vasseur noch umso mehr gefragt sein, damit Ferrari bei dieser Konkurrenz bestehen kann.
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