Red Bull erlebte zum Auftakt des Italien GP der Formel 1 einen turbulenten Freitag. Max Verstappen legte im ersten Training in Monza mit der Bestzeit los, doch am Nachmittag war bei den Weltmeistern der Wurm drin. Der Niederländer musste sich in der Qualifying-Simulation erst mit dem Verkehr herumschlagen und bekam dann zu seinem Unmut vom Team keinen zweiten Versuch gestattet. Teamkollege Sergio Perez zahlte gegen Ende des FP2 den Preis für die Experimente des Teams und flog in der Parabolica ab. Bei Red Bull gibt es trotz der Chaos-Session keinen Anlass zur Panik.

"Auf meiner schnellen Runde wurde ich im zweiten Sektor etwas aufgehalten und während des Longruns konnte ich nicht wirklich viele Runden fahren, wodurch uns das Gesamtbild fehlt", so Verstappen, der in der Sitzung am Nachmittag den fünften Platz belegte. Auf die Bestzeit von Ferrari-Pilot Carlos Sainz fehlten ihm mit dem Soft-Reifen rund zweieinhalb Zehntelsekunden. Die für Monza üblichen Windschattenspiele und Bummelzüge sorgten bei Verstappen im FP2 für ordentlich Frust.

Nachdem der Verkehr seinen ersten Versuch behindert hatte, forderte er im Boxenfunk einen weiteren Run. "Versuchen wir es nicht noch einmal? Denn ich hatte beschissene Erkenntnisse", klagte der Niederländer. Mit den Worten "Das ist ist nicht das Qualifying, Max" erteilte ihm sein Renningenieur Gianpiero Lambiase eine Absage, welche Dr. Helmut Marko auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com begründet. "Weil wir an und für sich wussten, wo das Problem liegt und die Longruns waren für uns wichtiger", so der Grazer.

Red Bull begründet Perez-Unfall mit schlechter Balance

Wo das Problem liegt, bekam auf den Longruns Sergio Perez zu spüren. Rund zehn Minuten vor Ende der Session bekam er in der Parabolica die Kurve nicht, geriet ins Kiesbett und drehte sich. Red Bull hatte in der zweiten Session unterschiedliche Downforce-Konfigurationen ausprobiert. "Wir haben ein bisschen herumexperimentiert. Auf dem Longrun haben wir mit einem neuen Versuch die Balance durcheinandergebracht", erklärt Marko.

Den Abflug von Perez sieht er in dem im Zuge der Setupversuche verminderten Downforcelevel auf der Hinterachse begründet. "Das Auto war schwierig zu fahren, dadurch, dass es nicht in der richtigen Balance war", sagt er weiter. Als Dritter im Klassement schnitt der Mexikaner trotz allem etwas besser als sein Stallgefährte ab. Auf die Bestzeit büßte er 0,185 Sekunden ein.

"Es war schade, dass wir das FP2 so beendet haben, denn ich hatte das Gefühl, dass es ansonsten ein positiver Tag war", so Perez. "Ich hatte am Kurvenausgang etwas Untersteuern. Ich dachte, ich hätte das Auto unter Kontrolle, aber dann berührte ich das Kiesbett und das Spiel war vorbei. Da dies am Ende meiner Sitzung geschah, verloren wir nur etwa zwei Runden, was keinen großen Einfluss auf mein Programm hatte. Abgesehen davon lief das Auto wirklich gut, und ich fühle mich wohl damit."

Vor dem Hintergrund des Setup-Irrwegs und der Behinderung Verstappens sieht Marko die Lage trotz des problematischen zweiten Trainings entspannt. "Auf eine Runde wäre Max dabei gewesen. Er hat alles in Sektor zwei verloren, weil da Autos im Weg waren", so der 80-Jährige. "Außerdem haben wir den Motor nicht aufgedreht gehabt."

Red Bull rechnet mit Ferrari und schreibt McLaren ab

Der Fauxpas von Perez hatte neben dem vorzeitigen Feierabend für den Fahrer und einem beschädigten Heckflügel weitere Auswirkungen. Der Unfall zog eine rote Flagge nach sich, welche die Longruns unterbrach. Dennoch hat Marko Ferrari als größten Gegner ausgemacht. "Ich glaube schon, denn Sainz wirkt sehr stark. Es wurden [auf dem Longrun] nicht viele Runden gefahren", aber da waren sie dabei", so seine Einschätzung. Mit McLaren, die durch Lando Norris und Oscar Piastri auf den Plätzen zwei und vier stark positioniert waren, rechnet er hingegen nicht: "Ich denke nicht, dass die im Rennen ein Herausforderer sein werden."

Ein Fragezeichen steht dafür hinter Mercedes. Lewis Hamilton beteiligte sich nicht an den Performance-Runs auf der weichsten Reifenmischung und landete im Klassement nur auf Platz 17. George Russell war als Neunter ebenfalls unauffällig unterwegs: "Ich weiß nicht, was da los war, dass die plötzlich so weit hinten sind. Das ist sicher nicht repräsentativ", mutmaßt Marko.

Im Gegensatz zum Management ist Verstappen durch das turbulente zweite Training noch nicht uneingeschränkt optimistisch. "Es war im zweiten Training schwierig, alles richtig zu lesen, weshalb wir noch etwas Arbeit vor uns haben", so der 25-Jährige. Für ihn gilt es, die von Marko angesprochene Balance auszusortieren: "Wir sind mit verschiedenen Flügeleinstellungen gefahren, und jetzt müssen wir analysieren, was am besten funktioniert. Das kann hier in Monza knifflig sein."

Red Bull hat keinen Bock auf Windschattenspiele

Knifflig ist in Monza auch das Thema Track Position. Schon im Training erwies sich die Suche nach Windschatten als heikle Angelegenheit. "Ein optimaler Windschatten bringt zwei bis drei Zehntelsekunden, aber die Chancen, das zu nutzen, liegen vielleicht bei 20-30 Prozent und es geht zu 70-80 Prozent daneben", erklärt Marko.

Red Bull will im Qualifying deshalb kein Risiko eingehen und sich aus dem Chaos heraushalten. "Wir haben ja in der Formel 2 gesehen, was die dort aufgeführt haben. Da haben es drei Viertel des Feldes nicht einmal rechtzeitig über die Ziellinie geschafft, vor lauter Taktieren. Das Risiko ist es in Relation zum Zeitgewinn nicht wert. Da muss alles zusammenpassen .Wenn es sich ergibt, fein, aber das wird bei uns nicht konstruiert", so der Österreicher. Hier im Formel-1-Liveticker aus Monza gibt es heute alle News, Infos und Stimmen.