Bei Alpine rollten vor der Formel-1-Sommerpause Köpfe. Damit muss Bruno Famin ran. Der Franzose, der erst am 10. Juli zum Motorsport-Chef der ganzen Alpine-Marke befördert wurde, ist seit Montag jetzt zusätzlich Interims-Teamchef im F1-Team des Renault-Konzerns, um auf unbestimmte Zeit die Lücke des nach nur eineinhalb Jahren abgegangenen Otmar Szafnauer zu füllen. Famin bestätigt prompt: Die Fortschritte waren 2023 zu langsam. Die Suche nach Lösungen beginnt.
"Wir waren letztes Jahr Vierte, wollten in dieser Saison um den dritten Platz kämpfen und das mit Leistungen und Podien unterstreichen", erklärt Famin im Interview mit 'AutoHebdo'. Zur Sommerpause liegt Alpine auf dem sechsten Platz, stagniert und wurde relativ zum Vorjahr von McLaren und Aston Martin überholt. Letztere schmerzen besonders, weil sie zeigen, dass ein Sprung nach vorne 2023 möglich ist.
Seit einem Relaunch 2021 versucht Renault, Alpine als Nischen-Sportwagenmarke des Konzerns neu zu positionieren. "Vor etwa zwei Wochen wurde Phase zwei des Projektes eingeleitet, wobei eine Reihe von Änderungen beschlossen wurden, um noch weiter voranzukommen", sagt Famin. F1-Fortschritte sind da wünschenswert. Szafnauer selbst hatte am Samstag bereits durchblicken lassen, dass er und das Management inzwischen unterschiedliche Zukunfts-Vorstellungen hatten. Famin bestätigt: "Wir waren uns nicht mehr einig, was wir tun sollten, und vor allem, wann wir es tun sollten."
"Je früher wir also Veränderungen im Team vornehmen, desto besser", rechtfertigt Famin so die relativ plötzliche Trennung von Szafnauer und vom langjährigen F1-Sportdirektor Alan Permane. "Es geht nicht mehr um die Platzierung in der Meisterschaft 2023, also können wir die Änderungen auch gleich umsetzen."
Wer wird der neue Formel-1-Teamchef von Alpine?
Sowohl Famin als auch der neue Sportdirektor Julian Rouse sind aktuell erst einmal nur auf Interimsbasis benannt und haben eigentlich andere Aufgaben. Gerüchte um die Verpflichtung eines neuen Teamchefs machten in Spa inklusive Namen daher schnell die Runde. Famin bemüht sich nun klarzustellen, dass Alpine nicht über Nacht alles neu aufstellen will.
Vielmehr will er erst einmal an den beiden Standorten im britischen Enstone (Rennteam) und Viry (Motoren) eine Bestandsaufnahme: "Es gibt keine vorgefassten Meinungen. Bleibt die Struktur so, wie sie ist? Wird eine neue Person geholt? Das wird sich mit der Zeit zeigen."
"Wir haben an beiden Standorten sehr viel Talent, und müssen einen Weg finden, es freizusetzen", benennt Famin sein wichtigstes Arbeitsgebiet. Zum Ende des Vorjahres hatte er noch Fortschritte bei der Zusammenarbeit gemeldet, stellt die jetzt aber wieder in Zweifel: "Da ich gerade fast eineinhalb Jahre in Viry verbracht habe, habe ich eine Vorstellung von der Lage. Jetzt werde ich zu diesem Zweck viel Zeit in Enstone verbringen. Nicht der Motor oder das Chassis gewinnen die Meisterschaft, sondern das ganze Paket."
Alpines Formel-1-Planwirtschaft am Ende?
Was wohl bereits sein Ende gefunden hat, ist der vom alten CEO Laurent Rossi verkündete und von Szafnauer mitgetragene "100-Rennen-Plan", der als Anhaltspunkt für den Weg an die Spitze dienen sollte. "Ich stelle nicht auf null zurück, aber ich stelle überhaupt keine Zahlen auf", sagt Famin. Sein langfristiger Ansatz ist, spätestens mit dem neuen Chassis- und Motorenreglement 2026 vorne mitzumischen: "Das heißt aber nicht, dass wir bis dahin keine Ambitionen haben. Wir wollen uns mit jedem Rennen verbessern."
Famin schwört auf kontinuierliche Verbesserung statt auf Planwirtschaft: "Wir werden ziemlich viele Dinge umsetzen. Wir werden nicht warten, bis wir die gesamte Evaluierung durchgeführt haben, ehe wir über ein Gesamtprojekt nachdenken, und in der Zwischenzeit nichts tun." Das Endziel bleibt gleich: "Wir wollen um Titel und Siege in allen Kategorien kämpfen, in denen wir mitfahren."
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