Im Qualifying in Silverstone schien Max Verstappen tatsächlich kurz angreifbar. Der Dominator im Red Bull wurde kurz vor Schluss von Lando Norris in einer sensationellen McLaren-Performance unterboten. Lange ließ sich das der Niederländer aber nicht bieten und holte sich seinen angestammten Platz zurück. Wer soll ihn auf dem Weg zum sechsten Sieg in Folge stoppen?

Tatsächlich scheint alles wie gemalt für den Red-Bull-Piloten zu sein. Sein Teamkollege Sergio Perez blieb diesmal sogar in Q1 stecken und stellt somit erneut kaum eine Gefahr dar. Hinter ihm starten auch nicht die Ferrari oder Mercedes, sondern beide McLaren. Die Papayas könnten die Konkurrenz aufhalten, sollten sie nicht im Rennen eine noch größere Sensation schaffen. Der Sieg scheint vergeben, der Kampf ums Podest ist aber spannender denn je.

Quali-Hürde genommen: Nichts kann Verstappen aufhalten

Im Qualifying bewies der Weltmeister mal wieder seine Klasse. Auch bei schwierigen Bedingungen zeigte er keine Fehler, wenn man von einem Malheur in der Boxengasse absieht. Als Lando Norris seine Zauberrunde auspackte, zauberte Verstappen kurzerhand selbst im letzten Sektor. Der aktuell wohl beste Fahrer in Höchstform im besten Auto sitzend: Nur die Bedingungen, ein Defekt oder ein dramatischer Fahrfehler können Verstappen stoppen. Selbst bei einem schlechten Start oder einem Safety-Car zum falschen Zeitpunkt hat er die Pace, um das wieder geradezurücken. Der DRS-Vorteil des Red Bull sollte es ihm ein leichtes machen, an seinen Konkurrenten vorbeizugehen. Alles andere als sein achter Saisonsieg im zehnten Rennen wäre eine Sensation.

Kann McLaren sich im Rennen halten?

Mit den Startplätzen Zwei und Drei für Lando Norris und Oscar Piastri überraschte McLaren beim Heimspiel zur Freude der tausenden Fans die Konkurrenz. Schnelle Kurven, weiche Reifen und niedrige Temperaturen helfen dem MCL60, aber der Erfolg ist laut Teamchef Andrea Stella auch durchaus auf das große Update-Paket zurückzuführen, welches an Lando Norris' Auto in Österreich debütierte. War der McLaren bisher mehr ein Quali-Auto gewesen, konnte der Brite dort aber seinen Platz im Rennen halten. Die McLarens erwarten dennoch harten Druck von hinten. Wenn dann muss sich McLaren mit Pace und Strategie verteidigen. Richtig guten Topspeed haben die Papayas trotz Update immer noch nicht, auch wenn es besser geworden ist. Geschäftsführer Zak Brown träumt vom Podest. Norris sprach die Top 5 als Ziel aus. Stella aber dämpft die Erwartungen: "Ich würde immer noch erwarten, dass die Autos um uns herum im Rennen schneller sind: Ferrari und vermutlich auch Mercedes. Wir müssen auch sehen, wie Aston Martin sich morgen schlägt." Der Härtetest für das Update-Paket steht also bevor.

Darf die McLaren-Crew auch nach dem Rennen jubeln?, Foto: LAT Images
Darf die McLaren-Crew auch nach dem Rennen jubeln?, Foto: LAT Images

Ferrari in Lauerstellung

Direkt hinter den McLarens starten die alten Erzrivalen von Ferrari. Trotz etwas Ärgers zwischen Sainz und Leclerc zeigte sich die Scuderia zufrieden mit den Plätzen Vier (Leclerc) und Fünf (Sainz). Eigentlich war aber zumeist das Qualifying die Stärke der roten Göttin und am Sonntag ging es dann aufgrund von hohem Reifenverschleiß rückwärts. Seit Kanada konnte dieser Trend allerdings etwas abgeschwächt werden. Vor einer Woche in Österreich waren die Roten dann auch im Rennen zweite Kraft. Carlos Sainz sieht mit Blick auf die Longruns am Freitag in Silverstone aber ein anderes Team in dieser Rolle: "Red Bull und Mercedes haben eine bessere Pace, erst dahinter kommen wir und McLaren. Mercedes wird also ab einem gewissen Punkt Druck auf uns ausüben." Sollte sich dies bewahrheiten, dann werden der Spanier und sein monegassischer Teamkollege schnell an den McLaren vorbeikommen müssen, wenn sie die Mercedes hinter sich halten wollen.

Ferrari hat es nicht weit bis zum Podest, Foto: LAT Images
Ferrari hat es nicht weit bis zum Podest, Foto: LAT Images

Gespaltene Stimmung bei Mercedes: Podium oder Desaster?

Eigentlich wollte Mercedes beim Heimrennen beider Piloten glänzen, doch bereits am Freitag herrschte nach schwierigen Trainings Krisenstimmung bei den Silberpfeilen. Die Plätze sechs für George Russell und sieben für Lewis Hamilton im Qualifying sorgten für gespaltene Stimmung. Hamilton hatte nach einem Dreher wenig Vertrauen in seinen W14 und sieht für das Rennen schwarz: "Das ist kein Rückschlag, sondern ein Weckruf für das Team. Andere haben uns überholt. Wir müssen mehr tun." Er sieht eine harte Aufgabe gegen Ferrari und McLaren zu bestehen.

Russell hingegen gab sich deutlich optimistischer und peilte das Podium an: "Ich habe ein gutes Gefühl. Es gibt aber einige Ungewissheiten. Bei Ferrari wissen wir ungefähr, dass wir ein bis zwei Zehntel schneller sind und sie auf der Strecke, oder notfalls mit Boxenstopps überholen können. McLaren ist ein großes Fragezeichen." Normalerweise geht der Mercedes im Rennen dank geringem Reifenverschleiß besser als im Qualifying. Auch im Freitagstraining zeigte sich dieses Phänomen. Dennoch müssen Russell und Hamilton erstmal an den Konkurrenten vorbeikommen. Eine gewaltigen Speed-Überschuss ala Red Bull dürften sie nicht haben.

Lewis Hamilton ist pessimistisch, was die Leistung von Mercedes angeht, Foto: LAT Images
Lewis Hamilton ist pessimistisch, was die Leistung von Mercedes angeht, Foto: LAT Images

Aston Martin vor Heimpleite?

Die Starplätze Neun (Fernando Alonso) und Zwölf (Lance Stroll) waren mit Sicherheit nicht das, was sich Aston Martin zur Einweihung der neuen Fabrik, die nur einen Steinwurf von der Rennstrecke entfern steht, gewünscht hat. Beide Fahrer waren unzufrieden mit ihrer Leistung. Es scheint sich bei den grünen Rennern langsam ein Abwärtstrend abzuzeichnen. Nur in Kanada waren sie zuletzt vorne dabei und das scheint kein Zufall. "Wir waren nicht schnell genug. Wir untersuchen gerade, warum es ein paar Strecken gibt - Barcelona, Österreich und jetzt Silverstone - auf denen wir unter unseren Möglichkeiten bleiben. Alle drei haben viele Highspeedpassagen. Vielleicht müssen wir also etwas in den schnellen Kurven finden", analysierte Alonso. Für das Heimrennen steht wohl nur Schadensbegrenzung an. Gute Punkte sind sicherlich drin, aber ein Podestplatz wäre überraschend.

Wie weit schafft es Perez nach vorne?

Sergio Perez hat langsam Übung in Aufholjagden. Der Red-Bull-Pilot verpasste trotz des klar besten Autos zum fünften Mal in Folge das Q3. In Silverstone war sogar in Q1 Schluss. Nur aufgrund der Disqualifikation von Valtteri Bottas nimmt Perez das Rennen von Rang 15 aus in Angriff. Im Longrun ist der Mexikaner zumeist da und der Red Bull dürfte der Konkurrenz wieder überlegen sein. "Wir hatten einen guten Freitag. Die Pace war da", bestätigte Red Bulls Nummer Zwei. Die Frage dürfte nicht lauten ob, sondern wie weit er nach vorne kommen kann. Dazu muss er vor allem die Mittelfeld-Autos schnell überwinden, denn die Ferrari, Mercede und evtl. auch die McLaren dürften zwar langsamer, aber auch keine leichte Beute sein. In Österreich fuhr 'Checo' trotz schlechtem Startplatz auf das Podest, in Kanada und Spanien gelang dies aber nicht. Für einen Besuch bei der Siegerehrung sollte er auf dem Zettel stehen, auch wenn das ein ganzes Stück Arbeit sein dürfte. Das ganze Rennen der Formel 1 heute in Silverstone gibt es hier im Liveticker.

Formel 1 Silverstone 2023: Der Zeitplan

Alle Infos zu den TV-Zeitplänen der Formel 1 von Sky, ORF und Co. gibt es hier in der Übersicht.