Mercedes-Teamchef Toto Wolff war nach Lewis Hamiltons Unfall im dritten freien Training beim Monaco-GP 'not amused'. Sein Groll galt allerdings nicht seinem verunfallten Fahrer, sondern vielmehr den Streckenposten: "Wer auch immer den Kran bedient hat, hat wahrscheinlich vorher für den Cirque du Soleil gearbeitet. Ich verstehe es nicht, das Auto stand nicht einmal auf der Strecke. Man hätte es auch auf einen Lastwagen stellen können, und stattdessen präsentiert man der ganzen Welt das Auto, was für uns, gelinde gesagt, suboptimal war."

In den engen Gassen des Fürstentums entschlossen sich den Streckenposten den W14 mit einem Kran zu heben. Das Ärgerliche für Mercedes dabei ist das Lüften des größten Geheimnisses eines jeden Formel-1-Teams: Der Unterboden. Seit der Rückkehr der Venturi-Kanäle durch das Reglement von 2022 versuchen alle Teams dieses Bauteil möglichst effektiv zu nutzen. Etwa 40 Prozent des gesamten Abtriebs eines modernen Formel-1-Autos generiert der Unterboden, der noch dazu aerodynamisch sehr effizient ist. Da die Wägen zur optimalen Nutzung des Ground-Effekts so tief wie möglich fahren, sind Blicke auf die Form des Bauteils so gut wie unmöglich, es sei denn es kommt der Kran zum Einsatz.

Der Unterboden des Mercedes war in Monaco einzusehen, Foto: LAT Images
Der Unterboden des Mercedes war in Monaco einzusehen, Foto: LAT Images

Ein paar Stunden später am Samstag in Monaco traf es dann das noch größere Objekt der Begierde: Sergio Perez im Red Bull verunfallte und auch hier hing der überlegene RB19 am Haken. "Ich nehme an, dass sie noch mehr darüber verärgert sind, dass ihr Auto in der Luft hängt, als wir", kommentierte Mercedes-Chefingenieur Andrew Shovlin. Aston-Martin-Kollege Tom McCullough stimme zu: "Die Aerodynamiker wollen nicht, dass das sichtbar ist. Du kannst eine Menge davon lernen, selbst wenn du dir nur die Planke ansiehst."

Fotos des Red-Bull-Unterbodens machen im F1-Paddock die Runde

Tatsächlich fällt beim Ansehen der Planke auf, dass jene des Red Bull wesentlich stärker abgefahren wirkt. Die Konkurrenz fragt sich, wie Adrian Newey seinen Wagen so tief fahren lassen kann, ohne dass die Skid-Blöcke zu stark abgeschliffen werden, was zur Disqualifikation führen würde. "Es gibt jetzt eine Menge aufgeregter Aerodynamiker in der Boxengasse, die das studieren wollen", ist sich McCullough sicher und stellte erleichtert fest: "Ich bin mir sicher, dass sich die Aerodynamiker alle Autos ansehen werden, die angehoben wurden. Zum Glück wurde unseres noch nicht angehoben."

Die Planke des Red Bull ist deutlich abgenutzter als die des Mercedes, Foto: LAT Images
Die Planke des Red Bull ist deutlich abgenutzter als die des Mercedes, Foto: LAT Images

Fotos des angehobenen Red Bulls und des Mercedes gibt es zuhauf, zumal die Teams ohnehin zusätzlich zu den Presseleuten auch noch spezialisierte Technikfotographen auf ihren Gehaltslisten stehen haben. Besonders beim Klassiker an der Côte d’Azur wird dies zur Praxis, wie Shovlin bestätigt: "Der wichtigste Teil der neuen Regeln ist der, den du normalerweise nicht zu sehen bekommst. Die Teams werden sich auf diese Fotos stürzen und Monaco ist eine gute Gelegenheit solche Schnappschüsse zu bekommen."

Einfach Red Bull kopieren? So einfach ist das nicht

Kann der Perez-Fauxpas aus dem Monaco-Qualifying also den anderen Teams helfen, den Rückstand auf Red Bull zu reduzieren? Dieser Vorstellung schiebt Dave Robson von Williams einen Riegel vor: "Ich habe mir den [Unterboden, Anm. d. Red.] von Red Bull kurz angesehen. Er ist so komplex, dass du auf einem 2D-Foto mit dieser Belichtung nichts davon verstehen kannst." Tatsächlich müssten die Teams das Bauteil in 3D für ihre CFD-Programme beziehungsweise Windkanäle nachmodellieren, um es wirklich verstehen zu können. Und dann ist auch noch zu bedenken, dass ein Unterboden erst im Zusammenspiel mit den anderen Teilen des Autos funktioniert. Die Ingenieure können also einen Hinweis darauf bekommen, was Red Bull prinzipiell anders macht, aber eine baugleiche Kopie ist wohl weder möglich noch sinnvoll.

Formel 1 WM-Stand 2023: Die Fahrer-Tabelle

  • 1. Max Verstappen (170 Punkte)
  • 2. Sergio Pérez (117 Punkte)
  • 3. Fernando Alonso (99 Punkte)
  • 4. Lewis Hamilton (87 Punkte)
  • 5. George Russell (65 Punkte)
  • 6. Carlos Sainz Jr. (58 Punkte)
  • 7. Charles Leclerc (42 Punkte)
  • 8. Lance Stroll (35 Punkte)
  • 9. Esteban Ocon (25 Punkte)
  • 10. Pierre Gasly (15 Punkte)
  • 11. Lando Norris (12 Punkte)
  • 12. Nico Hülkenberg (6 Punkte)
  • 13. Oscar Piastri (5 Punkte)
  • 14. Valtteri Bottas (4 Punkte)
  • 15. Zhou Guanyu (4 Punkte)
  • 16. Yuki Tsunoda (2 Punkte)
  • 17. Kevin Magnussen (2 Punkte)
  • 18. Alexander Albon (1 Punkt)
  • 19. Nyck de Vries (0 Punkte)
  • 20. Logan Sargeant (0 Punkte)

Formel 1 WM-Stand 2023: Die Team-Tabelle

  • 1. Red Bull/Honda RBPT (287 Punkte)
  • 2. Mercedes (152 Punkte)
  • 3. Aston Martin/Mercedes (134 Punkte)
  • 4. Ferrari (100 Punkte)
  • 5. Alpine/Renault (40 Punkte)
  • 6. McLaren/Mercedes (17 Punkte)
  • 7. Haas/Ferrari (8 Punkte)
  • 8. Alfa Romeo/Ferrari (8 Punkte)
  • 9. AlphaTauri/Honda RBPT (2 Punkte)
  • 10. Williams/Mercedes (1 Punkt)