Die Formel 1 verschärft die Regeln bei gelben Flaggen. Ab dem Monaco-GP müssen sich die F1-Fahrer während einer Unterbrechung durch ein Safety Car oder ein Virtuelles Safety Car an Stellen, die durch doppelt geschwenkte Gelbe Flaggen als besonders gefährlich ausgewiesen werden, zusätzlich an ein Tempolimit halten.

Bisher galt während Safety Car oder VSC die simple Anweisung, der sogenannten "Delta-Zeit" zu folgen. Für eine Runde wird eine Gesamt-Referenzzeit festgelegt, welche alle zum Verlangsamen zwingen soll. "Die Fahrer werden über ihr Dashboard und über Funktöne über diese Delta-Zeit informiert und müssen einen positiven Wert halten, also langsamer sein als die Referenz-Zeit für die Runde", erklärt FIA-Cheftechniker Tim Goss das Verfahren gegenüber der offiziellen FIA-Webseite.

Das bedeutet: Anders als viele andere Rennserien nutzt die Formel 1 kein fixes Tempolimit. Das konnte zu Problemen führen. Ist man zu Beginn der Runde langsam, baut man sich ein Zeitpolster auf und kann am Ende schneller fahren. Solange am Ende die Referenz-Zeit stimmt, ist es im Sinne des Reglements erlaubt, auch sehr schnell zu fahren.

Das sorgte in der Vergangenheit für brenzlige Situationen. Besonders in Erinnerung blieb Pierre Gaslys Schockmoment in Suzuka 2022. Er hatte nach einem Boxenstopp in einer Safety-Car-Phase ein großes Polster an Referenz-Zeit aufgebaut. Entsprechend zog er das Tempo an, um den weit vor ihm liegenden Safety-Car-Zug einzuholen - und schoss im dichten Regen knapp an einem auf der Strecke stehenden Bergungsfahrzeug vorbei.

Wie die neuen Sicherheits-Regeln funktionieren

Virtuelles Safety Car und Safety Car allein stellten folglich nicht sicher, dass Unfallstellen gefahrlos passiert werden. Die FIA reagierte und begann bei den Bahrain-Testfahrten 2023 erstmals, zusätzliche Beschränkungen zu versuchen. Diese gelten in jenen Bereichen, die zusätzlich mit doppelt geschwenkten gelben Flaggen als besonders gefährlich gekennzeichnet werden. Also Unfallstellen, Stellen an denen gearbeitet wird und dergleichen.

Konkret werden in einem Bereich, der sich unter Doppelgelb befindet, eigene Delta-Zeiten ausgegeben. "Was wir machen wollen, ist, das Delta-Zeit-Konzept zu erweitern, um sicherzustellen, dass die Autos strikt auf die vorgegebene Delta-Zeit verlangsamen", sagt Tim Goss. Dadurch, dass diese separaten Zonen nur von Streckenposten zu Streckenposten gehen, sind sie sehr kurz. Die Gefahr, dass sich ein Referenz-Polster bildet, wird so deutlich reduziert.

Olivier Hulot, der FIA-Verantwortliche für F1-Elektronik, erklärt: "Wenn ein Fahrer in Doppelgelb ankommt, sieht er auf dem Dashboard eine Null. Die Delta-Zeit wird also zurückgesetzt. Er muss dann unter dem neuen Tempolimit fahren. Und er bekommt wieder ein positives oder negatives Delta relativ zu diesem Tempolimit. Es ist also das gleiche Prinzip wie davor, nur dass es sich auf eine spezifische Doppelgelb-Zone beschränkt."

Weiters gibt es auch ein Warn-System, um den Fahrer darauf hinzuweisen, dass er auf eine Gelb-Zone zufährt. "Das läuft schon erfolgreich und wird mit dem neuen System helfen", sagt Hulot.

FIA stellt Sicherheit über Performance-Probleme

Ein Nebeneffekt solcher einzelner Tempolimit-Zonen ist aus anderen Rennserien bestens bekannt: Es kann sein, dass das halbe Feld durch die Zone fährt - und sie dann aufgehoben wird. Es kann also Glückliche geben, die dadurch Zeit gewinnen. "Aber die Sicherheit hat Priorität", stellt Hulot klar. "Wenn es eine Gefahr auf der Strecke gibt, oder wenn Streckenposten draußen sind, dann müssen wir unter allen Umständen die Risiken minimieren."

Diese neuen Regeln gelten ab Monaco, aber wie angesprochen nur dann, wenn bereits die ganze Strecke durch ein Safety Car oder ein Virtuelles Safety Car neutralisiert wurde. Sie sind also bloß eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme. Mit Konzepten wie bei den 24 Stunden auf dem Nürburgring, wo "Slow Zones" mit echten, harten Tempolimits von 120 km/h und 60 km/h ausgerufen werden können, ohne das Rennen sonst zu unterbrechen, will die Formel 1 nicht anfangen. Zu hoch sind die Geschwindigkeiten, zu gefährlich schätzt man das Abbremsen ein.