Zwischen George Russell und Max Verstappen flogen beim Formel-1-Sprint in Baku am Sonntag die Fetzen. Der Mercedes-Pilot hatte sich am Start im Kampf um Platz drei mit viel Ellenbogeneinsatz gegen den Weltmeister durchgesetzt. Letzterer zeigte sich mit der Gangart seines Rivalen alles andere als einverstanden. Auf frustgeladenen Boxenfunk folgte nach dem Rennen eine wütende Ansage an Russell. Der war von der Reaktion Verstappens ebenso überrascht wie von dessen Aktion auf der Rennstrecke. Er fühlt sich im Recht.

"Unter uns Fahrern ist klar, dass es für dich ein Risiko gibt, wenn du außen zu überholen versuchst. Hoffentlich hat er dieses Risiko heute verstanden", macht Russell seinen Standpunkt gegenüber Sky Sports F1 unmissverständlich klar und fügt an, dass ihn Verstappens Belange nicht im Geringsten interessieren: "Ich bin hier, um zu kämpfen und um zu gewinnen. Ich werde nicht kneifen, nur weil er die Weltmeisterschaft anführt."

Der Brite war als Vierter eine Startposition hinter Verstappen in den Sprint über 17 Runden gegangen. Er erwischte den besseren Start und setzte sich in Kurve eins innen neben den Red-Bull-Fahrer, der außen mit allen Mitteln dagegenhielt. Über drei Kurven hinweg kämpften die beiden Rad an Rad. In Turn zwei kam es zum Kontakt, bei dem Verstappens linker Seitenkasten beschädigt wurde.

Wütender Verstappen überrascht Russell

Eine Kurve später setzte sich Russell durch, wobei seinem Rivalen am Ausgang der Platz ausging und dieser leicht die Mauer touchierte. Russell hatte das Duell jedoch nur für den Moment gewonnen. In Runde sechs wurde der Sprint nach einer Safety-Car-Phase wieder freigegeben und Verstappen konterte. Im Ziel hatte er über drei Sekunden Vorsprung auf Russell.

Für den Mercedes-Fahrer war die Sache längst abgehakt, doch Verstappen suchte ihn auf und machte ihm eine unmissverständliche Ansage, mitsamt Androhung eines Revanchefouls. "Das waren einige böse Wörter von seiner Seite", so Russell, für den die Reaktion unerwartet kam: "Ich war überrascht, dass er so wütend war. Er ist immer noch Dritter geworden."

Russell schmettert Verstappens Kritik ab

Im kurzen Wortgefecht rechtfertige sich Russell noch damit, dass seine Reifen nicht auf Temperatur waren und er deshalb keine engere Linie fahren konnte. Im Nachhinein war er jedoch der Meinung, dass Verstappen außen ohnehin nichts verloren hatte. "Ich war überrascht, dass er so dagegenhält. Als Achtjährige im Go-Kart wissen wir schon, dass die Kurve dir gehört, wenn du am Scheitelpunkt innen bist, und dass du viel Risiko eingehst, wenn du außen dagegenhältst", erklärt er.

Diese ungeschriebene Regel zu ignorieren, hält er vor allem auf einem Kurs wie dem Baku City Circuit für töricht. "Ich hätte nicht versucht, auf einem Stadtkurs außen dagegenzuhalten. Der Fahrer innen hat die Linie und derjenige außen hat die Kurve schon verloren", so der 25-Jährige. "Er hat genug Erfahrung, um zu wissen, dass du außen großes Risiko eingehst, weil derjenige innen weit gehen und dich treffen kann."

Russell lässt sich von Verstappen nicht belehren

Der Kontakt war seinerseits jedoch alles andere als einkalkuliert. "Ich habe alles getan, um sauber zu bleiben. Wir sind alle hier, um zu kämpfen und nicht um uns gegenseitig ins Auto zu fahren. Aber im Motorsport passiert das manchmal, wenn man bis an die Grenze geht", stellt Russell klar. Seiner Meinung nach schadete sich Verstappen mit seiner eigenen Sturheit am meisten: "Er hatte viel mehr zu verlieren als ich und er hätte nur eine Runde warten müssen, dann hätte er mich mit seinem Speed locker zurücküberholt."

Der seinerseits für seinen kompromisslosen Stil bekannte Verstappen rühmte sich im Funk nach seinem erfolgreichen Konter für das saubere Manöver. Russell glaubt jedoch nicht, dass der Niederländer in der Startrunde anders gehandelt hätte, wären die Rollen vertauscht gewesen: "Er hätte genau dasselbe getan. Das ist Motorsport und wir kommen damit alle klar. Wir sind schon große Jungs und das hier ist die Formel 1." Das ganze Rennen der Formel 1 heute in Baku gibt es hier im Liveticker.