Südafrika, Madrid und London - auf ein Formel-1-Rennen drängen zahlreiche Orte. Die Beliebtheit der Königsklasse nimmt weltweit zu. Neue Grands Prix, wie Miami und Las Vegas, erscheinen auf dem Rennkalender. Traditionsstrecken müssen derweil zittern. Auch Deutschland geht trotz des Formel-1-Hypes seit Jahren leer aus. Doch ist ein Deutschland Grand Prix mit dem F1-Einstieg von Audi 2026 wieder möglich?

"Wir freuen uns, wenn das Thema Formel 1 in Deutschland weiter diskutiert wird", sagt Jorn Teske, Geschäftsführer des Hockenheimrings im Gespräch mit Sport1. "Und wir freuen uns, dass durch den Audi-Einstieg eine neue Dynamik in die Diskussion kommt. Wir stehen natürlich immer wieder in Kontakt mit der Formel 1, haben den nie abreißen lassen."

Das Interesse ein einem Deutschland-GP bleibt bestehen. Bisher scheiterte es nicht am Wille, sondern an den finanziellen Mitteln. "Wir wissen, dass sowohl die Formel 1 als auch wir ein großes Interesse haben, mittelfristig Wege zu finden, die eine regelmäßige Austragung der Formel 1 in Deutschland sicherstellen würden", so Teske. "Aber wir wissen auch, dass es nach wie vor nicht einfach ist. Wenn durch einen Global Player wie Audi neue Wege erwachen, dann begrüßen wir das natürlich und sind sehr daran interessiert, uns mit allen Beteiligten auszutauschen."

Formel 1 soll nicht zu finanziellem Ruin führen

Das letzte Formel-1-Rennen auf dem Hockenheimring wurde 2019 ausgetragen. Seitdem fand die Königsklasse nur für den Großer Preis der Eifel 2020 nach Deutschland. "Wir wünschen uns sehr, dass die Formel 1 zurück nach Deutschland kommt", versichert Teske. "Wir wissen, wie wichtig die Königsklasse des Motorsports für eine Rennstrecke, aber auch für eine ganze Region ist. Wir wissen, dass wir unseren weltweiten Ruf der Formel 1 zu verdanken haben und tun alles dafür, dass es ein Comeback gibt."

Hamilton und Albon beim letzten GP auf dem Hockenheimring, Foto: LAT Images
Hamilton und Albon beim letzten GP auf dem Hockenheimring, Foto: LAT Images

Für das besagte Comeback fehlt derzeit jedoch schlichtweg das Geld. Der Geschäftsführer des Hockenheimrings beteuert: "Wir bleiben bei unserer Meinung, dass uns ein Formel-1-Rennen nicht ruinieren darf. Wir haben ja auch in der Vergangenheit gesagt, dass es uns gar nicht darum geht, mit der Formel 1 immens viel Geld zu verdienen. Wir wollen mit ihr nur keine Verluste schreiben."

Um einen Grand Prix abhalten zu können, müssen die Veranstalter Antrittsgebühren an die Formel 1 zahlen. Für ein Rennen in Europa machen diese etwa zwischen 20 und 25 Millionen Euro aus. "Wenn man wie in der Vergangenheit eine größere Antrittsgebühr bezahlt, die sich durch Tickets und Nebenverkäufe schon rein rechnerisch kaum refinanzieren lässt, dann halten wir das so nicht für realistisch", sagt Teske.

Berührungsängste zu groß: Deutsche Politik scheut Formel 1

In anderen Ländern Europas hilft die Politik finanziell an einem Formel-1-Rennen mit. In Deutschland ist dies nicht der Fall. Dafür reicht das Interesse der Politik an einem Grand Prix nicht aus. "Natürlich haben wir es immer wieder versucht – zunächst über Landes-, aber auch über Bundesebene - mit dem Thema vorstellig zu werden, aber das Interesse daran ist praktisch nicht besonders groß", erklärt der Geschäftsführer des Hockenheimrings.

Obwohl die Veranstaltung eines Formel-1-Rennens für eine Region großen Mehrwert haben kann, seien die Berührungsängste zu groß. "Offensichtlich ist es politisch nicht opportun, sich für den Motorsport in Deutschland einzusetzen", verrät Teske. "Selbst wenn die Formel 1 in Sachen Nachhaltigkeit eine Vorreiterrolle spielt, sind die Berührungsängste sehr groß. Dabei werden dann auch die regionalökonomischen Aspekte ganz offensichtlich ausgeblendet."

Durch einen Grand Prix wird in der Regel der Tourismus stark angekurbelt und die Wertschöpfung der Region gesteigert. "Das sind Argumente, die bei anderen Sport- oder Kulturereignissen herangezogen werden, die aber bei der Diskussion rund um die Formel 1 nicht gehört werden", bemängelt Teske.

Formel-1-Boss: 24 Rennen sind richtige Anzahl

Obwohl immer mehr neue Orte auf einen Grand Prix drängen und historische Strecken auf dem Kalender blieben wollen, bestand Formel-1-Boss Stefano Domenicali erst kürzlich darauf, dass die Anzahl der Rennen nicht groß ansteigen wird. "24 ist die richtige Anzahl an Rennen und der Mix an Kontinenten sieht gut aus", beteuerte der Italiener. "Für die Zukunft gibt es die Möglichkeit eines Grand Prix in Afrika, da dies der einzige Kontinent ist, der fehlt."

Den Veranstaltern von historischen Grands Prix rät er: "Es ist nicht genug, arrogant zu sein und zu glauben, dass dir ein Rennen zusteht, nur, weil du seit 100 Jahren ein Rennen abhalten darfst. Wir sind mit diesen Veranstaltern transparent. Sie wissen, dass sie tun müssen, was wir richtig für sie und die Formel 1 halten, um im Kalender zu sein."

Teske schlägt deutsche Rennstrecken-Rotation vor

Um mehr Orten einen Grand Prix zu ermöglichen ohne, dass der Rennkalender aus allen Nähten platzt, steht immer wieder der Vorschlag eines Rotationsprinzips im Raum. Das bedeutet, dass sich Rennstrecken jährlich bei der Veranstaltung eines F1-Rennens abwechseln. Teske ist ein Befürworter dieses Prinzips.

"Ich halte es für eine sehr gute Idee, eine alternierende Lösung zu haben", so der Geschäftsführer des Hockenheimrings. "Ich kann es nachvollziehen, dass die Formel 1 sich Abwechslung im Rennkalender wünscht. Auf der anderen Seite würden wir nur alle zwei Jahre die enormen Ressourcen binden, die nötig sind, um ein Formel-1-Rennen durchzuführen. Wir würden aber weiterhin das Image und den Status einer Formel-1-Rennstrecke behalten. Insofern ist das durchaus ideal."

Noch idealer wäre laut Teske eine komplett deutsche Rotation. "Wenn es dann eine Rotation der beiden deutschen Rennstrecken gäbe, sprich gemeinsam mit den Kollegen des Nürburgrings, wäre das den deutschen Fans bestimmt sehr recht und mir auch."