Die Freien Trainings gelten als nächstes Opfer der Erneuerungswelle in der Formel 1. Schon beim nächsten Sprint-Wochenende in Baku soll es je ein Qualifying für Sprint und Grand Prix geben. Durch die Unabhängigkeit des Sprint-Ergebnisses erhofft sich die FIA mehr Action. Weichen soll dafür das 2. Freie Training. Stefano Domenicalis Vorschlag stößt auf geteilte Meinungen bei den Fahrern. Max Verstappen am einen, Lewis Hamilton am anderen Extrem.

Verstappen: Belastung in der Formel 1 schon jetzt hoch genug

"Ich bin absolut kein Fan von dem Ganzen", vermeldet Max Verstappen. "Dann wird das Wochenende noch intensiver. Und wir haben jetzt schon so viele Rennen." Der zweifache Weltmeister hält das für den völlig falschen Weg und wünscht sich ein Beibehalten der traditionellen Struktur mit einem Qualifying am Samstag und Rennen am Sonntag.

Für ihn käme stattdessen eher in Frage, das Wochenende von drei auf zwei Tage zu verkürzen und diese Tage mit mehr Action zu füllen. "Wir haben so oder so dann schon 24 oder 25 Rennen. Wenn wir da noch mehr Sachen hinzufügen, ist es das für mich nicht mehr wert. Das macht so keinen Spaß mehr", denkt Verstappen.

Max Verstappen kämpft bei jedem Sprint ums Überleben

Schon die sechs Sprintrennen sind dem Red-Bull-Piloten ein Dorn im Auge. "Für mich geht es bei einem Sprintrennen nur ums Überleben, nicht ums Rennfahren", meint der 25-Jährige. "Wenn man ein schnelles Auto hat. Ich will nichts riskieren und ziehe es vor, mein Fahrzeug am Leben zu halten, um für Sonntag ein gutes Rennauto zu haben."

Bislang hielten sich viele Fahrer in Sprints zurück, um das Rennen am Sonntag nicht zu gefährden, Foto: LAT Images
Bislang hielten sich viele Fahrer in Sprints zurück, um das Rennen am Sonntag nicht zu gefährden, Foto: LAT Images

"Es liegt nicht in der DNA der Formel 1, Sprintrennen zu fahren", hat Max Verstappen eine klare Meinung. "Formel 1 heißt, das Maximum aus dem Qualifying zu holen und dann einen großartigen Sonntag zu haben. Eine schön lange Renndistanz zu fahren. Das ist die DNA des Sports. Ich verstehe nicht, warum man da etwas ändern will." Ob ein oder zwei Qualifyings, das Problem bleibt dasselbe.

Verstappen: Haben schon jetzt genug Action in der Formel 1

Verstappen sieht ein, dass alle mehr Action wollen. Und hat auch einen Lösungsweg parat: "Indem man die Autos näher zusammenbringt. Indem mehr Teams um den Sieg kämpfen können. Dann wäre sowieso für mehr Show gesorgt", führt der Holländer aus. "Wenn wir sechs oder sieben Teams hätten, die um den Sieg kämpfen, wäre das unglaublich. Du musst gar nichts verändern."

Trotz des Unmutes ist der Red-Bull-Pilot mit drei Siegen in sechs Sprints Rekordsieger. Valtteri Bottas gewann zweimal, George Russell den letzten Sprint in Sao Paulo. "Zu Beginn war ich kein Fan der Sprintrennen, mittlerweile sind sie mir schon sympathischer", meint Russell. Grund: Mehr Action schon am Freitag und ein besseres Erlebnis für die Fans. "Es ist spannender für uns, für die Teams und die Fans."

Skeptisch steht der Brite dem Thema Einzelzeitfahren gegenüber. Aber: "Ich vertraue dem, was die FIA und Stefano machen", spricht Russell seine Unterstützung aus. "Im Großen und Ganzen funktionieren Qualifying und Rennen sehr gut, aber ich bin immer offen für Veränderung und Neubewertung."

George Russell gewann in Brasilien sowohl seinen ersten Sprint als auch sein erstes Rennen, Foto: LAT Images
George Russell gewann in Brasilien sowohl seinen ersten Sprint als auch sein erstes Rennen, Foto: LAT Images

Hamilton ist ein Freund von Veränderungen in der Formel 1

"In Baku könnten wir gar kein Einzelzeitfahren machen, weil die Reifen nach einer Runde nicht funktionieren, vor allem ohne Heizdecken", meint Lewis Hamilton. Der siebenfache Weltmeister ist aber wie sein Mercedes-Teamkollege offen für Veränderungen. "Ich mag den Freitag an Sprintwochenenden, ich mag Qualifyings, das macht mir immer Spaß."

Wenn es nach Hamilton ginge, könnte die Formel 1 generell hier und da kleine Veränderungen vertragen: "Zum Beispiel bei Rennen, bei denen Überholen schwierig ist, wie in Monaco: Wie könnten wir das spannender gestalten?"

Pro und Kontra spaltet das Fahrerlager der Formel 1

Nico Hülkenberg begrüßt eine Weglassung von FP2 an Sprintwochenenden und würde bei zwei Qualifyings auch mehr riskieren, warnt aber: "Du musst immer an das Kosten-Nutzen-Verhältnis denken. Du willst auf keinen Fall dein Auto demolieren und es gibt ja auch Punkte für den Sprint."

Nico Hülkenberg sieht zwei Qualifyings mit gemischten Gefühlen entgegen, Foto: LAT Images
Nico Hülkenberg sieht zwei Qualifyings mit gemischten Gefühlen entgegen, Foto: LAT Images

"Es ist zwar gut für die Fans, aber ich finde das alte Format besser", meint Guanyu Zhou. "Wir als kleines Team haben nicht viele Ersatzteile. Wenn etwas passiert, müssen wir mit den alten Teilen herumfahren." Alfa-Sauber-Kollege Valtteri Bottas würde sich indes mehr Durchmischung in der Startorder wünschen.

"Sonntag ist als Formel-1-Spektaktel gut so wie es ist. Und ich finde, nichts soll das beeinflussen", meint Lando Norris. "Die vergangenen Sprint-Rennen haben aber genau das getan. Du hast Angst, dir den Sonntag zu ruinieren." Deswegen ist Lando Norris im Team Pro zweites Qualifying.

Wie McLaren-Teamchef Andrea Stella. "Wir sind nervös, aber unterstützen den Ausbau des Spektakels." Alle Teams müssten sich eben anpassen und Management mit Ersatzteilen und Budgetobergrenze betreiben. Fixiert ist Stand jetzt noch nichts, das Thema wird gegenwärtig von den Teammanagern diskutiert. Mit einer Entscheidung ist voraussichtlich in ein bis zwei Wochen zu rechnen.

Formel 1 WM-Stand 2023: Die Fahrer-Tabelle

  • 1. Max Verstappen (44 Punkte)
  • 2. Sergio Perez (43 Punkte)
  • 3. Fernando Alonso (30 Punkte)
  • 4. Carlos Sainz (20 Punkte)
  • 5. Lewis Hamilton (20 Punkte)
  • 6. George Russell (18 Punkte)
  • 7. Lance Stroll (8 Punkte)
  • 8. Charles Leclerc (6 Punkte)
  • 9. Valtteri Bottas (4 Punkte)
  • 10. Esteban Ocon (4 Punkte)
  • 11. Pierre Gasly (4 Punkte)
  • 12. Kevin Magnussen (1 Punkt)
  • 13. Alexander Albon (1 Punkt)
  • 14. Yuki Tsunoda (0 Punkte)
  • 15. Nico Hülkenberg (0 Punkte)
  • 16. Logan Sargeant (0 Punkte)
  • 17. Guanyu Zhou (0 Punkte)
  • 18. Nyck de Vries (0 Punkte)
  • 19. Oscar Piastri (0 Punkte)
  • 20. Lando Norris (0 Punkte)

Formel 1 WM-Stand 2023: Die Team-Tabelle

  • 1. Red Bull (87 Punkte)
  • 2. Aston Martin (38 Punkte)
  • 3. Mercedes (38 Punkte)
  • 4. Ferrari (26 Punkte)
  • 5. Alpine (8 Punkte)
  • 6. Alfa Romeo (4 Punkte)
  • 7. Haas (1 Punkt)
  • 8. Williams (1 Punkt)
  • 9. AlphaTauri (0 Punkte)
  • 10. McLaren (0 Punkte)