Der Formel-1-Auftakt in Bahrain lief für Ferrari durchwachsen und auch in Saudi-Arabien konnten die Roten die Erwartungen nicht erfüllen. Ganz im Gegenteil: Die Pace der Scuderia brach im Laufe des Rennens stärker ein als noch in Bahrain. Bei den Roten verzichtet man dennoch bislang auf konkrete Ankündigungen, auch wenn Medienberichte aus Italien andeuten, dass ein Umschwung auf das Red-Bull-Konzept für 2024 geplant ist.

Die kurzfristigen Probleme machte man an anderer Stelle aus. "Was das Potenzial des Autos angeht, haben wir einen guten Schritt hingelegt. Das ist die eine Seite, aber unser Problem ist, dass wir das maximale Potenzial auch über das gesamte Wochenende halten müssten und genau das gelang uns (in Jeddah) nicht", stellte Teamchef Frederic Vasseur fest.

Ferrari SF-23: Die sensible Reifendiva

Das größte Problem bei Ferrari scheint im Moment zu sein, dass das Auto zu sensibel auf unterschiedliche Reifensätze reagiert. In Bahrain war der Reifenverschleiß noch ein allgemeines Problem. In Jeddah lief der Ferrari im Renntrimm gut, allerdings nur bis man harte Reifen aufsteckte.

Die weiß markierten Pneus waren Gift für den SF-23. Im ersten Stint konnte Ferrari die Pace der direkten Konkurrenz noch mitgehen, mit freier Fahrt verloren sowohl Leclerc auf den Softs als auch Sainz auf den Mediums "nur" etwa eine halbe Sekunde auf Red Bull. Der limitierende Faktor, der den Rückstand zur Spitze anwachsen ließ, war der Verkehr.

Nach dem Reifenwechsel brach die Ferrari-Pace komplett ein. Vasseur betonte nach dem Bahrain-GP, dass sich das Problem mit dem hohen Reifenverschleiß über das Setup lösen lässt. Die Performance aus Jeddah legt aber nahe, dass sich genau das dann auf die Performance der Hard-Reifen niederschlägt. Den Roten gelang es bislang in dieser Saison noch nie, alle Reifentypen ins richtige Fenster zu bekommen.

Das alte Ferrari-Leid: Die Zuverlässigkeit

Eine kleine Entwarnung gab es nach Saudi-Arabien hingegen an der Motorenfront. Vasseur teilte mit, dass der Defekt von Charles Leclerc beim Saisonauftakt in Bahrain nicht von der Power Unit selbst ausging, sondern vom Steuergerät. Der Motorwechsel bereits vor dem zweiten Saisonlauf erfolgte nur aus prophylaktischen Gründen.

Der Verbrennungsmotor, welcher bei Leclerc ausgetauscht wurde, soll später im Laufe der Saison wieder zurückkommen. Insgesamt eine positive Mitteilung für alle Tifosi. Dass man aber schon so früh in der Saison seinen Pool aufstockt, kann sich rächen. Denn die Teams dürfen zwar nicht die Leistung der Power Units anheben, sie können aber sehr wohl an der Zuverlässigkeit Hand anlegen und falls Ferrari im Laufe der ersten Saisonhälfte doch noch ein Zuverlässigkeits-Problem an seiner Antriebseinheit entdeckt, könnte sich der recycelte Motor von Leclerc als Risikofaktor erweisen.

Droht ein Binotto-Nachbeben?

Ferrari musste sich in der Winterpause schon komplett neu aufstellen. Auch wenn sich Binotto-Nachfolger Frederic Vasseur laut seinen beiden Fahrern sich schnell gut an seiner neuen Wirkungsstätte in der Formel 1 zurechtgefunden hat, dauert das seine Zeit. Inwiefern dieser Führungswechsel dazu geführt hat, dass die Italiener 2023 hinter ihren eigenen Erwartungen hinterherhinken, lässt sich aus der Ferne schwer beurteilen.

Fakt ist allerdings, dass Ferrari durch den Abgang von Konzeptionschef David Sanchez eine Schwächung hinnehmen musste. Laut Medienberichten aus Italien sei er nur der erste Dominostein in einer Reihe von wichtigen Ferrari-Mitarbeitern, die über einen Abschied nachdenken. Vasseur widersprach am vergangenen Formel-1-Wochenende diesen Meldungen und behauptete, dass keine Personen aus Schlüsselpositionen vor dem Abgang stünden. Im besten Fall bringen diese Gerüchte noch mehr Unruhe in das Team, im schlimmsten Fall steht noch eine Reihe an Personal-Verlusten an.

Was ist mit Carlos Sainz los?

Im Gegensatz zu Leclerc hatte Carlos Sainz bislang mit keinen Technik-Problemen zu kämpfen. Der Spanier kämpft aber an einer anderen Front: Er rutscht immer mehr in eine klare Nummer-2-Position ab. Bereits im Vorjahr war er vor allem zum Saisonstart unzufrieden mit seinen Leistungen, doch 2023 startete er nochmal schlechter in das Jahr.

Kurz zusammengefasst gab es keine Qualifying- oder Rennsession, in der er gegen seinen Teamkollegen die Nase vorne hatte: In Bahrain verbrauchte er die Reifen viel schneller als Leclerc, was ihm in der Endabrechnung sogar ein Podium kostete. Als der Monegasse ausfiel, lag Sainz schon fast zehn Sekunden zurück. Und das obwohl er bei beiden Reifenwechseln mehrere Runden früher die Box ansteuerte.

In Saudi-Arabien unterschied sich die Rennpace nicht ganz so gravierend, bis zum Wechsel auf die harten Reifen war Leclerc aber auch dort klar der schnellere der beiden Ferraris. Im Qualifying ein ähnliches Bild: Durchschnittlich 0,3 Sekunden lag Sainz auf seiner schnellsten Runde zurück. Eine Zahl, die allerdings etwas dadurch geschönt wird, dass Leclerc in Bahrain auf ein zweites Outing in Q3 verzichtete. Sainz konnte trotz eines weiteren Reifensatzes nicht um Reihe 1 mitfahren.

Ferrari: Qualifying top, Rennen flop

Die Saison dauert noch lange. Bei noch 21 zu fahrenden Grands Prix hat Sainz ausreichend Zeit, um sich von diesem Fehlstart zu erholen. Genauso wie Ferrari genügend Zeit hat, um wieder in die Spur zu finden. Einen Grund für Zuversicht gibt es in Maranello allerdings: Im Qualifying ist vor allem Leclerc schon voll bei der Musik dabei - im Rennen fehlt allerdings noch etwas auf die zweite Kraft.

Formel 1 WM-Stand 2023: Die Fahrer-Tabelle

  • 1. Max Verstappen (44 Punkte)
  • 2. Sergio Perez (43 Punkte)
  • 3. Fernando Alonso (30 Punkte)
  • 4. Carlos Sainz (20 Punkte)
  • 5. Lewis Hamilton (20 Punkte)
  • 6. George Russell (18 Punkte)
  • 7. Lance Stroll (8 Punkte)
  • 8. Charles Leclerc (6 Punkte)
  • 9. Valtteri Bottas (4 Punkte)
  • 10. Esteban Ocon (4 Punkte)
  • 11. Pierre Gasly (4 Punkte)
  • 12. Kevin Magnussen (1 Punkt)
  • 13. Alexander Albon (1 Punkt)
  • 14. Yuki Tsunoda (0 Punkte)
  • 15. Nico Hülkenberg (0 Punkte)
  • 16. Logan Sargeant (0 Punkte)
  • 17. Guanyu Zhou (0 Punkte)
  • 18. Nyck de Vries (0 Punkte)
  • 19. Oscar Piastri (0 Punkte)
  • 20. Lando Norris (0 Punkte)

Formel 1 WM-Stand 2023: Die Team-Tabelle

  • 1. Red Bull (87 Punkte)
  • 2. Aston Martin (38 Punkte)
  • 3. Mercedes (38 Punkte)
  • 4. Ferrari (26 Punkte)
  • 5. Alpine (8 Punkte)
  • 6. Alfa Romeo (4 Punkte)
  • 7. Haas (1 Punkt)
  • 8. Williams (1 Punkt)
  • 9. AlphaTauri (0 Punkte)
  • 10. McLaren (0 Punkte)