Nach dem Bahrain-GP verbleibt die Formel 1 für das zweite Saisonrennen im Nahen Osten: Der Saudi-Arabien-GP in Jeddah steht am Wochenende an. Red Bull ist nach dem dominanten Auftritt beim Auftakt der klare Favorit, die Konkurrenz steht gewaltig unter Druck. Motorsport-Magazin.com blickt auf die Brennpunkte vor dem Großen Preis von Saudi-Arabien 2023.
Brennpunkt 1: Gefährliche Strecke
Beim Saudi-Arabien Grand Prix wurde seit der Erstaustragung 2021 nicht nur über die Sicherheitslage neben, sondern auch auf der Strecke diskutiert. Die Veranstalter rühmen sich mit dem schnellsten Stadtkurs der Formel-1-Geschichte, aber dementsprechend kritisch wurde es bereits. Eine schnelle Kurve nach der anderen und extrem nahe Mauern bei weit über 200 km/h erzeugen ein großes Risiko. Mick Schumacher kann ein Lied davon singen: Beim Qualifying 2022 verunfallte er schwer und ließ das Rennen dann als Vorsichtsmaßnahme ganz aus.
Die Formel-1-Piloten haben sich bereits mehrfach über die Sicherheit der Strecke beschwert, besonders die Sicht beklagten sie. Ein verunfallter Pilot könnte zu spät gesehen werden, wenn die anderen Fahrer an der Stelle ankommen. Die Veranstalter haben reagiert: Mauern wurden verschoben, Kerbs entschärft. Der Highspeed-Charakter der Strecke hat sich aber prinzipiell nicht verändert. Es bleibt zu hoffen, dass wir nicht erneut schwere Unfälle sehen.
Brennpunkt 2: Ferrari und der Reifenverschleiß
In Bahrain konnte Ferrari zumindest im Qualifying noch einigermaßen mit Red Bull mithalten. Charles Leclerc verzichtete auf einen letzten Angriff auf Pole-Position, weil er lieber einen Satz Reifen für den Grand Prix sparen wollte. Am Sonntag half das trotzdem nichts, der Red Bull ging wesentlich pfleglicher mit seinen Pneus um. Der SF-23 hingegen fras seine Hinterreifen regelrecht auf, besonders am Auto von Carlos Sainz. Aber auch Leclerc hätte ohne seinen Defekt höchstens Dritter werden können.
In Jeddah steht nun eine Strecke an, auf der der Vorderreifen der limitierende Faktor ist. Dies könnte Ferrari in die Karten spielen, zumal der rote Renner in schnellen Kurven sehr konkurrenzfähig ist. Kann die Scuderia einen erneuten Einbruch im Rennen aufgrund des günstigeren Streckenlayouts verhindern? Ohnehin glaubt man dort, dem Problem auch mit Setup-Arbeit entgegenwirken zu können. Zumindest wird es diesmal wohl einen zweiten Angriff auf die Pole-Position geben und mit Charles Leclerc ist auf eine Runde immer zu rechnen.
Brennpunkt 3: Aston Martin muss Speed bestätigen
Aston Martin ist der klare Aufsteiger der Saison. In Bahrain war Fernando Alonso in Sachen Rennspeed sogar die zweite Kraft im Feld und fuhr einen vielumjubelten Podestplatz ein. Auch Lance Stroll zeigte angesichts seiner Handbruchsoperation wenige Tage zuvor mit Rang sechs eine bemerkenswerte Leistung. Der AMR23 trumpfte vor allem mit geringem Reifenverschleiß auf. Im Qualifying hingegen waren die grünen Boliden den Ferrari unterlegen.
Nun stellt sich die Frage, ob Aston diesen Speed auch auf einer weniger reifenkritischen Strecke wie Jeddah bestätigen kann. Außerdem scheinen dem neuen Wagen eher langsame und vor allem mittelschnelle Kurventypen zu liegen. Der Jeddah Corniche Circuit besteht allerdings fast nur aus schnellen Passagen. Sollte Aston Martin auch hier aufs Podest fahren können, dann ist mit ihnen wohl auf jeder Art von Strecke zu rechnen.
Brennpunkt 4: Mercedes am Boden
Bei Mercedes brennt es lichterloh. Die einstigen Serienweltmeister sind mit dem W14 sogar noch weiter zurückgefallen, als mit dem problematischen Vorjahresmodell. Das neue Auto hat kein Porpoising mehr, aber auch keinen Speed. Es fehlt dem Wagen deutlich an Abtrieb. Teamchef Toto Wolff hat das Konzept des Autos bereits in Frage gestellt. Updates sind schon in Planung, aber dafür wird es länger als die zwei Wochen seit Bahrain brauchen. Vermutlich werden wir beim vierten Rennen in Baku einen anders aussehenden Mercedes erblicken.
Der Highspeedkurs in Jeddah könnte Mercedes trotzdem etwas entgegenkommen, denn zumindest in Sachen Topspeed haben die Silberpfeile alte Defizite überwunden. Mercedes könnte ein gutes Ergebnis für etwas Luft zum Atmen gebrauchen. Aktuell stehen die Mannen aus Brackley von allen Seiten in der Schusslinie. Selbst Superstar Lewis Hamilton hat sich zuletzt erstmals mit öffentlicher Kritik am Team gezeigt und seine Mannschaft dazu aufgefordert, Verantwortung zu übernehmen. Toto Wolff und seine Leute befinden sich in der schwersten Krise seit Beginn der Turbo-Hybrid-Ära.
Brennpunkt 5: McLaren braucht Befreiungsschlag
McLaren erweckte in den letzten Monaten einen desaströsen Eindruck. Zuerst verlor das Team Teamchef Andreas Seidl an Sauber, dann musste Woking zugeben, beim MCL60 monatelang in die falsche Richtung entwickelt zu haben. Dazu tat sich dann beim Auftakt in Bahrain noch eine weitere Baustelle auf: Die Zuverlässigkeit. Rookie Oscar Piastri musste früh im Rennen mit Elektrik-Defekt aufgeben. Lando Norris hatte ein Leck im Pneumatik-System, was allerdings in der Verantwortung von Motorenpartner Mercedes lag.
Besserung soll, wie bei Mercedes, durch ein großes Update mit neuer Entwicklungsrichtung in Baku kommen. Dennoch braucht McLaren eigentlich schon jetzt ein Ergebnis. Die Presse hat sich auf das Traditionsteam eingeschossen, in den sozialen Netzwerken musste McLaren Hohn und Spott über sich ergehen lassen und Lando Norris wird bereits an allen Ecken und Enden ein Abgang vom Team nahegelegt. Ein Erfolgserlebnis ist dringend nötig. Wenigstens macht die Strecke McLaren etwas Hoffnung. Der MCL60 hat seine Schwächen nicht in schnellen Kurven. Überhaupt war der Speed in Bahrain nicht so desaströs, wie manche schon nach den Testfahrten vermutet hatten. Für Punkte muss McLaren aber erst einmal ins Ziel kommen.
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