Als vorletztes Team hält Mercedes am Mittwoch die offizielle Präsentation eines neuen Formel-1-Autos ab und unterstreicht den paddockweiten Trend zum Schwarz. Wie schon in den Jahren 2020 und 2021 gibt es keinen Silberpfeil. Beim neuen F1 W14 E Performance sind die Gründe aber andere, da ist das Team ganz ehrlich.
Es geht um Performance. 2022 hatte das Team auf klassisches Silber vertraut, doch das Auto war übergewichtig. Eines von vielen Problemen, mit denen Mercedes im Vorjahr zu kämpfen hatte. Für 2023 unternimmt das Team alles, um Lewis Hamilton und George Russell wieder siegfähiges Material zu bieten. Egal, ob man Lack zugunsten von Karbon abträgt, oder umfangreiche technische Änderungen am Auto vornimmt.
Nur ein Sieg und ein abgeschlagener dritter Platz in der Team-WM ist schließlich nicht der Anspruch eines Teams, das sieben Fahrer- und acht Konstrukteurstitel in Serie eingefahren hat. Gewicht, Aerodynamik, Bouncing - für 2023 verspricht die Mannschaft von Toto Wolff, sich alle Bereiche vorgenommen zu haben, stoppt aber vor dem Konzeptwechsel.
Neuer Mercedes setzt auf schwarzes Karbonkleid
Der Trend zum Schwarz ist in der Formel 1 allgegenwärtig, weil das ganze Feld mit dem Mindestgewicht von 798 Kilogramm zu kämpfen hat. Nur, Lackierung gegen nacktes Karbon auszutauschen stimmt nicht jede Marketing-Abteilung glücklich. Mercedes sieht sich jedoch dem Schwarz nach zwei erfolgreichen Jahren verbunden.
2020 hatte Mercedes, angeführt von Lewis Hamilton, im Angesicht der Coronavirus-Pandemie mit dem schwarzen Auto damals ein Zeichen für Gleichberechtigung und Vielfalt setzen wollen. Man dominierte in dem Jahr die WM, und das Schwarz wurde Teil der DNA des Teams, meint Toto Wolff: "Weshalb wir gerne dazu zurückkehren." Im letzten Jahr behielt man schon mit schwarzen Rennoveralls eine Verbindung bei.
Neuer Mercedes W14 an allen Fronten verbessert
2023 kommt das Karbon aus Performance-Gründen. Ansonsten ist der neue Mercedes W14 fundamental kein neues Konzept. Mercedes stellt sich gegen die Zweifler, welche die effektive Umsetzbarkeit seit Monaten hinterfragen. Es bleibt bei schmalen Seitenkästen, während die Mehrheit der Konkurrenten in Richtung Red-Bull-Konzept driftet. "Die Probleme, die wir letztes Jahr hatten, vor allem mit dem Bouncing, waren nicht auf die Geometrie des Autos zurückzuführen", beschwört Technik-Chef Mike Elliott.
Bis zum Schluss hatte Mercedes gegen das Bouncing-Phänomen gekämpft, bei dem das Auto sich bei hohen Geschwindigkeiten aufschaukelte und auf dem Asphalt aufzusetzen beginnt. Der alte Mercedes konnte nie den ganzen Abtrieb, den man in Windkanal und Simulationen gesehen hatte, auf die echte Strecke bringen. Die Fahrer beklagten sich durchweg über schlechte, oft unberechenbare Balance, zu wenig Feedback vom Auto und einem schwierigen Setup-Prozess.
Da diese Probleme zu Saisonbeginn alles überstrahlten, verbrachte Mercedes viel Zeit im Notfall-Modus. Das überschattete das Potenzial, glaubt Elliott: "Gegen Saisonende konnte man erkennen, wie sich die Performance verbesserte, und der Winter stellte einen Neustart dar. Wir haben all das gemacht, was wir im Vorjahr mit dem W13 machen wollten, aber nicht tun konnten, weil die Ressourcen beschränkt waren oder weil der Fokus auf anderen Bereichen lag, wo wir Probleme lösen mussten."
Am neuen W14 wurde, auch wenn die Grundidee bestehen bleibt, an vielen Orten Hand angelegt. Die Vorderradaufhängung ist neu, das Kühlsystem ist angepasst, und das ganze Aerodynamik-Design ist gegenüber dem Vorjahr an vielen Ecken und Enden verfeinert. Die Form des Seitenkastens ist leicht verändert, wird nach unten hin zumindest etwas breiter und bauchiger und kreiert so Abstufungen. Der Upgrade-Plan für die ersten Rennen steht bereits.
Letzte Motor-Upgrades für Mercedes
Weniger ändert sich an der Mercedes-Power-Unit. Das Team nutzt die letzte Chance noch einmal für Performance-Upgrades. Erst mit Saisonstart wird die Motor-Software als letzter Bereich eingefroren. "Wir haben die meiste Performance durch die Art und Weise gefunden, wie wir den Motor nutzen", erklärt Motorenchef Hywel Thomas.
Alle anderen Motorbereiche sind bereits eingefroren und erlauben nur mehr Zuverlässigkeits-Upgrades. Auch an die machte sich Mercedes aber. Zwar hielt die Power Unit verglichen mit manchen Konkurrenten 2022 gut, doch das Bouncing hinterließ auch hier Spuren. Die Ingenieure haben daraus gelernt, dass sie den Motor durchaus robuster gestalten sollten, um so den hohen Belastungen standzuhalten.
2023 zurück im WM-Kampf? Mercedes kann nur hoffen
Garantien wird es von Mercedes für die Performance des W14 keine geben. Die schiere Masse der Probleme des Vorjahres hatte man nicht erwartet, sie dienen als Warnung. 2023 gibt es nur drei Testtage, um einen ersten Einblick ins Auto zu bekommen. "Ich hoffe, dass wir 2023 den Beweis antreten werden, verstanden zu haben, wie wir die Probleme lösen", sagt Toto Wolff.
Obendrauf haben die Gegner Red Bull und Ferrari den Vorteil, dass sich ihr Konzept auf dem Papier bereits mehrfach als Sieg- und Pole-Auto bewährte. "Wir machen uns keine Illusionen darüber, dass es schwer werden wird", meint Cheftechniker Elliott. "Wir starten mit einem Rückstand und sind nicht der Favorit."
Fahrerisch stehen die Qualitäten des Teams außer Frage. Lewis Hamilton und George Russell lieferten im Vorjahr mehrere exzellente Leistungen mit schwachem Material ab. Die Art und Weise, wie sich Russell in das Team eingefügt hat, wird rundum gelobt. Auch wenn niemand weiß, wie genau das Jahr laufen wird, so kann Toto Wolff nur eines sagen: "Zu Beginn einer neuen Saison hoffst und erwartest du stets, um die Weltmeisterschaft zu kämpfen."
Technische Daten Mercedes F1 W14 E Performance - Chassis
- Monocoque: Karbon, Aluminium-Honigwaben
- Sicherheit: Titan-Halo, Überrollbügel vorne & hinten, Crash-Strukturen vorne, seitlich und hinten, Eindringungsschutz
- Verkleidung: Karbon
- Gewicht (einschl. Kühlflüssigkeit, Öl, Fahrer): 798 kg (per Reglement)
- Benzinsystem: ATL mit kevlarverstärkter Gummiblase
- Vorderradaufhängung: Druckstrebe
- Hinterradaufhängung: Zugstrebe
- Lenkung: Servounterstützte Zahnstange und Getriebeanordnung
- Bremssystem: Carbone Industries Karbonscheiben und Beläge, Brake-by-Wire
- Bremszangen: Brembo
- Räder: 18 Zoll, BBS, geschmiedetes Magnesium
- Elektronik: Einheitssteuergerät nach FIA-Standard von McLaren
Technische Daten Mercedes F1 W14 E Performance - Getriebe
- Hersteller: Mercedes
- Aufbau: Karbon-Gehäuse, längsseitig installiert
- Gänge: 8 vorwärts, 1 rückwärts
- Gangwechsel: Sequenzielle Halbautomatik, hydraulische Aktivierung
Technische Daten Mercedes F1 W14 E Performance - Motor
- Modell: Mercedes-AMG F1 M14 E Performance
- Mindestgewicht: 150 kg
- Hubraum: 1,6 Liter
- Zylinder: 6 in 90-Grad-V (per Reglement)
- Ventile: 4 pro Zylinder (per Reglement)
- Drehzahl: 15.000 u/min (per Reglement)
- Aufladung: 1 Turbolader
- Hybridsystem: Motor-Generator-Einheit
- Hybrid-Batterie: Lithium-Ion, 20 kg Mindestgewicht
- Batterie-Kapazität: 4 Megajoule/Runde (per Reglement)
- MGU-K Leistung: 120 kW bzw. 163 PS (per Reglement)
- MGU-K Drehzahl: max. 50.000 U/min (per Reglement)
- MGU-H Leistung: unbegrenzt
- MGU-H Drehzahl: max. 125.000 U/min (per Reglement)
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